HPE-Juniper Networking: Über Integration, Wettbewerb gegen Cisco und die Zukunft von Juniper Mist

Er fühle sich gerade wie "ein Kind im Süßwarenladen" angesichts der Technologiekomponenten von HPE und Juniper, die nun zusammenwachsen, sagt Rami Rahim. Ärmel hochkrempeln, schleunigst eine Roadmap erstellen und der Konkurrenz davoneilen: Rahim und sein Team seien "total begeistert", so der ehemalige CEO von Juniper Networks und nun Leiter von HPE Networking im CRN-Interview.

Rami Rahim leitet künftig das Netzwerkgeschäft von HPE, das auf ein Volumen von knapp 10 Mrd. Euro kommt (Foto: CRN, dieses und alle nachfolgenden Bilder entstanden auf der HPE-Messe Discover vergangenen November in Barcelona)

Rami Rahim, ehemaliger CEO von Juniper Networks und nach der nun vollzogenen Übernahme durch HPE Präsident und Geschäftsführer des 9,6 Mrd. Dollar schweren Netzwerkgeschäfts von HPE, ist bereit, die Ärmel hochzukrempeln und gemeinsam mit HPE-CEO Antonio Neri daran zu arbeiten, ein KI-gestütztes Netzwerk-Powerhouse zu schaffen, das es mit dem Marktriesen Cisco Systems aufnehmen kann.

Dir Anfang 2024 verkündete 13,4-Mrd. schwere Übernahme hatte sich wegen der Klage des US-Justizministeriums gegen die Fusion in die Länge gezogen, da die Behörde eine Einschränkung des Wettbewerbs in den USA vor allem bei Wlan-Komponenten fürchtete. Am Mittwoch dieser Woche gab man grünes Licht: HPE kann Juniper mit Auflagen übernehmen. Juniper Networks ist somit offiziell eine hundertprozentige Tochtergesellschaft von HPE.

"Es ist wirklich ein aufregender Tag für uns alle bei Juniper und HPE und natürlich auch für unsere Kunden, unsere Partner und, wie ich glaube, für die gesamte Branche", sagte Rahim am Mittwochmorgen gegenüber Reportern und Analysten. "Als separate Unternehmen haben wir Kunden auf der ganzen Welt differenzierte Netzwerklösungen geliefert. Jetzt sind wir gemeinsam noch besser und bieten sichere AI-native Netzwerke in allen Kundensegmenten: von Cloud-Anbietern über Dienstleister bis hin zu Unternehmen. Wir haben Kunden Zugang zu den Netzwerklösungen von Juniper und HPE Aruba aus einer Hand".

Rahim ist überzeugt, dass das neue Unternehmen besser denn je positioniert ist, um Partnern und Kunden dabei zu helfen, die großen Chancen von KI für Netzwerke und Netzwerke für KI zu nutzen. Rahim: "Der Weg vor uns ist vielversprechend"

In einem Webcast und einer Fragerunde am vergangenen Mittwoch beantworteten Neri und Rahim die wichtigsten Fragen, die alle zum Thema Zukunft des fusionierten Unternehmens beschäftigten. Was Rahim über den Integrationsplan für Juniper Mist, die Zukunft des Sicherheitsportfolios von Juniper sagt und wie sich HPE Networking gegen seine größten Konkurrenten positionieren will.

"Wenn ich mir die Möglichkeit anschaue, Technologien und Teams zu kombinieren, um nicht nur mit Cisco, sondern auch mit dieser sehr dynamischen, sehr wettbewerbsintensiven Landschaft zu konkurrieren, finde ich das unglaublich, unglaublich spannend".

CRN: Was sind derzeit die wichtigsten Prioritäten für das Juniper-Team und was wird sich für Juniper-Kunden unmittelbar ändern?

Rami Rahim: Wir werden einen wahren Nordstern aus AI-nativen, Cloud-nativen und sicheren Netzwerken haben. Jetzt müssen wir an einer gut durchdachten Integrationsstrategie arbeiten, die das Beste aus beiden Welten nutzt. Die Vorteile, die HPE [Juniper] Networking von beiden Seiten mitbringt, sind in dieser Branche wirklich einzigartig. Wir werden ein einzigartiger Technologieanbieter sein, der über alle technologischen Bausteine verfügt, sowohl im Bereich Netzwerke und Sicherheit als auch im gesamten Ökosystem von Computing, KI und Speicher, um unglaubliche Lösungen für unsere Kunden zu entwickeln. Lösungen, die die Betriebserfahrung für diejenigen verbessern, die Netzwerke verwalten, und auch Lösungen, die den Endbenutzer begeistern, der IT und Netzwerke heute für praktisch alles nutzt. Das ist meine unmittelbare Priorität als Leiter des neuen Netzwerkgeschäfts.

Wie wird das nun fusionierte Unternehmen HPE/Juniper gegen Cisco im Netzwerkbereich konkurrieren?

Rahim: Ich habe immer in einem sehr wettbewerbsintensiven Umfeld gearbeitet. Ich habe meine Karriere im Wesentlichen dem Wettbewerb mit den großen Akteuren unserer Branche gewidmet, darunter auch Cisco. Ich denke, dass HPE und Juniper zusammen das umfassendste und sicherste AI-native Client-to-Cloud-Portfolio an Netzwerkprodukten anbieten werden. Aber das ist noch nicht alles. Wir werden auch der einzige Technologieanbieter sein, der alle wichtigen IT-Elemente in den Bereichen Computing, Speicher, Netzwerke und Software abdeckt. Wir werden über ein weltweites Vertriebs- und Partner-Ökosystem verfügen, das uns die Größe gibt, um auf globaler Ebene zu konkurrieren.

Und wir werden mit den zusätzlichen Technologiekomponenten die Größe und die Fähigkeit haben, zu investieren und mehr von diesen Marktwendepunkten zu nutzen, die fast täglich oder wöchentlich auftauchen, insbesondere im Bereich KI. Ich bin im Herzen Technologe. Wenn ich mir die Möglichkeit anschaue, Technologien und Teams zu kombinieren, um nicht nur mit Cisco, sondern auch mit dieser sehr dynamischen, sehr wettbewerbsintensiven Landschaft zu konkurrieren, finde ich das unglaublich, unglaublich spannend.

Auf der HPE-Messe Discover vergangenen November in Barcelona stellten HPE-Chef Antonio Neri und Rahim vor, wie KI das Management von Netzwerken erleichtert. Zu gemeinsamen Plänen konnten sie nicht sagen, da die Fusion in den USA noch nicht genehmigt war.

CRN: Wie genau wird Juniper Mist in das HPE-Portfolio integriert?

Rami Rahim: Zunächst einmal ist es wichtig zu erkennen, dass dies der erste Tag ist und wir gerade erst am Anfang stehen. Aber ich kann Ihnen sagen, dass es mein Ziel als Leiter dieses fusionierten Netzwerkgeschäfts ist, das beste Netzwerkgeschäft der Welt aufzubauen, das auf Innovation basiert. Zunächst wollen wir uns auf unsere Kunden und Partner konzentrieren. Wir sehen sowohl im Juniper-Portfolio als auch bei HP Aruba Networking eine große Dynamik. Dieses Momentum wollen wir nutzen. Deshalb kremple ich jetzt die Ärmel hoch und beginne mit einer kunden- und marktorientierten, durchdachten Integrationsstrategie. Bei dieser Arbeit lassen wir uns von einem klaren Ziel leiten: sichere AI-native und Cloud-native Netzwerke anzubieten. Es ist mir sehr wichtig, dass alle unsere Kunden Zugang zu diesen Produkten haben werden - egal ob sie ihre Reise auf der Aruba- oder der Juniper-Seite beginnen.

Es ist noch zu früh, um Ihnen Einzelheiten und Zeitpläne zu nennen, aber das ist die Strategie, die wir verfolgen. Niemand wird zurückgelassen.

Wenn man die Architektur betrachtet, haben HPE und Juniper unglaubliche Stärken in unterschiedlichen architektonischen Ansätzen zur Lösung von Netzwerkproblemen. Gemeinsam haben wir nun die Möglichkeit, etwas aufzubauen, das mehr Anwendungsfälle abdeckt, sei es in der Cloud oder vor Ort mit integrierter Sicherheit. Es gibt keine Grenzen dafür, wie diese Dinge zusammenkommen, um ein höheres Maß an Innovation zu erreichen, aber auch um eine viel breitere Palette von Anwendungsfällen in verschiedenen Netzwerkszenarien abzudecken. Das ist es, was mich wirklich begeistert. Ich fühle mich gerade ein bisschen wie ein Kind im Süßwarenladen, wenn ich all die Technologiekomponenten um mich herum betrachte. Mein Team und ich sind einfach super aufgeregt, die Ärmel hochzukrempeln und die Roadmap zu erstellen, auf die alle sehr gespannt sind.

Wie wird das neu fusionierte Unternehmen mit Open Source und Open-Source-Organisationen zusammenarbeiten?

Rahim: Open Source war schon immer ein wichtiger Teil der Innovationsagenda von Juniper und sicherlich auch von HPE. Im Bereich Netzwerke beispielsweise hat Open Source in Bereichen wie SONiC an Dynamik gewonnen und findet in der Branche großen Anklang. Aus diesem Grund hat Juniper beschlossen, in diesem Bereich innovativ zu sein. Ich bin mir sicher, dass sich dies auch auf das neue HPE Networking-Geschäft ausweiten wird. Ich denke, dass es vorerst so weitergehen wird. Aber aufgrund des erweiterten Portfolios, nicht nur im Bereich Netzwerke, sondern auch in den Bereichen Computing, Speicher und Netzwerke, bietet sich nun die Möglichkeit, im Open-Source-Bereich noch mehr zu erreichen.

Wenn es um offene Standards geht, so bleiben diese ein zentraler Bestandteil unserer Aktivitäten im HPE Networking-Geschäft. Wir haben die großartige Möglichkeit, Technologiekomponenten zu kombinieren, um unseren Kunden Komplettlösungen anzubieten, die ihnen die Bereitstellung von KI-Lernen und KI-Inferenz erheblich erleichtern. Ich denke jedoch, dass ein zentraler Grundsatz bei der Bereitstellung dieser Lösungen darin bestehen wird, offene Schnittstellen und APIs zu nutzen. Denn das ist es, was unsere Kunden wollen. Ich freue mich darauf, mit der Zusammenstellung dieser Lösungen zu beginnen und sie unseren Kunden zur Verfügung zu stellen.

Was sind Ihrer Meinung nach derzeit die größten Chancen für KI im Netzwerkbereich?

Rahim: Die Chancen betrachte ich aus zwei Blickwinkeln. Es gibt KI für Netzwerke und Netzwerke für KI. Aus der Perspektive der KI für Netzwerke besteht das Ziel darin, unseren Kunden und Partnern wirklich optimale Erfahrungen zu bieten, indem wir weltweit auf beiden Seiten breitere Implementierungen vornehmen, aus denen wir lernen und die wir auf KI-Prozesse anwenden können. Wir werden über eine größere Reichweite und Flexibilität verfügen, da wir nun dank der Stärken von HPE und Juniper mehr Anwendungsfälle mit mehr Einsatzmöglichkeiten bedienen können und dann über eine besser integrierte Sicherheit verfügen werden. Einige der Sicherheitsvorteile, die Juniper mitbringt, sowie Technologien von HPE wie beispielsweise Secure Access, bietet uns die unglaubliche Möglichkeit, Netzwerklösungen auf eine Weise zu kombinieren, die andere einfach nicht bieten können. Das ist die erste Chance für KI für Netzwerke.

Die zweite Chance, Netzwerke für KI, ist ebenso spannend. Hier bauen wir die großen Rechenzentren, die Fabriken für KI, die unglaublich wichtig sind. Gemeinsam werden wir in der Lage sein, Innovationen in allen Bereichen der Technologie schneller voranzutreiben: von Silizium über Systeme bis hin zu Software. Wir werden eine Komplettlösung anbieten können. Wer sonst kann alles aus einer Hand anbieten, von Netzwerken – sowohl Scale-up als auch Scale-out – über Rechenleistung und Speicher bis hin zu Automatisierungsfunktionen und Liquid Pooling? Die Technologie, die uns zum Aufbau dieser integrierten KI-Fabrik-Rechenzentren zur Verfügung steht, ist in unserer Branche wirklich einzigartig.

CRN: Was wird im Bereich Cybersicherheit mit den Juniper SRX-Firewalls und SASE geschehen?

Ramin Rahim: Zunächst einmal bin ich fest davon überzeugt, dass Netzwerke und Sicherheit in unserem Markt immer mehr zusammenwachsen. Immer mehr Kunden wünschen sich Full-Stack-Lösungen, die beide Komponenten umfassen. Ich bin auch sehr gespannt auf die Sicherheitsbausteine, die wir nun sowohl auf der HPE Aruba-Seite als auch auf der Juniper-Seite haben werden, um die Anwendungsfälle unserer Kunden sowohl im Bereich KI für Netzwerke als auch Netzwerke für KI abzudecken. Beginnen wir mit KI für Netzwerke.

Die Welt bewegt sich in Richtung Zero Trust. Die Ressourcen, über die wir verfügen werden, wie Firewall vor Ort, SSE-Funktionen in der Cloud, NAC-Funktionen von HPE und Juniper, Software-Automatisierung und Vernetzung vom Client bis zur Cloud mit durchgängiger Sicherheit, sind unglaublich. Die Möglichkeit, jetzt Lösungen zu kapseln, die diese Zero-Trust-Architektur-Anforderungen unserer Kunden heute und in Zukunft erfüllen, ist einfach großartig.

Und dann haben wir im Bereich der Netzwerke für KI rund um den Aufbau dieser Rechenzentren der nächsten Generation, sowohl rechnerbasiert als auch KI-basiert, einige unglaubliche Firewall-Assets der nächsten Generation, sowohl virtuell als auch physisch. Als Beispiel sei hier Juniper genannt, das kürzlich die weltweit schnellste Firewall, die SRX 4700, mit einer Sicherheitskapazität von 1,4 Terabit auf den Markt gebracht hat. Die ist absolut ideal für die Anforderungen der Kunden beim Aufbau von Rechenzentren, da die derzeitigen Lösungen auf dem Markt leider nicht mit dem unglaublichen Tempo des Datenverkehrswachstums Schritt halten können. Die Schlussfolgerung lautet meiner Meinung nach: Erstens bewegt sich der Markt in Richtung Konvergenz. Zweitens wird HPE Networking über alle notwendigen Bausteine verfügen, um die Anforderungen unserer Kunden auf eine Weise zu erfüllen, wie es unsere Mitbewerber meiner Meinung nach nicht können.

Der Artikel erschien zuerst bei unserer Schwesterpublikation crn.com.

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