Wesselmann ersetzt Heider: Nächster CEO-Wechsel bei Nfon

Da Nfon-CEO Patrik Heider das Unternehmen verlassen will, übernimmt ab Oktober der bisherige CTO Andreas Wesselmann den Vorstandsvorsitz. Ein Fünfjahresvertrag soll ihm Rückhalt versichern und Stabilität ausstrahlen. Zugleich kommt mit Alexander Beck ein neuer CFO, während das leise Verschwinden eines Nfon-Urgesteins Fragen aufwirft.

"Gemeinsam werden wir unsere Innovationskraft weiter ausbauen, neue Marktchancen erschließen und NFON als führenden europäischen Anbieter für KI-basierte Businesskommunikation fest im Markt etablieren. Dazu werden wir die Unternehmensstrategie NFON Next 2027 weiter konsequent umsetzen." Andreas Wesselmann, CEO Nfon (Foto: Nfon)

Die Lebkuchen, Dominowürfel und Schokonikoläuse in den Supermärkten zeigen die nahende Weihnachtszeit an, die ähnlich regelmäßig – und für manchen doch immer wieder überraschend – kommt, wie der nächste CEO-Wechsel bei Nfon. Blickt man zurück auf die Reihen und Amtsperioden der letzten Vorstandsvorsitzenden, könnte man in Anlehnung an das 1837 von Wilhelm Hey geschriebene Weihnachtslied beinahe "Alle zwei Jahre wieder" anstimmen. Denn nach nur etwas mehr zwei Jahren verlässt nun auch Patrik Heider das Unternehmen schon wieder. Auch sein Abschied kommt wieder überraschend und zudem schnell, schon zum Monatsende wird sein Vertrag vorzeitig aufgelöst.

Heider legt spontanen Ausstieg bei voller Fahrt hin

Wie konsequent Patrik Heider Nfon wieder auf Kurs gedreht hat, hat ihm reichlich Lob und Aufmerksamkeit und nun wohl auch ein interessantes Jobangebot eingebracht. (Foto: Nfon)

Im Gegensatz zu manchem Vorgänger sind die Zeichen hinter dem erneuten CEO-Wechsel diesmal allerdings völlig andere. Heider hatte den Anbieter für cloudbasierte Businesskommunikationslösungen in einer schwierigen Phase übernommen und mit teils radikalen Einschnitten und einer neuen Ausrichtung wieder auf Kurs gebracht. Mit der Zukunftsagenda "Next 2027" legte er den Fokus wieder auf nutzwertige und innovative Produkte für die Kunden. Als Ausweg aus den schwierigen Marktgegebenheiten setzte er bereits früh und konsequent auf KI, insbesondere mit dem strategischen Zukauf von Botario, dessen Technologie umgehend ins Nfon-Portfolio integriert und für neue Produkte und Features genutzt wurde. Damit hatte Heider das Vertrauen und den Rückhalt der Aktionäre auf seiner Seite und auch die Partner äußerten sich wieder deutlich zufriedener. In der offiziellen Erklärung zum Führungswechsel dankt der Vorsitzender des Aufsichtsrats, Rainer Koppitz, "Patrik Heider für seinen bedeutenden Beitrag zur erfolgreichen Entwicklung unseres Unternehmens".

In Anbetracht dieser Situation ist davon auszugehen, dass die gerade angesichts solch schneller Abschiede sonst gerne Vorgeschobene Begründung einer freiwilligen Bitte um vorzeitige Vertragsauflösung in diesem Fall tatsächlich zutrifft und man Heider trotz aller dadurch zu erwartenden Probleme keine Steine in den Weg legen wollte. Gleichzeitig darf man gespannt sein, wohin es Heider bei seinen in der Begründung genannten "neuen beruflichen Herausforderungen" verschlagen wird. Angesichts der Eile dürfte es nicht lange dauern, bis diese Information bekannt wird. Mit Blick auf seine Bilanz der letzten zwei Jahre und sein Engagement für Nfon steht zu vermuten, dass es in mehrfacher Hinsicht ein spannendes wie lukratives Angebot für ihn sein wird.

Vom CTO zum CEO: Fünfjahresvertrag für Wesselmann

Als bislang achter Nfon-CEO übernimmt das Ruder dann ab Anfang Oktober Andreas Wesselmann, der zuletzt als CTO auf Produktebene maßgeblich dazu beigetragen hatte, Nfon im Rahmen von Heiders neuer Strategie wieder auf Augenhöhe mit der Konkurrenz zu bringen. Wohl auch deshalb traut es ihm der Aufsichtsrat zu, diesen Weg weiter zu verfolgen und auszubauen. Und das nicht etwa nur kurzfristig, als kommissarische Notlösung: Mit einem fünf Jahre laufenden Vertrag untermauert der Aufsichtsrat sein Vertrauen in Wesselmann und versucht zugleich, das Stigma des Nfon-Schleudersitzes für die Zukunft etwas zu entschärfen. Das unterstreicht auch Koppitz, der Wesselmann "als erfahrene und visionäre Führungskraft, die Gesamtverantwortung übernimmt und strategischen Weitblick mit technologischer Exzellenz verbindet" lobt. Zugleich dürfte diese Lösung dazu beitragen, in Anbetracht der Vorgeschichte und Umstände möglichst wenig Unruhe bei Vertriebspartnern, Kunden und auch Aktionären zu erzeugen.

"Ich freue mich sehr über das Vertrauen", bedankt sich Wesselmann für diese Rückendeckung und gelobt, die Innovationskraft weiter auszubauen und neue Marktchancen zu erschließen. Mit dem Ziel " NFON als führenden europäischen Anbieter für KI-basierte Businesskommunikation fest im Markt etablieren" zu wollen, greift er allerdings unter Hinzufügen der KI-Basis eine altbekannte Floskel wieder auf, an der schon mehrere seiner Vorgänger-CEOs gescheitert waren und die deshalb auch von Heider einkassiert wurde. Insofern legt Wesselmann die Latte für seinen Erfolg damit gleich im doppelten Sinne hoch an. Um dieses Ziel zu erreichen "werden wir die Unternehmensstrategie NFON Next 2027 weiter konsequent umsetzen", bekräftigt er seine Zustimmung zum von Heider eingeschlagenen Weg. Indem dem neuen CEO zugleich direkt die Bereiche Vertrieb und Marketing zugeordnet werden, erhofft sich Nfon weiteren Vortrieb für diese kundenzentrierte Innovationsagenda und die damit verbundene Marktoffensive.

Alexander Beck kommt als neuer CFO an Bord (Foto: Nfon)

Dafür kann Wesselmann zugleich die von Heider noch mitgetragene Verantwortung für die Finanzstrategie des Unternehmens an den Neuzugang Alexander Beck abgeben, der die Rolle des CFO übernimmt. Beck war bereits in mehreren leitenden Managementfunktionen tätig, zuletzt bei der Accell Group in der Fahrradindustrie. Von vorherigen Stationen seiner Karriere bei Nemetschek und MediaMarktSaturn kennt er aber auch die IT-Branche und ihren Handel und Vertrieb. Mit ihm erweitere man den Vorstand "um einen international erfahrenen Finanzmanager, der nachhaltiges Wachstum und Investitionsstärke langfristig sichern und vorantreiben wird", ist sich Koppitz sicher.

Markus Krammer verschwindet leise von der Bildfläche

"Mit dieser Neuaufstellung schaffen wir die Grundlage für die nächste Wachstumsphase von NFON", deutet Koppitz den neuen turbulenten Umbruch beim Führungspersonal zum Signal für die Fortsetzung des von Heider initiierten Aufbruchs. Eine weitere Personalie fällt dabei allerdings unseren Recherchen zufolge hinten herunter und hinterlässt ein großes Fragezeichen. Denn wie mehrere Partner CRN übereinstimmend berichten, hat offenbar heimlich still und leise auch Markus Krammer, zuletzt offiziell als Vice President für New Business zuständig, Nfon nach über 10 Jahren verlassen. Zumindest wird er seit einigen Wochen auf den offiziellen Seiten nicht mehr genannt und ward auch auf Veranstaltungen nicht mehr gesehen, was Nfon gegenüber CRN nicht weiter kommentieren will. Auch wenn sich an Krammers Position laut seinem Linkedin-Profil nichts geändert hat, ist das denn doch eine etwas dürftige Erklärung für einen so augenscheinlich ungewöhnlichen Vorgang.

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