Comteam und Kiwiko bündeln Kräfte für starkes Security-Netzwerk

Die deutsche Kooperationsszene rückt zusammen: Kiwiko wird künftig Teil des Technologie-Netzwerks Comteam und als Kompetenzzentrum für IT-Security allen dann über 800 Mitgliedern der Systemhaus-Kooperation mit viel Expertise zur Verfügung stehen. "Ein spürbarer Mehrwert im Wachstumsmarkt IT-Security", so Comteam-Chef Sven Glatter zum Zusammenschluss.

Ziehen künftig an einem Kooperationsstrang: Sven Glatter und Sandra Balz betonen, dass es "ein Zusammenschluss auf Augenhöhe" ist (Foto: Comteam/Kiwiko)

KI und damit zwingend verbundene IT-Security hat die Dynamik der Zusammenschlüsse in der IT-Branche nochmals beschleunigt. Die Fusionswelle vor allem in der Security-Branche zwingt auch Systemhaus-Kooperationen zum Nachdenken über ihren weiteren Kurs. Noch tiefer den Geschäftsfokus auf die Zusammenarbeit der Mitglieder vor allem bei IT-Security legen und mehr Geld in die Hand nehmen für den Ausbau von Vernetzungsformaten und der Betreuung von Herstellerpartnern?

Die Vorstände und der Aufsichtsrat von Kiwiko standen vor dieser Entscheidung. Die Expansion aus eigener Kraft ist für eine Genossenschaft, die Kiwiko bei der Gründung 2016 als Rechtsform wählte, zwar möglich, aber gesellschaftsrechtlich schwierig umzusetzen. Der Zusammenschluss mit Comteam scheint eine vielversprechendere Alternative zu sein – für Vorstand Jan Bindig, im Hauptberuf IT-Unternehmer, für Kiwiko-Vorständin Sandra Balz und auch für die rund 50 Kiwiko-Genossen. Bei Comteam treffen sie auf ein Technologie-Netzwerk, das seit 41 Jahren (!) die Vernetzung der mehr als 800 Mitglieder mit professioneller Leidenschaft be- und vorantreibt.

Vom spontanen Geistesblitz zum Zusammenschluss

Die Initialzündung entstand durch ein intensives Gespräch zwischen zwei Partnern auf einer Comteam-Veranstaltung am Ende des vergangenen Jahres. "Es war perfektes Timing", erinnert sich Bindig an diesen Urknall-Moment. Also loteten die Verantwortlichen in den nächsten Monaten in intensiven Gesprächen die Idee eines Zusammenschlusses aus und entdeckten dabei offensichtlich viele Anknüpfungspunkte für Synergien und gemeinsame Fortschritte. Nur gut ein halbes Jahr später ist damit aus dem spontanen Geistesblitz Realität geworden.

Für Comteam-Geschäftsführer Sven Glatter war dabei neben einem Zusammenschluss auf Augenhöhe von Beginn an eine "wichtige Bedingung, dass Sandra Balz an Bord bleibt". Zudem habe man schnell festgestellt, dass die beiden Netzwerke neben den inhaltlichen Ergänzungen im Portfolio auch kulturell sehr gut zusammenpassen, betont Matthias Assmann, Vorstand bei der ElectronicPartner Handel SE, der die Markenrechte der Kiwiko nach der erfolgten Auflösung der Genossenschaft nun zugeordnet sind. "Die Marke Kiwiko wird bei uns auf jeden Fall weiterleben und als eigenständige Fachgruppe unter dem Dach der Comteam arbeiten", verspricht Assmann. "Wir müssen uns gegen eine Bechtle und eine Cancom behaupten. Dabei ist die Erweiterung um die Kiwiko ein Multiplikator, der unser Netzwerk viel weiterbringt, als ein bloßer Zukauf", setzt er eine kleine Spitze gegen den Mitbewerb und dessen jüngste Übernahmen.

Comteam gewinnt wertvolle Security-Kompetenzen

Die Kiwiko angeschlossenen Spezialisten bringen umfassendes Know-how in den Bereichen Cybersecurity, Netzwerkschutz, Compliance und Managed Security Services mit und ergänzen damit nun das bestehende Comteam-Netzwerk. Angesichts der besonders schnell wachsenden Herausforderungen, Nachfrage und Komplexität sind diese Kompetenzen gerade in der heutigen Zeit ein zentrales Asset. Und eines, bei dem Comteam "noch lange nicht so weit ist, wie die Kiwiko", wie Glatter freimütig einräumt. Insofern sollen die Hersteller und Partner recht unmittelbar von der erweiterten Kooperation und Kompetenz profitieren. "Wir entwickeln uns dynamisch weiter und wollen das gesamte Spektrum moderner IT-Lösungen immer besser abdecken", erklärt Glatter. "Dazu gehört eine starke Security-Kompetenz – und mit Kiwiko holen wir hervorragend aufgestellte Spezialisten ins Boot, die unser Portfolio strategisch ausbaut."

Für die rund 50 Kiwiko-Partner eröffnen sich unter dem Dach der Comteam neue Perspektiven. "Comteam bringt die strukturelle Stärke und Reichweite, die unsere Vision auf das nächste Level heben wird", sagt der scheidende Kiwiko-Vorstand Jan Bindig (Foto: CRN)

Mehr Unterstützung und Möglichkeiten für Kiwiko-Partner

Kiwiko-Partner können indes nun von Comteam Dienste und Services erhalten, die es so bei Kiwiko nicht gab. Beispielsweise einen zentralregulierten Einkauf, der ihnen den direkten Zugang zu bisher von ihnen nicht genutzten Distributoren und Herstellern öffnet. Kiwiko hatte sich explizit nicht als Einkaufsgenossenschaft gegründet. Zudem bietet die zur Verbundgruppe Electronic Partner gehörende Comteam Marketing-Services, Schulungen im ComTeach-CAMPUS und Tools wie den MSP-Manager und die Einkaufsplattform Traders Guide an. Mehr als 50 solcher Angebote stehen Comteam- und nun auch Kiwiko-Partnern zur Verfügung. Zudem sollen die Mitarbeiter der Comteam die neuen Partner tatkräftig unterstützen.

[Mehr zum Thema Verbundgruppen: "Nach Verkauf an Investor: IT-Netzwerk Comptia heißt jetzt GTIA"]

Sandra Balz, hauptberufliche Vorständin der Kiwiko eG, übernimmt als Leiterin des neuen Security- Netzwerks innerhalb der Comteam eine zentrale Rolle und zeichnet sich verantwortlich für die nahtlose Integration innerhalb der Comteam. Mit einem festen Platz im Board und anderen Gremien kann sie die Belange der Kiwiko in der Comteam vertreten. Zudem soll sie auch die Kiwiko selbst weiter ausbauen, sowohl intern als auch extern: "Ich möchte definitiv einige interessante Comteam-Partner in die Kiwiko holen." Als mittelfristiges Ziel gibt sie gegenüber CRN die Größe von etwa 100 Partnern für die Kiwiko aus. Aber auch Balz selbst wird mit ihrer Expertise bei IT-Security und ihren Kontakten zu Verbänden und in die Politik eine wichtige Rolle bei der strategischen Ausrichtung des frisch verstärkten IT-Security-Bereichs einnehmen.

"Mit diesem Schritt schaffen wir eine Win-win-Situation für alle Beteiligten", betont sie. Man könne als Teil von Comteam "neue Services schneller ausbauen und die Sichtbarkeit unserer Mitglieder erhöhen". Mit den zwei Netzwerken im Verbund könne man Zukunftsthema Sicherheit für den Channel deutlich besser vorantreiben. Balz ist übrigens die erste Frau, die 2023 in einer Systemhaus-Kooperation aus Deutschland in die oberste Leitungsebene berufen wurde. Viel Aufhebens macht sie aus diesem Umstand aber nicht.

Rabattierte Doppelmitgliedschaft: 295 Euro für Kiwiko und Comteam

Organisatorisch wurde die Genossenschaft der Kiwiko bereits aufgelöst und die Einlagen entsprechend an die Genossenschafter zurückgegeben. Die verbleibenden Namens- und Markenrechte wurden an die Electronic Partner Handel SE übertragen. Nach dem Zusammenschluss bekommen die Partner beider Seiten nun erst einmal Zeit, die neuen Mitstreiter, Kompetenzen und Angebote im Netzwerk kennenzulernen. Anschließend wird es, wie bei Comteam üblich, separate Beitragsstrukturen geben. Die aktuellen Grundpreise von 150 Euro monatlich für die Comteam-Mitgliedschaft und von 195 Euro bei der Kiwiko bleiben in gleicher Höhe erhalten. Wer in beiden Netzwerken dabei sein will, bekommt dafür allerdings einen Rabatt. Die Aufpreise sind mit 100 Euro für Kiwiko-Mitglieder und mit 145 Euro für Comteam-Partner so gestaltet, dass sich die Gesamtsumme von 295 Euro für beide Mitgliedschaften zusammen ergibt.

Die Partner beider Seiten haben die Nachricht über den Zusammenschluss offenbar sehr positiv aufgenommen. Laut den Verantwortlichen war bei der Verkündung des Zusammenschlusses viel Euphorie und wenig Skepsis zu hören. "Manche wollten direkt den Vertrag für die Aufnahme in die Comteam geschickt bekommen, andere haben sich zunächst noch Informationen über Comteam geholt", berichtet Assmann. Auch bei den Comteam-Mitgliedern vernahm Glatter ein "einstimmiges Juhu". Er zeigt sich auch guter Dinge, einen Kiwiko-Partner für den starken gewinnen zu können, dessen Wort bei Comteam starkes Gewicht hat.

Dementsprechend gehen die Verantwortlichen davon aus, dass alle Mitglieder den Schritt mitgehen und zumindest die Chance der Übergangsphase nutzen, um sich die Vorteile genau anzusehen. "Ich gehe zu 100 Prozent davon aus, dass alle Partner an Bord bleiben und rechne zu 99,5 Prozent damit, dass die Kiwiko-Partner auch ins Comteam-Netzwerk kommen", prognostiziert Comteam-Vertriebsleiterin Sylvia Habeck.

Kiwiko-Vorstand Jan Bindig scheidet aus

Beim Kiwiko-Partner-Treffen Anfang Mai dieses Jahres in Berlin standen die Themen IT-Security und digitale Souveränität sehr im Fokus. Mehr Hersteller als bei jedem Event zuvor hielten sehr informative Vorträge. Henry Werner von Enginsight, verkleidet als Lieferando-Bote, inszenierte brillant die kleinen Werkzeuge eines Hackers, der sich spielend einfach dauerhaften Zugang in ungesicherte Firmennetzwerke und Clients verschafft. Security-Awareness, mit NIS2 eine große Chance für Systemhäuser, wurde hautnah erlebbar. Wie man ein solches Event noch toppen kann? Schwierig, ohne den Ausbau professioneller interner Ressourcen. Auf die kann Kiwiko nun bei Comteam zurückgreifen.

Für sie war es das letzte Kiwiko-Partnertreffen am vergangenen Mai in Berlin in offizieller Ehrenamtsfunktion der Kiwiko eG: Vorstand Jan Bindig (li.) und Aufsichtsratsvorsitzender Andreas Schober. Beide sind als IT-Unternehmer eingespannt. Der eine als GF bei Data Reverse/Bindig Media, der andere als GF von Aconitas (Foto: CRN)

Auf dem Kiwiko-Event in Berlin saß in der ersten Reihe zwar auch Vorstand Jan Bindig, hielt sich aber auffällig fern von der Bühne und überließ seiner Vorstandkollegin Sandra Balz die Moderation. Er wusste da schon, dass er seiner sechsjährigen Amtszeit nicht noch eine weitere Periode anhängen werde. Nicht etwas, weil er an die Relevanz des Kiwiko-Netzwerks nicht mehr glaubt. Im Gegenteil.

Aber zwischen Ehrenamt und forderndem Unternehmertum müsste sich Bindig duplizieren können, will er beiden Aufgaben zu 100 Prozent gerecht werden. Die Mission stimmt nach wie vor, er kann sie aber nicht mehr mit jener Leidenschaft aktiv vorantreiben, die man in der Führung einer schlagkräftigen Verbundgruppe braucht. "Unsere Idee ist es, den deutschen Mittelstand sicherer zu machen. Dafür braucht es ein starkes Netzwerk", sagt er.

Comteam bringe "die strukturelle Stärke und Reichweite, die unsere Vision auf das nächste Level heben wird", so Bindig. Er sei froh, "diesen Schritt mitinitiiert zu haben", und er "vertraut darauf, dass Sandra Balz die gemeinsamen Ziele erfolgreich weiterführt".

Von Lars Bube ergänzt um Statements aus der Pressekonferenz am Mittwochvormittag.

CRN-Newsletter beziehen und Archiv nutzen - kostenlos: Jetzt bei der CRN Community anmelden