Neuer Partner-Chef: Jubel und Erleichterung im Cisco-Channel
Mit der Entscheidung, Tim Coogan auf den Posten des globalen Channel-Chefs zu setzen, hat Cisco ins Schwarze betroffen. Jedes frenetische Statement der Partner ist eine - unverdiente - Ohrfeige für seinen Vorgänger. Ein Lehrstück, wie heikel die Berufung eines "Change Agents" sein kann.
Den Stimmen der Cisco-Partner in den USA zufolge, ist die am Montag dieser Woche bekannt gewordene Neubesetzung des globalen Channelchef-Postens mit Tim Coogan (CRN berichtete exklusiv) geradezu ein Akt der Inthronisierung. Auch weil er als Befreiungsschlag empfunden wird, hatte doch Coogans Vorgänger Rodney Clark die nicht leichte Aufgabe, die mehr als 30 Jahre gültigen Regeln der Zusammenarbeit zwischen Cisco und seinen Partner grundlegend neu aufzusetzen.
Das neue Partnerprogramm Cisco 360 ist Mitten in der Umsetzung, bei einigen Partnern treffen die Maßnahmen auf wenig Gegenliebe, der Frust bündelt und entlädt sich bei dem für die massiven Änderungen verantwortlichen Manager, der doch aus der Softwarebranche (Microsoft) kommt, den Cisco-Partnerkanal gar nicht richtig kenne, alles neu machen wolle, ohne Verständnis, wie das Geschäft der Cisco-Partner funktioniere. So lässt sich die Kritik an Rodney Clark zusammenfassen, die zahlreiche Partner gegenüber CRN USA äußern.
Clark kam vor knapp zwei Jahren zu Cisco, nachdem der 25 Jahre für Microsoft gearbeitet hatte – zuletzt als globaler Channel-Chef. Tim Coogan ist nicht minder erfahren in der Führung einer Channel-Organisation. Im Gegensatz zu Clark ist er den Cisco-Partnern vor allem in den USA bekannt und arbeitet seit einem Vierteljahrhundert für Cisco, gehört also quasi zum Inventar. Allein sein Status dürfte die Unruhe im Cisco-Channel wegen der Veränderungen am Partnerprogramm vorerst dämpfen.
Jedes frenetische Statement für Tim Coogan liest sich wie eine Ohrfeige für seinen Vorgänger. Cisco holte Rodney Clark in der Überlegung, dass wohl nur ein Top-Manager außerhalb des Konzerns in der Lage wäre, alte Strukturen und Gewohnheiten in der 30 Jahre alten Matrix des indirekten Vertriebs aufzubrechen. Doch ändert sich der Markt, müssen sich Organisationen ändern, vielleicht sogar die Firmenkultur angepasst werden. Ein Manager, der von außen kommt, ein so genannter "Change Agent", kann am besten solche teils schmerzliche Anpassungen vornehmen, im besten Fall sogar verständlich vermitteln und für relativ geräuschlose Akzeptanz sorgen. Das hat bei Cisco nicht geklappt.
Rodney Clark steht nun als Sündenbock da, unverdientermaßen. Mit seiner sofortigen Demission ist Cisco 360 nicht etwa obsolet, wie manche Partner vielleicht glauben. Tim Coogan kann es indes gelingen, die schlechte Stimmung zu drehen, schafft er es, dem Partnerkanal die Notwendigkeit der Veränderungen vor Augen zu führen. Dafür braucht es viel Vertrauen, das Coogan ohne Zweifel genießt, aber nicht sein Vorgänger, im Cisco-Channel hatte.
" Sie kamen herein, haben das gesamte Programm durcheinandergebracht …"
Manak Ahluwalia, CEO von Aqueduct Technologies, einem Cisco Gold-Partner mit Sitz in Canton, Massachusetts, der sein Cisco-Geschäft im letzten Geschäftsjahr zweistellig ausgebaut hat, sagt, er sei "begeistert" von der Ernennung von Coogan zum Channel-Chef. "Tim versteht es", sagte Ahluwalia. "Er versteht, wo der Partner einen Mehrwert bietet, wie die Vertriebslandschaft aussieht und was es bedeutet, sich vor Ort zu engagieren. Er hat gehört, wie Partner über Rentabilität und operative Herausforderungen gesprochen haben. Er versteht Cisco. Das ist eine großartige Wahl! Alle anderen waren Außenseiter", so der Manager, der gar nicht in sich halten kann.
Es muss sich viel in ihm aufgestaut haben, denn an den von ihm genannten "Außenseitern" lässt er kein gutes Haar. "Sie kamen herein, haben das gesamte Programm durcheinandergebracht, versucht, Dinge nachzuahmen, die sie im Softwarebereich gemacht haben, und jetzt sind sie alle weg".
Zur Erinnerung: Im Oktober stellte Cisco unter der Leitung von Clark Cisco 360 vor, ein komplett überarbeitetes Partnerprogramm, das darauf abzielt, besser ins Geschäft mit MSPs und MSSPs zu kommen. Die Überarbeitung des 30 Jahre alten, legendären Partnerprogramms von Cisco stellte eine signifikante Abkehr von hohen Bonifizierungen für jene Partner dar, die große Infrastruktur-Investitionsprojekte abschließen.
Im Frühjahr dieses Jahres gab das Unternehmen neue Details und den Zeitplan für einige der Änderungen bekannt, die für Cisco 360 geplant sind. Am 1. Juli veröffentlichte der Technologieriese exklusiv für CRN einige mit Spannung erwartete Details dazu, wie Partner in Cisco 360 bewertet und vergütet werden, darunter die Einführung des Cisco Partner Incentive Estimator. Das ist ein Tool, mit dem Partner ihre Rentabilität innerhalb der Struktur des neuen Partnerprogramms ermitteln können. Da die umfassenden Änderungen am Partnerprogramm direkte Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeit und Rentabilität der Partner haben werden, führt Cisco das neue Partnerprogramm in zwei Phasen ein, von denen die erste am 27. Juli begann.
Viele Cisco-Partner haben jedoch Unsicherheit gegenüber Cisco 360 und Bedenken hinsichtlich einiger Änderungen des Programms geäußert, insbesondere in Bezug auf die Art und Weise, wie sie vergütet werden.
Und jetzt macht es ab sofort "klick"
Mit Coogan an der Spitze des Vertriebskanals erwartet Manak Ahluwalia von Aqueduct Technologies, dass das Feedback der Partner zu den Herausforderungen des neuen Programms sofort "klicken" wird. "Wir müssen es nicht übermäßig erklären", sagt er. "Tim kann sehen, ob es vorteilhaft ist oder nicht. Wenn es unser Ziel ist, gemeinsam mehr zu verkaufen und das bestehende Geschäft zu erhalten, sollten wir so darüber denken. Ich freue mich sehr, einen Fürsprecher wie Tim zu haben, der nicht nur Cisco versteht, sondern auch die Partnerlandschaft".
Die Einführung von Cisco 360 sei laut Ahluwalia "mit vielen Unsicherheiten und Ängsten verbunden". Nach der Personalentscheidung von Cisco, zumal mit Veteran Coogan an der Partnerspitze, entspannt sich der Manager. "Wir fühlen uns viel wohler, da wir wissen, dass wir jetzt einen Fürsprecher wie Tim an der Spitze haben! Wir sind begeistert von den Aussichten, die sich durch die Investitionen von Cisco in die Sicherheit ergeben. Tim an der Spitze des Channel-Programms bestärkt uns in unserer Ansicht, dass Cisco sich für den Channel engagiert."
Coogan selbst hatte bereits verschiedene Positionen im Unternehmen inne, zuletzt als Senior Vice President des US-Geschäftssegments von Cisco, wo er für den jährlichen Produkt- und Dienstleistungsumsatz von mehr als 7 Mtrd. US-Dollar in einem vielfältigen Kundenstamm verantwortlich war, darunter kleine und mittlere Unternehmen sowie Fortune-1000-Unternehmen. Coogan war außerdem als Area Vice President für das Global Enterprise Segment von Cisco tätig.
Steve Wylie, Vice President und General Manager für den Nordosten bei Cisco Gold-Partner Trace3, kennt Coogan seit Jahren, da Wylie sieben Jahre bei Cisco tätig war, bevor er zu dem Lösungsanbieter-Giganten wechselte. "Tim ist hervorragend und eine großartige Wahl für diese Position. Während meiner Zeit bei Cisco und meiner Zeit bei Trace3 hatte ich das Privileg, ihn mehrfach zu treffen. Er versteht es einfach", sagt er.
Wylie war zwar von Clarks plötzlichem Ausscheiden überrascht, sagt aber, er könne "nicht glücklicher sein", dass Coogan die Rolle des Channel-Chefs übernimmt. Er wird sowohl für Cisco als auch für den Channel großartige Arbeit leisten. Angesichts der bevorstehenden Veränderungen ist Tims Erfahrung genau das, was wir brauchen".
Eine Führungskraft eines Cisco-Partners, die CRN ein Statement unter Anonymität gibt, sagt, dass "die Partner sich gegenseitig abklatschten", als sie von der Ernennung des neuen Channel-Chefs hörten.
Der Artikel mit Cisco-Partnerstimmen von Gina Narcisi erschien zuerst bei unserer Schwesterpublikation crn.com. Wir haben den Beitrag für CRN Deutschland ergänzt.
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