Absturzgefahr: Europäischer PC-Markt im Höhenflug
Die Verkaufszahlen von PCs und Laptops gehen im Jahresendgeschäft derzeit deutlich nach oben, insbesondere teure Geräte wie KI-PCs sind gefragt. Die Marktforscher warnen allerdings, dass der rasante Aufschwung genauso schnell wieder vorbei sein könnte. Die zunehmenden Engpässe bei Flash-Speicher verschärfen dieses Risiko zusätzlich.
Nachdem die Hardware-Austauschwelle vor dem Support-Ende von Windows 10 zunächst nur schleppend in Gang kommen wollte, zieht das Geschäft jetzt spürbar an. Als das Betriebssystem im Oktober aufs Abstellgleis ging, verzeichneten die Marktforscher von Context für diesen Monat in Westeuropa umgehend die stärksten Absatzzahlen für PCs, Notebooks und Tablets seit mehreren Jahren.
"Das Ende des Supports für Windows 10 ist einer der stärksten Auslöser für Upgrades, die wir seit einem Jahrzehnt gesehen haben", konstatiert James Bates, Senior Retail Analyst bei Context, und erklärt: "Viele Verbraucher, die den Austausch hinausgezögert haben, stellen nun fest, dass ihre Geräte das für eine sichere Nutzung erforderliche Betriebssystem einfach nicht mehr ausführen können." Angebote und Aktionen wie der Black Friday befeuern das Jahresendgeschäft zusätzlich. Damit einhergehend kommt nun auch der plangemäße Erneuerungszyklus der zahlreichen während der Pandemie-Phase angeschafften Notebooks in Schwung.
Starke Desktops mit KI-Fähigkeiten gefragt
In der Einzelbetrachtung der Geräteklassen weisen Desktops mit 48 Prozent den deutlichsten Nachfragesprung in den Retail-Kanälen auf und strafen damit erneut alle Unkenrufe über ihren vermeintlichen "Tod" durch das von einigen prognostizierte Verschwinden in der Bedeutungslosigkeit Lügen. Den Grund dafür sehen die Analysten vor allem in einem allgemeinen Trend zu leistungsstärkeren Systemen. Statt sich mit kleinen Aufrüstungen oder günstigen Angeboten zufrieden zu geben, investieren viele Käufer wie Gamer, Kreative und leistungsorientierte Verbraucher trotz der Wirtschaftslage direkt in teurere und hochwertigere Systeme, die ihnen zukunftssichere Leistung, Kühlungsmöglichkeiten und Langlebigkeit versprechen. "Auffällig ist die Bereitschaft der Verbraucher, auf deutlich leistungsfähigere Hardware umzusteigen", bestätigt Bates.
Eine erfreuliche Entwicklung, die derzeit genauso beim Verkauf einzelner Komponenten und insbesondere bei Grafikkarten zu beobachten ist. "Die Menschen ersetzen nicht nur alte Geräte, sondern rüsten auf Systeme auf, die moderne Software, Spiele und kreative Anwendungen unterstützen", fährt Bates fort und leitet daraus einen grundlegenden Trend ab: "Dies zeigt einen deutlichen Anstieg der Erwartungen an die Leistungsfähigkeit von PCs." Oft greifen die Käufer den Zahlen von Context zufolge deshalb direkt zur neuen Klasse der KI-PCs, die mit ihren dedizierten NPUs verbesserte KI-Performance sowie Sicherheit, Produktivität und Medienfunktionen versprechen.
Aber auch die Nachfrage nach mobilen Arbeitsgeräten in Form von Laptops und Tablet-PCs zog im Oktober mit 26 Prozent beziehungsweise 21 Prozent deutlich an und entwickelte sich zugleich in Richtung höherer Ausgaben. Sie dürften vor allem die bereits erwähnten Pandemie-Geräte mit ihrer oft zu Windows 11 noch nicht kompatiblen Hardware in mobilen und hybriden Arbeitsplatzumgebungen ersetzen. "Dies entspricht dem natürlichen Erneuerungszyklus der großen Anzahl von Notebooks, die während der Pandemie gekauft wurden", so Bates.
Die Aussichten für das nächste Jahr sind indes alles andere als rosig und bringen einige Herausforderungen für Händler mit sich, die verstärkt KI-PCs an den Mann bringen wollen.
Dunkle Wolken am PC-Horizont
Gerade der geballte Austausch der Hardware aus der Pandemie sollte nach Ansicht der Analysten jedoch auch ein Warnsignal für den Handel sein. Denn wenn die zusammengestauchte Austauschwelle erst einmal abgearbeitet ist und damit auch der vom Windows-10-Anschied verursachte Druck wegfällt, könnte die Nachfrage fast genauso schnell wieder abebben, wie sie nun angestiegen ist. Im Nachgang könnten die vergleichsweise hohen Investitionen in hochwertige Hardware zudem dazu führen, dass sich dadurch der Zyklus bis zum nächsten Austausch verlängert.
Als wäre das nicht schon genug, ziehen zugleich düstere Wolken am Komponentenhimmel auf. Die sich aktuell aufbauenden Verknappungen insbesondere bei DRAM und NAND-Flash dürften sich den Prognosen der Analysten zufolge in den nächsten Monaten eher noch verschärfen und so im nächsten Jahr zu steigenden Preisen führen, die den Absatz weiter drücken.
"Die Nachhaltigkeit der heutigen Premium-Preise ist keineswegs garantiert", mahnt denn auch Bates. Das könnte sich nach seinem Dafürhalten gerade für die KI-PCs zum Problem auswachsen, indem sich das Zeitfenster mit einer entsprechenden Investitionsbereitschaft verkürzt. "Wenn die Windows-Frist ausläuft, muss sich die Botschaft der KI-PCs schnell durchsetzen", ist sich der Context-Analyst deshalb sicher. Damit werde es umso mehr darauf ankommen, den Käufern "überzeugende, nachweisbare Vorteile" für die Investition in die KI-Rechner zu liefern.
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