F5-CEO spricht von großer Chance der Citrix-Verdrängung

Partner von Citrix bekommen die Verärgerung der Kunden zu spüren, die über massive Preissteigerungen und schlechten Support klagen. Mit seiner Load-Balancing- und Application-Delivery-Plattform gewinnt Wettbewerber F5 "Hunderte von Citrix-Kunden", sagt F5-CEO Francois Locoh-Donou und legt nach: "Wir kratzen nur an der Oberfläche des installierten Citrix-Geschäfts".

F5-CEO Francois Locoh-Donou: "Citrix hat einige ziemlich unglückliche Entscheidungen getroffen - in Bezug auf ihre Partner und die Art und Weise, wie sie auf die Kunden zugehen. Und die Kunden haben ein langes Gedächtnis"

Francois Locoh-Donou, CEO des US-amerikanischen Spezialisten für Loadbalancing und Netzwerksicherheit F5 kann sich derzeit über viel Neukundengeschäft freuen. Genauer gesagt über die Wechselbereitschaft von Unternehmen, die die konkurrierenden Netscaler-Load-Balancing- und Application-Delivery-Plattform von Citrix ablösen und durch die Produkte von F5 ersetzen.

Locoh-Donou spricht im exklusiven Interview mit CRN USA von "mehrere Hundert Kunden", die sein Unternehmen abgeworben habe. "Das Tempo der Kundenabwanderung hat sich nicht verlangsamt", sagt er.

"Wir haben weiterhin großen Erfolg damit, Citrix aus den Umgebungen vieler Kunden zu entfernen. Und das müssen wir zu diesem Zeitpunkt unbedingt ausnutzen", so Locoh-Donou auf der AppWorld 2025 des Unternehmens aus Seattle Ende Februar. F5 bemühe sich aktiv darum, Citrix-Kunden zu gewinnen. Die Channel-Änderungen bei Citrix kommen F5 gelegen.

Der Erfolg von F5 kommt zu einem Zeitpunkt, an dem sich eine Reihe von Citrix-Kunden bei CRN über höhere Preise für Vertragsverlängerungen mit längeren Laufzeiten beschweren. Die Citrix-Partner sind unterdessen wütend über den Schritt des Unternehmens, die Partnermargen im Rahmen der Konzentration auf Top-Kunden zu reduzieren, was dazu geführt hat, dass Citrix einige Geschäfte direkt abschließt.

Die jüngste Wendung im Citrix-Channel-Drama kam mit der kürzlichen Ankündigung von Citrix, eine Reihe von Distributoren, darunter Ingram Micro und TD Synnex, zu entlassen. In DACH ist die Bochumer ADN betroffen, einer der, wenn nicht der größte Citrix-Distributor, der Citrix seit weit über 20 Jahre vertrieben und im deutschen Markt etabliert hatte. Arrow wird exklusiv den Citrix-Mittelstand sowie kleine und mittelständische Unternehmen in Nordamerika und Europa betreuen. Das betrifft Kunden, die weniger als 250.000 Dollar Umsatz mit Citrix machen. CRN Deutschland hatte mit Partner wie Cancom gesprochen und auch Arrow zu den Folgen der Exklusivdistribution für Partner befragt.

[Mehr zum Thema: Zäsur für Citrix-Partner: Arrow startet vollumfänglich in die Exklusivdistribution und Cancom über exklusive Citrix-Distribution: "Dieser Schritt ist für einen Hersteller eher ungewöhnlich" sowie "Wir haben das Angebot für eine Exklusivdistribution abgelehnt"]

In einer E-Mail an CRN USA erklärt Citrix, dass die jüngsten Änderungen und die erweiterte Beziehung zu Arrow "neue Märkte, Kunden und Investitionen für unsere Partner und Kunden gleichermaßen eröffnen werden", so der Sprecher.

Citrix spricht von hohem Wachstum in seinem Channel

"Citrix-Kunden erkennen den Wert unseres kompletten Portfolios und unserer Universal Hybrid Multi Cloud und Citrix Platform License Angebote. ADC [Application Delivery Controller] ist eine äußerst wichtige Komponente dieser Plattform. Citrix setzt sich weiterhin dafür ein, dass unsere Kunden von der gesamten Citrix-Plattform profitieren können, einschließlich des Wertes, den NetScaler als Teil dieses Portfolios bietet. Im Jahr 2024 wuchsen unsere über Partner abgewickelten Buchungen um 45 Prozent, was für Citrix das dritte Jahr in Folge ein Wachstum im Channel bedeutet. Unser kommerzielles Geschäft ist weiterhin zu 100 Prozent Channel-getrieben", schreibt Citrix in der E-Mail an CRN USA.

Ein leitender Angestellter eines Citrix- und F5-Partners, der mit CRN USA unter der Bedingung der Anonymität sprach, sagte, dass sein Unternehmen plane, mehr mit F5 zu arbeiten. Das sei eine Reaktion auf die Citrix-Änderungen im Channel. "Ich würde gerne jede einzelne Citrix-Implementierung ersetzen, die wir haben, weil sie sich im Channel so verhalten", sagt der Manager.

Massive Preissteigerungen nach Investoren-Einstieg bei Citrix

Citrix wurde 2022 von den Investmentfirmen Vista Equity Partners und Evergreen Coast Capital - einer Tochtergesellschaft von Elliott Investment Management – gekauft, von der Börse genommen und mit Tibcon zur neuen Gesellschaft Cloud Software Group (CSG) fusioniert.

Citrix hebt nun die Preise für Kunden "erheblich an", was bereits nach der Übernahme des Unternehmens 2022 durch den Private Equity-Investor geschehen sei, so der Geschäftsführer.

Die Änderungen von Citrix öffnen F5 die Tür, um eine Schar neuer Kunden zu gewinnen, die mit Citrix derzeit sehr unzufrieden seien, sagt der Manager und lobte die Partner- und Kundenrekrutierungskampagne von F5. "Wenn ich F5 wäre, würde ich alle Citrix-Kunden aufsuchen, bei denen eine Vertragsverlängerung ansteht".

Citrix habe Channel-Partnern "massive" Aufträge entzogen, sagt der Manager gegenüber CRN USA und er nennt ein Beispiel: Sein Vertrieb habe vor kurzem mit einem großen Kunden gesprochen, bei dem ein Vertrag im Wert von mehreren Millionen Dollar zur Erneuerung anstand. Citrix habe mitgeteilt, dass die SKU nicht mehr verfügbar sei. Stattdessen müsse der Kunden nun das Doppelte für eine fünfjährige Verlängerung zahlen. "Citrix hielt den Kunden buchstäblich als Geisel, bis seine Lizenzen abliefen. Das Geschäft des Kunden war zum Scheitern verurteilt. Der Kunde musste schließlich zahlen und ist so wütend, dass er an einem Projekt arbeitet, um Citrix aus seiner Umgebung zu entfernen und zu F5 zu wechseln", so der Manager.

Locoh-Donou erklärt gegenüber CRN USA, dass F5 Citrix in den letzten Jahren kontinuierlich verdrängt habe. "Citrix hat einige ziemlich unglückliche Entscheidungen getroffen - in Bezug auf ihre Partner und die Art und Weise, wie sie auf die Kunden zugehen. Und die Kunden haben ein langes Gedächtnis", sagt er. "Kurzfristig mag sich das in Bezug auf ihr Finanzmodell auszahlen", spekuliert der F5-Chef in Richtung der Vorstellungen der Citrix-Investoren.

F5 dagegen sei ein "sehr langfristig orientiertes Unternehmen", so Locoh-Donou. "Wir haben die Mission und den Antrieb zu sagen, dass wir mit unseren Partnern und Kunden eine bessere digitale Welt aufbauen werden. Wir verstehen ihre Anwendungen und entwickeln immer wieder Innovationen, um die Bereitstellung von Anwendungen zu erleichtern."

Die Philosophie und der langfristige Ansatz von F5 bei der Technologieentwicklung seien für Endkunden attraktiv und auch für den Channel wichtig, so Locoh-Donou. "Wir werden für unsere Kunden da sein, dort innovativ sein, wo sie uns brauchen - und das auf lange Sicht. Und wenn wir das tun, finden sie einen Mehrwert und wir verdienen Geld", sagt er.

Netscaler von Citrix hatte im Jahr 2020 einen Umsatzanteil von 28 Prozent gegenüber 42 Prozent von F5 Big-IP. Seitdem ist der Anteil von Citrix/Netscaler jedoch auf 21 Prozent im Jahr 2024 gesunken, während der Anteil von F5 konstant geblieben ist, so das Marktforschungsunternehmen DellO'ro Group.

Die Citrix-Verdrängungschance

Da viele Kunden derzeit an Produktauffrischungen denken, zeichne sich für die Partner eine große Chance zur Verdrängung von Citrix ab, so Locoh-Donou. "Wir haben, offen gesagt, nur an der Oberfläche des installierten Geschäfts von Citrix gekratzt", so der Manager.

Das Big-IP-Hardware- und Softwareportfolio von F5 für verbesserte Anwendungsleistung und -sicherheit konkurriert mit Citrix NetScaler, der Plattform des Unternehmens für Anwendungsbereitstellung und -sicherheit. Obwohl beide Unternehmen seit mehr als zwei Jahrzehnten Angebote in diesem Bereich haben, habe sich F5 "als Sieger" herauskristallisiert, viele Citrix-Kunden wollten "unbedingt" zu F5 wechseln, zum Teil wegen des fokussierten Ansatzes von F5 auf dem ADC- und Sicherheitsmarkt, sagt Austin Gueraci, CTO des F5-Partners WorldTech IT in Austin, Texas. Sein Unternehmen wurde kürzlich zum F5-Partner des Jahres für Nordamerika ausgezeichnet.

Analyst: Citrix Netscaler an Citrix-VDI gebunden - kaum Geschäft außerhalb dieses Bundles

Citrix hingegen, so Gueraci, habe den Fokus auf sein Kerngeschäft VDI gelegt, sein NetScaler-Produkt "nicht weiterentwickelt", sagt er. "Sie investieren nicht in das Produkt, stattdessen investieren sie in die falschen Dinge", so der Partner und berichtet vom Feedback seiner Kunden: "Funktionsumfang, Stabilität, Preis, mangelnder Support - das sind die Hauptkritikpunkte, die ich direkt aus dem Mund der Kunden gehört habe. Diese Erfahrung hat sich für sie definitiv verschlechtert."

F5 habe seinerseits sein Portfolio für die Anwendungsbereitstellung weiterentwickelt und gleichzeitig "gezielte Akquisitionen getätigt, um seine Produkte mit mehr Funktionen, Zuverlässigkeit und Sicherheit auszustatten", so Gueraci.

Citrix erwarb NetScaler im Jahr 2005, woraufhin die damalige Load-Balancing-Technologie weitgehend mit dem Citrix VDI-Anwendungsfall verbunden wurde, so Mauricio Sanchez, Senior Research Director der DellO'ro Group.

"War das Glas halb voll oder halb leer? Es ist halb voll, weil NetScaler stark an Citrix VDI gebunden ist. Und da Citrix VDI einen großen Kundenstamm hat, ist auch NetScaler weit verbreitet. Das Glas ist jedoch halb leer, weil NetScaler bis vor kurzem nur begrenzt in der Lage war, Umsätze außerhalb von Citrix zu erzielen", so Sanchez, der sich mit den Märkten für Unternehmensnetzwerke und Sicherheit beschäftigt.

Der Artikel erschien zuerst bei unserer Schwesterpublikation crn.com

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