Exklusiv: Intel verliert weiteren Xeon-Chefarchitekten

Intels Neuaufstellung des Datacenter-Geschäfts fordert das nächste prominente Opfer: Nur wenige Tage nach der Ernennung eines neuen Chefs der Datacenter-Sparte verlässt mit dem als "Titan der Branche" beschriebenen Ronak Singhal jetzt der nächste Xeon-Chefarchitekt den Chipkonzern.

Mit Ronak Singhal verliert Intel den zweiten wichtigen Chipdesigner der Xeon-Server-CPUs (Foto: CRN)

Wie CRN exklusiv aus informierten Kreisen erfuhr, die zum Schutz ihrer Arbeitsplätze anonym bleiben wollen, wurden die Kollegen bei Intel erst kürzlich darüber informiert, dass Ronak Singhal, Intel Senior Fellow und Chefarchitekt der Xeon-Produkte, den Halbleiterriesen zum Monatsende verlässt. Singhal ist schon der zweite Xeon-Chefarchitekt, den Intel innerhalb von etwa acht Monaten verliert. Anfang des Jahres hatte bereits Sailesh Kottapalli, ebenfalls Senior Fellow und Chefarchitekt für Xeon-CPUs, seinen Hut genommen. Er wechselte in leitender Funktion zu Qualcomm, wo er dazu beitragen soll, dessen Marktposition bei Server-CPUs zu stärken. Eine Mission, die ganz ähnlich auch Intel-CEO Lip-Bu Tan vorantreibt, indem er das Rechenzentrumsgeschäft restrukturiert und es dazu gerade erst mit einem prominenten neuen Geschäftsführer versehen hat.

Somit liegt die Vermutung nahe, dass der Abschied Singhals in direktem Zusammenhang mit der Ernennung des von ARM abgeworbenen Kevork Kechichian steht. Ob Tan den Abgang zweier solch angesehener Chip-Designer dabei in Kauf nimmt oder gar aktiv angetrieben hat, ist nicht bekannt. Nach der Veröffentlichung dieses Artikels bestätigte Intel gegenüber CRN lediglich, dass Singhal das Unternehmen verlässt, lehnte jedoch weitere Kommentare ab. Auch Singhal lehnte eine Stellungnahme ab.

"Titan der Branche" verlässt Intel

Ein ehemaliger Intel-Kollege bezeichnete Singhal jedoch als "Titan der Branche", der "mehr für die Weiterentwicklung der x86-Architektur getan hat als jeder andere, den ich kenne". "Die Kunden schätzen ihn sehr, und ich glaube, sie werden seinen Weggang als einen weiteren Verlust von jemandem betrachten, der ihre Anforderungen versteht", sagte der Kollege, der anonym bleiben wollte, um offen über seinen ehemaligen Arbeitgeber sprechen zu können.

Zuletzt leitete Singhal die gesamte Roadmap, die Technologiestrategie und das Produktmanagement für Xeon-Server-CPUs des Unternehmens. In einem Interview mit CRN im Februar erklärte Singhal noch, dass das Produktmanagement eine Aufgabe sei, die ihm erst kürzlich übertragen worden sei. Laut seiner LinkedIn-Seite umfasste sein Verantwortungsbereich nicht nur Produkte, sondern auch Plattformen und eine Vielzahl damit verbundener Technologien wie Speicher, Sicherheit und KI für Xeon. Zuvor hatte Singhal die Entwicklung der Serverarchitektur für die CPUs "Haswell" und "Broadwell" geleitet, wobei letztere der erste 14-Nanometer-Serverchip des Unternehmens war, wie der Designer auf seiner LinkedIn-Seite angibt. Außerdem hatte er die Entwicklung des "CPU-Kern-IP" für die Xeon-, Core- und Atom-Prozessoren von Intel verantwortet. Zu Beginn seiner Karriere hatte Singhal die Leistungsanalyse und -validierung für die Pentium 4-Prozessoren des Unternehmens verantwortet und anschließend die "Leistungsentwicklung" für die CPU-Architekturen "Nehalem" und "Westmere" übernommen.

Neuer Leiter soll Veränderungen der Data Center Group vorantreiben

Singhals Weggang erfolgt just zu einem Zeitpunkt, an dem CEO Tan einen neuen Leiter für den Geschäftsbereich des Chefarchitekten, die Data Center Group, ernannt hat und Veränderungen innerhalb der Abteilung vorantreibt, um das Server-CPU-Geschäft wiederzubeleben. Diese Veränderungen sind Teil einer umfassenden Umstrukturierung, die Tan in den letzten Monaten im Unternehmen vorgenommen hat und die eine 15-prozentige Reduzierung der Belegschaft des Unternehmens als Teil einer Maßnahme umfasst, um Intel als Organisation schneller agieren zu lassen.

Erst am Montag hatte Intel bekanntgegeben, dass Kevork Kechichian, seit zwei Jahren in leitender Position bei Arm, zum neuen Executive Vice President und General Manager der Data Center Group ernannt wurde. Tan hatte den Geschäftsbereich Anfang des Jahres umstrukturiert, um sich hauptsächlich auf CPUs zu konzentrieren, nachdem er die Verantwortung für Intels Beschleunigerchip-Aktivitäten einer neuen Gruppe unter der Leitung von Sachin Katti übertragen hatte.

Das Server-CPU-Geschäft von Intel ist seit seiner Ernennung zum CEO von Intel im März eine der Prioritäten von Tan, da die Sparte einem zunehmenden Wettbewerb durch AMD sowie Unternehmen wie Amazon Web Services, Microsoft Azure, Google Cloud und Nvidia ausgesetzt ist, die Arm-basierte CPUs für Cloud- und KI-Infrastrukturen entwickeln. In seinen ersten öffentlichen Äußerungen als CEO von Intel Ende März hatte Tan angekündigt, dass das Unternehmen sein Angebot für Rechenzentren "stärken" müsse, und eingeräumt, dass Intel "einige der besten Talente der Branche zurückgewinnen" müsse, um den Chiphersteller zu einem "technikorientierten Unternehmen" zu machen. "Wir haben ziemlich viele Talente verloren", sagte er.

Intels Rolle rückwärts bei Hyper-Threading

In einem Memo an die Mitarbeiter Ende Juli erklärte Tan dann, dass sich das Unternehmen "auf die Rückeroberung" von Marktanteilen im Bereich Server-CPUs konzentriere, während es die Xeon 6 P-Core-Chips mit dem Codenamen "Granite Rapids" auf den Markt bringe und gleichzeitig "unsere Fähigkeiten für Hyperscale-Workloads verbessere". "Um dies zu unterstützen, führen wir Simultaneous Multi-Threading (SMT) wieder ein", schrieb er. "Die Abkehr von SMT hat uns einen Wettbewerbsnachteil verschafft. Die Wiedereinführung wird uns helfen, Leistungslücken zu schließen."

Ende August erklärte Intel-Finanzvorstand David Zinsner dann, dass es "mehrere Jahre dauern" werde, bis das Unternehmen große Wettbewerbsfortschritte in diesem Geschäftsfeld erzielen könne, und dass die für nächstes Jahr geplante Server-Produktlinie "Diamond Rapids" … "uns noch nicht ganz ans Ziel bringen wird". "In bestimmten Fällen ist die Leistung tatsächlich besser, in anderen Fällen jedoch nicht. Wir müssen also noch mehr Arbeit investieren, um endlich ans Ziel zu kommen", sagte er. Zinsner bezeichnete den Nachfolger von "Diamond Rapids" mit dem Codenamen "Coral Rapids" als "echte Chance", die Intel "einen wirklich großen Schritt nach vorne bringen" werde.

Dieser Artikel erschien zuerst bei unserer Schwesterpublikation crn.com

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