Ungebremster Jobkahlschlag in der ITK-Branche
Die wirtschaftlichen Verwerfungen aufgrund der globalen Krisen und der chaotischen Zollpolitik des US-Präsidenten treffen die Tech-Branche schwer. Im ersten Halbjahr wurden mehr als 80.000 Stellen gestrichen, über die Hälfte davon allein bei den Schwergewichten Intel, Microsoft und HPE.
Fragt man Unternehmen, was ihr größtes Kapital ist, so lautet die Antwort mit großer Wahrscheinlichkeit: die Mitarbeiter. Doch wenn es darum geht, den Betrieb zu optimieren, die Prioritäten des Unternehmens zu verlagern oder wirtschaftliche Unwägbarkeiten zu bewältigen, fallen genau diese Mitarbeiter Entlassungen zum Opfer. Die IT-Branche sieht sich derzeit gleich mit einer ganzen Reihe solcher wirtschaftlichen Widrigkeiten konfrontiert, auf die sie keinen Einfluss hat. Dazu gehört das Hin-und-Her bei den Zöllen der Trump-Regierung genauso wie Ausgabenkürzungen der Politik, die beide eine solide Zukunftsplanung erschweren.
Andere Unternehmen folgen aktuell indes schlicht dem Sirenengesang der KI mit ihrem Versprechen, einige bislang von Menschen erledigte Tätigkeiten zu übernehmen. So entließ etwa IBM im März Mitarbeiter seiner Kommunikations- und Marketingabteilung im Zuge seiner neuen Personalstrategie, die einen Austausch von Mitarbeitern in nicht kundenorientierten Aufgaben durch KI-Lösungen anstrebt. Schon im vergangenen Jahr hatte IBM-CEO Arvind Krishna dementsprechend angekündigt, Einstellungen bei den etwa 26.000 Mitarbeitern ohne Kundenkontakt im Back-Office-Bereich zu bremsen und teils komplett auszusetzen. Das entspricht etwa zehn Prozent der gesamten IBM-Belegschaft, die in diesem Zuge möglichst bald durch KI und Automatisierung ersetzt werden sollen.
Damit bleibt die Zahl der Entlassungen in der Tech-Branche weiterhin auf hohem Niveau. Hatte die Plattform layoffs.fyi im vergangenen Jahr 152.922 insgesamt Entlassungen bei ITK-Firmen gezählt, bekamen im ersten Halbjahr 2025 weitere 80.250 Tech-Mitarbeiter ihre Kündigung übereicht. Angesichts dieser Entwicklung wirft CRN einen Blick auf die 10 bisher wichtigsten Entlassungsrunden im laufenden Jahr bei Unternehmen, deren Geschäft sich auf die indirekten ITK-Vertriebskanäle auswirkt. Wenn also ein Unternehmen wie Starbucks oder der Dating-App-Entwickler Bumble erhebliche Kürzungen bei ihren internen IT-Teams ankündigen, sind diese nicht in dieser Liste enthalten.
Soweit verfügbar, stütz sich CRN auf die tatsächliche Zahl der Entlassungen, alternativ werden offiziell angekündigte Entlassungspläne berücksichtigt. Das bedeutet, dass sich die endgültige Zahl der entlassenen Mitarbeiter noch ändern kann, entweder weil die Kürzungen weiter gehen, als erwartet oder weil Unternehmen neue Mitarbeiter einstellen. Außerdem konzentriert sich diese Liste der Tech-Entlassungen auf die absoluten Zahlen der Mitarbeiter, deren Stellen gestrichen wurden, und nicht darauf, wie groß die Auswirkungen auf die Unternehmen als Ganzes sind.
In diesem Jahr war bereits eine ganze Reihe von Tech-Unternehmen von Entlassungen betroffen, darunter Amazon, CrowdStrike, Google, HP Inc., HPE, Intel, Microsoft, NetApp, Salesforce und Scale AI. Ein Autorenteam aus Dylan Martin, Mark Haranas, Kyle Alspach, Steven Burke, O'Ryan Johnson und Wade Millward hat die Ergebnisse gemeinsam zusammengetragen.
Amazon: Mehr als 100 Mitarbeiter
Amazon bestätigte im Juli, dass es die "schwierige Geschäftsentscheidung" trifft, Mitarbeiter seines 117 Milliarden Dollar schweren Cloud-Weltmarktführers Amazon Web Services zu entlassen.
"Wir haben die schwierige geschäftliche Entscheidung getroffen, einige Rollen in bestimmten Teams bei AWS zu streichen", so ein Amazon-Sprecher in einer E-Mail an CRN. Weiter führte Amazon aus, dass mehrere Gruppen innerhalb von AWS von den Entlassungen betroffen sein werden. Das Unternehmen gab jedoch nicht näher an, welche Gruppen betroffen sind oder wie viele AWS-Mitarbeiter genau entlassen werden.
Scale AI: 200 Mitarbeiter, 500 Auftragnehmer
Eine massive Investition der Facebook-Muttergesellschaft Meta in Scale AI führte im Juli dazu, dass Scale AI etwa 14 Prozent seiner Belegschaft entließ. Business Insider berichtete unter Berufung auf Unternehmensquellen, dass das in San Francisco ansässige Unternehmen Scale AI rund 200 Vollzeitmitarbeiter und etwa 500 Auftragnehmer entlassen hat.
Der Schritt erfolgte nur einen Monat, nachdem Meta einen Plan vorgestellt hatte, 14,8 Milliarden Dollar in Scale AI zu investieren, wodurch Meta seinen Anteil an dem Unternehmen auf 49 Prozent aufstockte. Bei dieser Investition wurde Scale AI mit über 29 Milliarden Dollar bewertet. Zudem holte im Zuge der Investition den damaligen Gründer und CEO von Scale AI, Alexandr Wang, als neuen Chief AI Officer zu Meta. Damit steht Wang auch an der Spitze von Metas neuer "Superintelligenz"-Initiative.
CrowdStrike: 500 Mitarbeiter
CrowdStrike gab im Mai in einem behördlichen Bericht bekannt, dass das Unternehmen 5 Prozent seines Personals, beziehungsweise etwa 500 Stellen, abbauen wird, um sich auf schnell wachsende Bereiche zu konzentrieren. Der Schwerpunkt liege auf der Verfolgung eines neuen "strategischen Plans", um "die betrieblichen Abläufe weiterzuentwickeln und effizienter zu gestalten", so der Cybersicherheitsriese.
CrowdStrike fügte seinem Antrag ein Schreiben des Mitbegründers und CEO George Kurtz bei, in dem es heißt, das Unternehmen werde "weiterhin umsichtig neue Mitarbeiter einstellen, vor allem in den Bereichen Kundenbetreuung und Produktentwicklung".
"Wir befinden uns an einem Wendepunkt im Markt und in der Technologie, da KI jede Branche umgestaltet, die Bedrohungen zunehmen und sich die Kundenbedürfnisse weiterentwickeln", schrieb Kurtz in dem Brief. "Um mit fast 10.000 CrowdStrikern und einem klaren Ziel von 10 Milliarden Dollar Umsatz pro Jahr führend zu sein, entwickeln wir unsere Arbeitsweise weiter. Wir bauen auf dem auf, was funktioniert, vereinfachen die Ausführung und verdoppeln unsere Chancen, die den größten Einfluss haben."
Google: "Hunderte" Mitarbeiter
Laut TheStreet.com entließ Google im April Hunderte von Mitarbeitern aus seiner Abteilung für Plattformen und Geräte. Diese Abteilung hatte etwa 25.000 Vollzeitmitarbeiter und ist mit der Entwicklung von Google-Geräten und -Anwendungen wie Android, Pixel und Chrome betraut.
Die Entlassungsrunde folgte dem Bericht zufolge auf eine erste Runde aus dem Februar, bei der das Unternehmen mehrere Mitarbeiter aus seinen Cloud- und Personalabteilungen entlassen hatte. Andere Mitarbeiter wurden wahrscheinlich entlassen, als Google seine Politik der Rückkehr ins Büro für alle Mitarbeiter durchzusetzen begann, die weniger als 50 Meilen von einem Bürostandort entfernt wohnen.
NetApp: Bis zu 700 Mitarbeiter
Laut einem Bericht von Blocks and Files hat NetApp im April eine Entlassungsrunde eingeleitet, von der bis zu 700 Mitarbeiter oder etwa 6 Prozent der gesamten Belegschaft betroffen sein dürften.
Der Bericht folgt auf einen SEC-Bericht vom Januar, in dem NetApp mitteilte, dass das Unternehmen in den ersten neun Monaten des Fiskaljahres 2025, das am 25. April endete, seine weltweite Belegschaft um etwa 4 Prozent reduziert hat.
Salesforce: 1.000 Mitarbeiter
Salesforce hat im Februar mehr als 1.000 Mitarbeiter entlassen, obwohl das Unternehmen gleichzeitig eine Reihe von KI-Mitarbeitern eingestellt hat. Die Entlassungen, über die Bloomberg zuerst berichtete, betreffen etwa 1,5 Prozent der weltweiten Belegschaft von Salesforce, da der CRM-Anbieter seine Einstellungsstrategie auf KI-Verkäufer ausrichtet. Das Unternehmen hatte im Februar 2024 rund 72.680 Mitarbeiter.
Der CEO von Salesforce, Marc Benioff, sagte im Januar, dass sein Unternehmen aufgrund der erheblichen Produktivitätssteigerungen durch KI im Jahr 2025 keine Softwareingenieure mehr einstellen werde. Die Entlassungsnachricht kam gleichzeitig mit einer Ankündigung Benioffs, dass sein Unternehmen derzeit bis zu 2.000 Vertriebsmitarbeiter einstelle, um die KI-Kundenakzeptanz und den Vertrieb zu fördern.
HP Inc: Bis zu 2.000 Mitarbeiter
Bereits Ende Februar hat HP Inc. Pläne für die Entlassung von bis zu 2.000 Mitarbeitern sowie Restrukturierungskosten in Höhe von etwa 150 Millionen Dollar als Reaktion darauf angekündigt, dass das Unternehmen mit Gegenwind durch Zölle und den Wettbewerb auf dem PC-Markt rechnet. Der in Palo Alto, Kalifornien, ansässige PC- und Druckerhersteller sagte, dass der Stellenabbau dem Unternehmen zusätzliche 300 Millionen Dollar im Rahmen seines Future Ready-Programms einsparen soll, das auf die Umstrukturierung des Unternehmens zur Steigerung der Effizienz ausgerichtet ist.
HP sagte damals, es erwarte einen "Bruttopersonalabbau von ca. 1.000 bis 2.000 Mitarbeitern" in der gesamten weltweiten Belegschaft, die für 2024 mit 58.000 angegeben wird, wie aus einem Bericht bei der U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) hervorgeht.
HPE: 3.000 Mitarbeiter
Hewlett Packard Enterprise gab im März bekannt, dass das Unternehmen in den nächsten 12 bis 18 Monaten fünf Prozent seiner Belegschaft, beziehungsweise rund 2.500 Mitarbeiter, abbauen und weitere 500 Mitarbeiter durch Fluktuation entlassen wird. Der Stellenabbau ist Teil eines 350 Millionen Dollar schweren Kostensenkungsprogramms, das in den nächsten zwei Jahren umgesetzt werden soll. Zum Ende des letzten Geschäftsjahres am 31. Oktober 2024 hatte HPE 61.000 Mitarbeiter.
Antonio Neri, CEO von HPE, erklärte damals gegenüber Analysten, dass die Entlassungen und die erwartete Fluktuation die Kostenstruktur des Unternehmens besser auf den Geschäftsmix und die langfristige Strategie abstimmen werden. Das Kostensenkungsprogramm kam zu einem Zeitpunkt, als HPE mit dem Druck auf die Servermargen, den Auswirkungen der Zölle und einer Entscheidung des US-Justizministeriums zu kämpfen hatte, das die 14 Milliarden Dollar schwere Übernahme von Juniper Networks durch HPE anzufechten versuchte. Inzwischen konnte die Übernahme abgeschlossen werden.
Microsoft: 15.000 Mitarbeiter
Microsoft kündigte im Juli eine zweite Entlassungsrunde für das Jahr 2025 an und plant diesmal den Abbau von etwa 9.000 Mitarbeitern, darunter eine nicht genannte Zahl von Managern und Vertriebsmitarbeitern. Das sind etwas weniger als 4 Prozent der weltweiten Belegschaft von Microsoft. Im Mai hatte Microsoft bereits über 6.000 Mitarbeiter entlassen, wobei sich die Entlassungen Berichten zufolge auf Produkt- und Ingenieurspositionen konzentrierten.
"Wir führen weiterhin organisatorische Veränderungen durch, die notwendig sind, um das Unternehmen und die Teams bestmöglich für den Erfolg in einem dynamischen Markt zu positionieren", wurde ein Microsoft-Sprecher von mehreren Nachrichtenagenturen zitiert.
Intel: 24.500 Beschäftigte
Intel kündigte im Juli an, die Stammbelegschaft durch Entlassungen und Fluktuation auf etwa 75.000 Beschäftigte verringern zu wollen. Das bedeutet, dass Intel in nur einem Jahr etwa ein Viertel seiner Ende letzten Jahres noch in einem SEC-Bericht angeführten Stammbelegschaft von 99.500 Mitarbeitern entlassen wird.
In seinem Finanzbericht für das zweite Quartal 2025 erklärte Intel, das Unternehmen werde im Rahmen eines zuvor angekündigten Plans zur Schaffung einer "schnelleren, flacheren und agileren Organisation" etwa 15 Prozent seiner Belegschaft entlassen.
Der erwartete Personalabbau erfolgt, nachdem Intel im vergangenen Jahr durch Entlassungen, Übernahmen und Vorruhestandsregelungen bereits 15 Prozent seiner Belegschaft abgebaut hat.
Dieser Artikel erschien zuerst bei unserer Schwesterzeitschrift crn.com.
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