Oracle trennt sich von Ampere
Während andere Hyperscaler ihre eigenen Chipentwicklungen vorantreiben, verabschiedet sich Oracle von seiner Beteiligung am Chipdesigner Ampere und schwenkt damit auf eine Strategie der "Chip-Neutralität" um. Ampere setzt bei seiner dadurch fälligen Neuausrichtung auf den Ausbau seiner Channel-Aktivitäten.
Oracles Vorstandsvorsitzender Larry Ellison gab am Mittwoch bekannt, dass das Unternehmen seine Beteiligung an dem Chip-Designer Ampere Computing verkauft hat, "weil wir es nicht mehr für strategisch sinnvoll halten, weiterhin eigene Chips in unseren Cloud-Rechenzentren zu entwickeln, herzustellen und zu verwenden". Käufer ist der japanische Investmentriese SoftBank Group, der Ampere im vergangenen Monat für 6,5 Milliarden US-Dollar in einer reinen Bartransaktion übernommen hat, um seine KI-Kapazitäten zu stärken. Mit diesen zielt der Investor auf große KI-Infrastrukturprojekte wie das Stargate-Projekt in den Vereinigten Staaten ab. Oracle gab bekannt, dass es aus dem Verkauf seiner Ampere-Beteiligung einen Gewinn vor Steuern in Höhe von 2,7 Milliarden US-Dollar erzielt habe. Laut einer früheren Meldung an die Aufsichtsbehörde aus dem Mai 2024 belief sich diese Beteiligung auf 29 Prozent.
Oracles Ansatz beim Chipdesign unterschied sich von dem seiner Hyperscale-Konkurrenten Microsoft, Amazon Web Services und Google darin, dass es nur eine Minderheitsbeteiligung an Ampere hielt. Statt die Prozessoren aufwendig mit internen Teams und ausschließlich für den eigenen Gebrauch zu entwickeln, stellt Ampere auch Arm-kompatible CPUs für andere Unternehmen her. Während andere Hyperscaler die Entwicklung eigener Chips weiter vorantreiben, um die hohe Nachfrage nach KI zu befriedigen und die Rechenkosten zu senken, steht Oracles Verkauf der Ampere-Beteiligung im Gegensatz zu diesem Trend.
Ampere hofft auf den Channel
Während Oracle bislang ein großer Abnehmer von Ampere-CPUs war, hat der Chip-Designer in den letzten Jahren zugleich daran gearbeitet, sich ein Geschäft mit dem Verkauf von Produkten über Vertriebspartner aufzubauen. In einem Interview mit CRN im Mai sagte Jeff Wittich, Chief Product Officer von Ampere, dass das Unternehmen hoffe, sein Vertriebsgeschäft "sehr schnell" auszubauen, räumte jedoch ein, dass es zu diesem Zeitpunkt noch keinen großen Anteil am Umsatzvolumen ausmachte.
Der Geschäftsführer sprach dabei auch über das neue Ampere System Builders-Programm, das mehr Flexibilität und geringere Kosten für KI- und Cloud-Computing-Infrastrukturen schaffen soll, indem es mehrere Anbieter von IT-Infrastrukturen zusammenbringt, um die Entwicklung von Serverplattformen zu beschleunigen. "Wir hoffen, dass wir im nächsten Schritt viel Aufmerksamkeit und Interesse von diesen Vertriebspartnern erhalten und sie für das Programm gewinnen können", sagte Wittich.
Ellison: Oracle setzt auf "Chip-Neutralität"
Ellison erläuterte die Gründe für den Verkauf der Ampere-Beteiligung in der Veröffentlichung der Ergebnisse von Oracle für das zweite Quartal. Als Folge dieser Maßnahme, so sagte er, setze sich das Unternehmen "nun für eine Politik der Chip-Neutralität ein, bei der wir eng mit allen unseren CPU- und GPU-Lieferanten zusammenarbeiten".
Das spiegelt sich auch in der jüngsten KI-Kooperation mit AMD wider. Obwohl Oracle bislang ein bedeutender Abnehmer der GPUs und zugehörigen Komponenten von Nvidia war, gab das Unternehmen im Oktober eine Vereinbarung mit AMD bekannt, um den "ersten öffentlich verfügbaren KI-Supercluster" auf den Markt zu bringen, der mit den Instinct MI450-GPUs von AMD betrieben wird. Die Bereitstellung soll im dritten Quartal nächsten Jahres mit zunächst 50.000 GPUs beginnen.
"Natürlich werden wir weiterhin auch die neuesten GPUs von Nvidia kaufen, aber wir müssen darauf vorbereitet sein, alle Chips einsetzen zu können, die unsere Kunden kaufen möchten", sagte Ellison, der auch CTO von Oracle ist, in einer Erklärung. "In den nächsten Jahren wird es viele Veränderungen in der KI-Technologie geben, und wir müssen agil bleiben, um auf diese Veränderungen reagieren zu können."
Damit spielt Ellison auf die signifikanten Wettbewerbsverschiebungen an, die derzeit in der Halbleiterindustrie zu beobachten sind: So plant etwa Qualcomm, wieder in den Markt für Server-CPUs einzusteigen und darüber hinaus in den nächsten zwei Jahren zwei KI-Beschleunigerchips auf den Markt zu bringen. Auch Google könnte den Markt aufmischen, da das Unternehmen Berichten zufolge den Einsatz seiner TPUs, die bislang für die eigene Infrastruktur des Unternehmens verwendet werden, in Rechenzentren von Kunden erwägt. Erster Kunde könnte Meta sein, das zugleich wiederum ein wichtiger Kunde von Oracle ist.
Dieser Artikel erschien zuerst bei unserer Schwesterpublikation crn.com
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