XChange Deutschland: So einige Überraschungen für Systemhäuser und MSPs
Die Auftaktveranstaltung der XChange von CRN Deutschland bot den Partnern tiefe Einblicke in ihren Markt: eine Mehrheit der MSPs arbeitet nicht profitabel, viele gehen im Vertrieb nicht strukturiert vor, lassen Chancen im boomenden Security-Markt liegen. Wie dreht man einen Bauchladen in profitables Cloud-Geschäft? Auch hier stellte ein Systemhaus-Chef seine Erfahrungen vor.
Der Name ist Programm: XChange. Partner untereinander und mit ausgewählten Herstellern bringt CRN für einen Tag zusammen, um in kleineren Gruppen und im Panel über aktuelle Trends und Herausforderungen zu diskutieren. Das Format veranstaltet CRN in den USA und Großbritannien seit vielen Jahren, seit 2 Jahren findet die XChange EMEA auch in den Niederlanden statt, vergangenen Dienstag traft sich der Channel nun zur ersten XChange Deutschland in Frankfurt am Main. Zu besprechen gab es vieles.
Wie stellen sich die deutschen IT-Dienstleister auf die Welle der KI-Innovationen ein? Ein Vergleich mit den USA, dem deutschen Markt traditionell immer einige Jahre voraus, zeigte: Die deutschen Lösungsanbieter investieren in etwa genauso viel Kapital und Ressourcen in KI-Beratung und Implementierung wie US-Systemhäuser. Anbieter in beiden Märkten erkennen das überragende Potenzial von KI, bleiben aber auch vorsichtig mit Investitionen.
"Derzeit ist der KI-Wettlauf kein Marathon. Es ist derzeit ein Sprint. Im KI-Geschäft und in diesem Markt glaube ich nicht, dass man den Sprint mit organischem Wachstum gewinnen kann", zitierte CRN einen mittelständischen deutschen MSP. Und weiter: "Wir sehen, dass Kunden KI-Rechenzentren für KI-Workflows aufbauen. Dafür müssen wir die entsprechende Infrastruktur schaffen", so ein großer Systemintegrator".
IPED, die Marktforschungsabteilung von The Channel Company, zu der CRN gehört, hatte im Sommer mehr als 300 US-Lösungsanbieter zu ihrer KI-Strategie befragt und in Deutschland mit über 10 Systemhäusern ein längeres Interview geführt, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten festzustellen. Hier die 5 Takeaways, die auf der XChange Deutschland vorgesellt wurden:
- Deutsche Lösungsanbieter sind hinsichtlich der Chancen der KI ähnlich optimistisch, wobei das aktuelle Investitionsniveau und das Angebot an KI-Lösungen weitgehend mit dem der US-amerikanischen Lösungsanbieter übereinstimmen.
- Der deutsche Markt ist bei der Einführung neuer Technologien wie KI im Allgemeinen eher konservativ, aber die Nachfrage hat in letzter Zeit deutlich zugenommen.
- Die Chancen für KI in Deutschland liegen im Vergleich zu den USA eher in den Bereichen digitale Transformation und Sicherheit/Risikomanagement.
- In Deutschland unterscheiden sich Lösungsanbieter im Vergleich zum US-Markt in ihrer Wahrnehmung der Risiken beim Aufbau eines KI-Geschäfts.
- Anbieter können deutsche Lösungspartner am besten unterstützen, indem sie ihnen Anwendungsfälle/Fallstudien aus der Praxis zur Verfügung stellen und ihnen bei der Entwicklung lokaler Lösungen helfen.
Vertieft wurde das Thema KI bei der Podiumsdiskussion, bei der die Top-Spitzen von Bechtle, Cancom und Medialine mit CRN diskutierten.
MSPs haben gewaltiges Problem mit Profitabilität
Wie können MSPs ihre operative Exzellenz verbessern? Damit befasste sich Pascal Lourens von Kaseya in seiner Keynote. Ein überaus wichtiges Thema. Zwar gelten Managed Services wegen ihrer vertragsgebundenen regelmäßig wiederkehrenden Einnahme zurecht als wichtig Einnahmequelle von MSPs und Systemhäusern. Aber ein Granat für erfolgreiches Geschäft ist das MSP-Modell keinesfalls, wie Kaseya-Manager Lourens anhand einer Studie zeigte. Die meisten MSPs beschäftigten deutlich weniger als 10 Mitarbeiter, und ihre Prozesse sind – gelinde gesagt – so wenig automatisiert, dass rund die Hälfte der von Kaseya befragten MSPs keinen Gewinn erzielt.
"Profitabilität kommt u.a. von effizienten Prozessen. Das hat wieder etwas mit den Menschen, den Prozessen, den Tools und den Partnern zu tun. Ich glaube, dass dies der größte Hebel für viele MSPs ist: Prozesse klären und optimieren, Master-Data-Management, Automatisierung und schauen, welche operativen Bereiche durch kompetente und erstklassige Partner besser abgedeckt werden können als von eigenen Mitarbeitenden. Dabei den Kunden immer im Blick", so das Fazit von Robert Sieber, Geschäftsführer von MSP-Support aus Leipzig. Siebers ist auch Mitglied des CRN-XChange-Beirats, ein Gremium, besetzt mit sieben Experten von Partnern, die CRN im Vorfeld und auf dem Event helfen, das Format relevant und interessant zu machen.
Herausforderung Neukunden finden, Bestandskunden halten und ausbauen
Zum Margenproblem bei Managed Service kommt eine Herausforderung, die lange Jahre für viele Systemhäuser anscheinende keine war, weil man in der Boomphase der deutschen Wirtschaft prächtig mitschwamm. Das ist nun vorbei, und das Thema Vertrieb wieder hoch aktuell. Ein Drittel der von Kaseya befragten MSPs nennt Kundengewinnung als große Herausforderung. Wie sie gerade in Zeiten restriktiver Budgets durch einen strukturierten Ansatz ihre Vertriebsorganisation schlagkräftiger machen könne, zeigte Vertriebsprofi Andreas Dorsch von Cod Consult. Er legte einleuchten an Beispielen aus der Praxis dar, "warum knappe Kassen leichter zu knacken sind als volle Töpfe".
Security von Sophos – Blick jenseits von klassischer IT-Infrastruktur
Es ist nicht so, dass Kunden der IT-Dienstleister nicht offen wären für Modernisierung ihrer IT, KI-Projekte oder eine stärkere Absicherung vor Cyberangriffen. Letzteres ist nach wie vor ein Wachstumsmarkt mit knapp zweistelligem Umsatzplus. Compliance allein treibt Investitionen, allerdings müssen MSSPs oder Systemhäuser mit Fokus auf IT-Security umfassende Plattformen einsetzen und sie effizient betreiben können. Songül Mokhtar erläuterte, wie Sophos mit seiner MDR-Lösung und Unterstützungsmaßnahmen Partner zu Security-Experten macht.
Sophos stellt sich längst jenseits klassischer IT-Infrastruktur auf, hat die Bereiche OT durch eine Akquisition erschlossen und wendet den Blick auf die Absicherung von physischer Robotik, die womöglich das nächste große Ding werden kann – bis hin zu massenmarktfähigen Maschinen und Gadgets wie etwa Robo-Hunde, die man immer öfter auf Messen Treppen erstaunlich schnell hoch- und runterrennen sieht.
Networking-Plattform XChange
Expertenvorträge, Hersteller-Stände von Sophos, Watchguard, Kaseya und Opentext Cybersecurity, dazwischen Meetings in kleinen Gruppen, Pausen zwischen den Programmteilen: Jede CRN XChange ist eine erstklassige Networking-Plattform, die Raum gibt für den Peer-to-Peer-Austausch. Letzteres trifft den Charakter der XChange: Ein Event von Systemhäusern und MSPs für Systemhäusern und MSPs. Gemeinsamer Erfolg will ebenso geteilt werden, wie Schmerzen. Aktuelle und vergangenen.
Transformation zum Cloud-Powerhaus: "Operation am offenen Herzen"
In dieser Hinsicht war der ehrliche und schonungslose Vortrag von Manuel Staiger einer der Höhepunkte. Staiger beschrieb die Transformation seiner IT sure vom klassischen Systemhaus zum Powerhaus für Cloud Computing. Wer glaubt, dass so ein Wandel über fünf Jahre hinweg nichts anderes sei als ein Wechsel des Geschäftsmodells, der in unserer Branche nicht ungewöhnlich ist, verkennt die enormen Herausforderungen die Staiger zu bewältigen hatte und den großen Mut, den er bei der "Operation am offenen Herzen" bewiesen hat.
Aber es hat sich gelohnt. IT sure ist heute ein Microsoft Azure-Spezialist mit fünf Designations, arbeitet überaus profitabel, hat im Arbeitsmarkt einen hervorragenden Ruf, womit das Thema Fachkräftemangel für die Ulmer erledigt wäre. Und es kämen sogar Kunden wieder zurück, die IT sure abgelehnt hatte (kein Verkauf mehr von Hardware-Infrastruktur) oder die Staigers Systemhaus damals noch nicht auf dem Weg in die Cloud gefolgt waren.
"Danke, dass du auch ganz offen und ehrlich gezeigt hast, dass es da ein Tal der Tränen gabe - über eine ziemlich lange Zeit", dankte Robert Sieber von MSP-Support Manuel Staiger für seien beindruckenden Erfahrungsbericht.
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