Eset-CEO Richard Marko: "In Europa ist die Lage wegen der vielen Risiken im Moment ziemlich angespannt"

KI treibt und verändert das Geschäft von Eset, seinen Partnern und Anwenderkunden. Technologische Risiken treffen auf zunehmend fragile politische Zustände. Die Basis des Geschäfts, Vertrauen, war noch nie so wichtig wie heute. CRN sprach mit Richard Marko, Chef des Security-Anbieters Eset, über Cybersecurity im Zeitalter der KI und geopolitischer Unsicherheiten.

Eset-CEO Richard Marko hat viel zu tun: von der Weiterentwicklung von Cybersicherheitsprodukten durch künstliche Intelligenz über die Bewältigung wachsender geopolitischer Unsicherheiten bis hin zu Übernahmen, die sein Unternehmen in Erwägung zieht, um seinen Geschäftsbereich Corporate Solutions zu stärken.

CRN sprach mit Marko während der Eset World 2025 Konferenz des slowakischen Cybersecurity-Anbieters, die in Las Vegas stattfand. Im Interview erzählte Marko, wie sich Eset, drei Jahre nach dem Fall des eisernen Vorhangs 1989 gegründet, von einem überfüllten Markt für Cybersicherheit abhebt und die Integration mit Anbietern wie Microsoft und dem Cloud- Distributor Pax8 vertieft.

"Wir sind wirklich unabhängig in dem Sinne, dass uns niemand sagen kann: 'Ihr müsst dieses oder jenes tun, sonst verschwindet Ihr vom Markt'. Diese Art von Druck gibt es bei uns nicht", so Marko im Gespräch mit CRN. "Wir versuchen uns als ein wirklich globaler Anbieter zu sehen. Und niemand sollte sich Sorgen machen, dass wir aufgrund von geopolitischen Fragen die Sicherheit, die wir unseren Kunden bieten, gefährden könnten."

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In der Channel-Chiefs-Liste 2025 von CRN gibt Eset an, weltweit mit etwa 10.000 Channel-Partnern zusammenzuarbeiten.

Travis Woods, CEO des in der San Francisco Bay Area ansässigen MSP Fort Point IT, erklärte in einem Interview mit CRN, dass er seit etwa drei Jahren Partner von Eset ist und den Anbieter in vielen Bereichen einsetzt, darunter Endpunkt- und Cloud-Services. "Wir haben den Wechsel vollzogen, weil er uns geholfen hat, eine Reihe von Einzelprodukten zu ersetzen", so Woods.

"Aber wir erhalten auch viel Unterstützung durch das Channel-Programm. Marketingmaterialien und Co-Branding, beispielsweise. Sie haben uns bei einer Reihe von Marketingkampagnen geholfen, und wir haben auch einige Leads erhalten. Sie sind definitiv ein Unternehmen, bei dem Partner an erster Stelle stehen".

Richard Marko, der seine Karriere bei Eset begann und seit 2011 vom CTO zum CEO aufstieg, erklärt gegenüber CRN, dass der Channel auch weiterhin ein wichtiger Teil des Go-to-Market bleibe. Partner spielten eine wichtige Rolle bei der Produktimplementierung und würden von Kunden als vertrauenswürdige Berater angesehen. "Bei Cybersecurity geht es um Vertrauen, und zwar auf verschiedenen Ebenen", sagt er. "Für den Kunden ist es wichtig, einen Partner zu haben, dem er vertraut. Denn ein Kunde versteht in der Regel nichts von Cybersicherheit, er hört nur von den Risiken. Und die Risiken nehmen im Prinzip nur zu."

Er sagt, dass Integrationen in die Marktplätze von Microsoft und Cloud-Distributor Pax8 in Arbeit seien. "Es gibt dazu bald Neuigkeiten."

Was die geopolitischen Bedenken angeht, so wählt Marko einen diplomatischen Ansatz, als er zu Berichten über europäische Organisationen befragt wurde, die ihre Beziehungen zu US-amerikanischen Technologieanbietern überdenken, und zu den gemeldeten Kürzungen bei der US-Behörde für Cybersicherheit und Infrastruktursicherheit (CISA). Zu CISA sagt er nur, dass es im Allgemeinen hilfreich sei, öffentlich-private Partnerschaften zu haben. "Was sind die internen Richtlinien, was sind die Prioritäten und wie verschieben sie sich? Wir haben normalerweise nicht viel mehr Informationen als das, was in der Öffentlichkeit verfügbar ist", sagt er. "Jeder kann seine Meinung äußern."

Mehr dazu im nachfolgenden Interview mit Eset-CEO Richard Marko … "Wenn man die Art des Risikos nicht versteht, weiß man auch nicht, wie man sich schützen kann"

CRN: Welche Botschaften sollten Partner nach der Eset World 2025 im Kopf behalten?

Richard Marko: Eset ist ein verlässlicher Partner, der sich dafür einsetzt, an der Spitze der Technologie zu stehen, die zum Schutz vor Cyber-Bedrohungen verfügbar ist. Wir sind besonders stark in der Endpunktsicherheit. Aber wir beschäftigen uns auch mit Authentifizierung, Netzwerksicherheit und anderen Bereichen. Und wir sind ein einzigartiger Anbieter: Wir sind der letzte wirklich private, globale Anbieter der Welt, was uns erlaubt, das Geschäft und die Technologien so zu entwickeln, wie wir es für richtig halten.

Eset ist ein langfristig erfolgreiches Unternehmen, das seit 30 Jahren profitabel ist, was bedeutet, dass wir als Eigentümer des Unternehmens nicht in einer Position sind, in der wir schnellem oder viel Geld nachjagen.

Warum ist der Channel so wichtig für Eset?

Marko: Bei der Cybersicherheit geht es um Vertrauen - und zwar auf verschiedenen Ebenen. Für den Kunden ist es wichtig, einen Partner zu haben, dem er vertraut. Denn ein Kunde versteht in der Regel nichts von Cybersicherheit, er hört nur von den Risiken. Und die Risiken nehmen im Prinzip nur zu. Potenzielle Opfer sind nicht nur große Unternehmen, sondern jede Firma, jede einzelne Person. Wenn man die Art des Risikos nicht versteht, weiß man auch nicht, wie man sich schützen kann. Man muss einen Partner haben, dem man vertrauen kann.

Es wäre schön, wenn jeder Eset kennen und wissen würde, dass wir ein vertrauenswürdiger Partner sind, den es schon seit 33 Jahren gibt. Aber das ist nicht der Fall. Die Leute kennen eine bestimmte Gruppe von Unternehmen und Organisationen, wo dieses Vertrauen über die Zeit aufgebaut wurde. Wir freuen uns daher sehr, mit Vertriebspartnern zusammenzuarbeiten, die Vertrauen bei den Kunden aufbauen. Und wir versuchen, Vertrauen auch zu den Vertriebskanälen aufzubauen.

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Wie sehen Sie das Investitionsverhalten der Kunden für Cybersicherheit in der derzeitigen Wirtschaftslage?

Richard Marko: Das hängt vom jeweiligen Marktsegment ab. Während der Pandemie, als viele Menschen von zu Hause aus gearbeitet haben, haben wir ein Wachstum im Bereich Verbrauchersicherheit gesehen. Wenn wir jetzt eine weniger stabile geopolitische Lage haben, wirkt sich das auf die Unternehmen aus, vor allem auf Großunternehmen: Sie achtet mehr darauf, wer der Anbieter von Cybersicherheit ist, wo er seinen Sitz hat. Hat er ihn nicht in der eigenen Region, Europa beispielsweise, könnte man das Gefühl haben, dass dieser Anbieter in der eigenen Region nicht zuverlässig genug wäre. In Europa ist die Lage wegen der vielen Risiken im Moment ziemlich angespannt. Aber in Indien und Nordamerika ist es nicht viel anders. In gewisser Weise ist die Lage dort definitiv besser, aber die ganze Welt ist doch miteinander verbunden. Es gibt diesen geopolitischen Einfluss. Und im Allgemeinen sind die großen Unternehmen bereit, mehr in die Sicherheit zu investieren.

Es gibt Berichte über europäische Unternehmen, die überdenken, ob sie mit US-Anbietern zusammenarbeiten wollen. Sehen Sie für Eset daraus Vorteile?

Marko: Wir sind ein privates und unabhängiges Unternehmen. Wir bedienen mehrere Millionen Verbraucher und 500.000 Unternehmen. Viele von ihnen sind kleine Unternehmen. Wir arbeiten mit großen Unternehmen und Organisationen zusammen, aber es gibt keinen einzigen Kunden, der so groß ist, dass er uns beeinträchtigen würde. Wir sind unabhängig in dem Sinne, dass uns niemand sagen kann: 'Ihr müsst dies oder jenes tun, sonst verschwinden ihr vom Markt'. Diese Art von Druck gibt es bei uns nicht.

Eset kommt aus Europa. Wir haben einige große Zentren für Forschung und Entwicklung in Europa. Aber wir haben auch ein starkes Team in Nordamerika, Lateinamerika und Asien. Wir versuchen uns als ein wirklich globaler Anbieter zu sehen. Niemand sollte sich Sorgen machen, dass wir wegen geopolitischer Fragen die Sicherheit, die wir unseren Kunden bieten, gefährden könnten.

Esets Verkaufsstopp an Privatpersonen, Unternehmen und Organisationen in Russland und Weißrussland im Jahr 2022 wegen der Invasion in der Ukraine war eine sehr, sehr spezielle Situation für uns. Wir verkaufen in 200 Ländern und Gebieten, da gibt es wirklich nur wenige Ausnahmen. Der Rückzug aus dem russischen Markt aufgrund des Krieges war ein beispielloser Schritt. Aber es fühlte sich richtig an, dies zu tun.

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Wie wichtig ist das neue Angebot von Eset MDR für MSPs?

Richard Marko: MDR ist ein wachsender Teil des Geschäfts für alle, aber auch für uns. Wir versuchen, alle Hindernisse, die es für MSPs gibt, zu beseitigen. Denn das Modell ist gut: Man zahlt für die Nutzung, muss keine Verpflichtungen im Voraus eingehen. Das könnte ein Vorteil unseres Angebots sein. Wir können es ausprobieren, auch in kleinem Maßstab, und herausfinden, ob es eine gute Partnerschaft ist, und dann kann man es ausweiten.

Was sollen Partner über die Produktinnovationen von Eset wissen?

Marko: Ich möchte, dass Partner über unsere Entwicklung, unsere Roadmap Bescheid wissen. Es ist nicht so, dass wir plötzlich etwas anderes bringen. So wie sich die Partner in der Vergangenheit auf uns verlassen konnten, werden sie das auch in Zukunft können. Wir bringen den neuesten Stand der Technik mit. Es werden große Sprachmodelle verwendet, um bessere Wege, bessere Kommunikationsmöglichkeiten zwischen der Maschine und der Technologie und dem Menschen zu schaffen. Eine bedeutende Entwicklung beispielsweise ist AI Advisor.

Eset Protect Hub - 2024 als einheitliche Sicherheitsplattform eingeführt, die MSP Administrator und Business Account ersetzen soll - sollte für Vertriebspartner eine große Neuigkeit sein, weil es im Grunde alles, was ein Vertriebspartner braucht, in einem System integriert. Wir haben die Lösung in unser Produkt-Ökosystem integriert. Eset Protect Hub bietet einen sehr guten Überblick über den Kundenstamm, über das Niveau der Lösungen, die Kunden haben, und erlaubt eine einfache Möglichkeit für Upselling und Cross-Selling. Das wird ein großer, großer Unterschied sein. Eset Hub ist bereits für die Kunden verfügbar. Jetzt bringen wir es zu den Partnern.

Bei der Cybersicherheit geht es in der Regel darum, bösartigen Code, bösartiges Verhalten und viele Risiken mehr zu erkennen. Darin ist Eset zweifellos der Beste. Aber es gibt auch einen Bereich, der irgendwo zwischen bösartig und legitim liegt. All diese fragwürdigen Anwendungen. Hierauf wird viel weniger Wert gelegt. Eset tut eine Menge in diesem Bereich. Die Daten sind zusätzliche Feeds. Sie enthalten Informationen zu diesem Bereich, und das ist in der Regel eine sehr hilfreiche Ergänzung zu dem Schutz, den jeder haben kann, weil das ziemlich einzigartig ist.

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Jetzt, wo so viele Sicherheitsanbieter KI-Assistenten einführen, was zeichnet den KI-Advisor von Eset aus?

Richard Marko: KI kann Worte generieren, aber der Inhalt ist das Entscheidende. Bei Eset sammeln wir seit langem schon Cybersecurity-Informationen. Und das tun wir auch weiterhin. Die Cybersecurity Intelligence selbst wird als Dienstleistung, als Produkt, angeboten. Wir haben eine solide Wissensbasis, auf der diese KI-Modelle arbeiten können. Am Ende erhält man nicht nur allgemeine Beschreibungen, sondern auch sehr spezifisches Wissen, insbesondere für fortgeschrittene Benutzer und Sicherheitszentren. Unsere Daten geht wirklich tief in die Details.

Kommen für Eset Übernahmen in Frage?

Marko: Das Geld, das wir haben, müssen wir selbst verdienen. Es ist nicht so, dass uns jemand Geld schenkt. Da müssen wir also vorsichtig sein. Aber mit der Einführung von Corporate Solutions im Jahr 2022 ist der Plan, das Wachstum durch gut ausgewählte Akquisitionen anzukurbeln, sei es auf der Technologieseite das Portfolio zu ergänzen, sei es auf der Geschäftsseite die richtigen Partner zu finden, die vielleicht bestimmte Arten von Dienstleistungen anbieten, die unser Angebot ergänzen. Es sind bereits einige Dinge in Arbeit.

Welche Botschaft an die KI-Anbieter haben Sie, die dazu beitragen können, das Vertrauen in diese neue Technologie zu stärken?

Marko: In gewisser Weise sind wir ein KI-Anbieter in unserem eigenen Bereich. Wir sind also nicht so sehr von anderen Anbietern abhängig. Wir schauen uns andere nicht an, abgesehen von der Verwendung einiger dieser neutralen Systeme, um große Sprachmodelle zu trainieren, damit wir das Vokabular und das Grundwissen erhalten. Das wird in Zukunft wahrscheinlich immer schwieriger, weil die Daten immer unübersichtlicher werden und die von der KI erzeugten Daten in die Modelle einfließen.

Eine allgemeine Bemerkung zur Problematik von KI: nur wenige Menschen verstehen, was KI ist, wie sie funktioniert, was die Transformatoren sind. Die Menschen lassen sich durch den Eindruck, durch das Marketing beeinflussen. KI ist sehr gut darin, Menschen zu simulieren. Genau das ist das Problem. Es ist eine Simulation. Sie ist nicht menschlich. Es ist wie der Unterschied zwischen einem Originalgemälde von Leonardo da Vinci und einer Kopie. Es sieht vielleicht fast genauso aus und ist immer noch wunderschön. Aber es ist ein grundlegender Unterschied, denn das eine ist ein echtes Ergebnis von Kreativität. Das andere ist reine Mechanik, reine Statistik.

Genau das ist bei der KI für Cybersicherheit der Fall: Sie ist ein mächtiges Werkzeug, weil sie uns hilft, mit Daten umzugehen. Aber so wie Taschenrechner keine Mathematiker ersetzen, wird auch KI kein Cybersicherheitsteam ersetzen.

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Wie verändert KI Eset?

Marko: Die Menschheit hat in den letzten paar hundert Jahren große Fortschritte gemacht, in den letzten Jahrzehnten sogar noch schneller. Und das ist wahrscheinlich der Wissenschaft und Technologie zu verdanken. Eine der Grundlagen der Wissenschaft ist die Transparenz, das heißt, man zeigt, was die eigene Erfindung ist und warum man glaubt, dass sie objektiv die Realität beschreibt. Jeder kann sie beweisen oder widerlegen, sie ausprobieren und so weiter. Bei der KI, die von einigen der größten IT-Unternehmen entwickelt wird, gibt es diese Transparenz nicht. Es wird immer mehr verdeckt, was sich hinter KI verbirgt, und so kann man KI nicht mehr überprüfen.

Wir sind seit mehr als zwei Jahrzehnten in diesem Bereich tätig und nutzen KI für sehr einfache bis hin zu sehr komplizierten und komplexen Dingen. Dank Systemen wie Eset LiveGuard [Cloud-basiertes Produkt zur Abwehr und Erkennung von Bedrohungen] verfügten wir früher nicht über die Datenmenge, die wir jetzt haben. Wir erhalten 700.000 verdächtige Muster pro Tag. Aus dieser Perspektive ist Deep Learning, die Nutzung von KI zur Kategorisierung und zum Auffinden von Ähnlichkeiten, von entscheidender Bedeutung. Wenn man das nicht hat, ist man verloren. Man kann nichts tun, weil es einfach zu viele Daten sind, um sie von Hand zu verarbeiten.

Wir haben keinen Grund, irgendwelche Geheimnisse zu haben. Wir haben ein White-Paper über unsere KI-Forschung erstellt und wir sprechen gerne darüber. Vielleicht nicht über all die kleinen Details und die Dinge, die uns besser machen als die Konkurrenz.

Das Interview erschien zuerst bei unserer Schwesterpublikation crn.com. crn.de hat die Headline und den Vorspann geändert.

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