Lokale Cloud oder Hyperscaler? Datensouveränität ist ein heißes Thema im Channel

Digitale Souveränität ist im deutschen Channel angekommen, direkte Folgen - etwa Umsatzverschiebung weg von US-Hyperscalern hin zu alternativen Cloud-Anbietern aus Europa – sind aus der mitunter erbittert geführte Diskussion (noch) nicht spürbar.

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Einen Run auf ihre Dienste spüren EU-Cloudanbieter wie Ionos, Stackit, OHVCloud oder Securecloud nicht, wie Compris aus der Befragung von rund 300 IT-Dienstleistern schlussfolgert (Grafik: Compris Market Insight)

Die einen verteufeln alles, was nicht mit digitaler [EU-]Souveränität und Open Source daherkommt. Die anderen marginalisieren die Cloud-Offerings alternativer Anbieter aus Europa und sehen sie technologisch abgehängt gegenüber innovationsgetriebenen US-Hyperscalern und ihren Milliarden-Investitionen in weltweite KI-Datacenter. Es herrscht eine bisweilen fast schon ideologisch aufgeladene Stimmung auf Linkedin, wenn man die Postings und Kommentare zum Thema digitale Souveränität liest. Als hänge das Schicksal eines freiheitlichen Europas von der Entscheidung eines Mannes im Weißen Haus ab, der die Macht habe (vielleicht auch hat), Technologiekonzernen aus den USA vorzuschreiben, was oder wen sie abzuschalten haben.

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Internationale Cloudanbieter werden kritisch gesehen, bleiben aber stark nachgefragt

Die Diskussion ist heißt und bleibt es auch. Aus all dem lässt sich vorerst eines mit Sicherheit sagen: Gewinner sind hiesige IT-Dienstleister, Systemhäuser und Service Provider, denn der Beratungsbedarf bei ihren Kunden ist groß. Digitale Souveränität beschäftigt Unternehmenskunden und IT-Service-Anbieter gleichermaßen.

59 Prozent der IT-Dienstleister stehen dem Thema Datensouveränität bei internationalen Cloud-Anbietern wie AWS, Azure, Google Cloud zunehmend kritisch oder abwägend gegenüber und sehen vor allem datenschutzrechtliche Risiken und die Gefahr von Kontrollverlusten. 12 Prozent gewichten die Souveränität ihrer Daten bei internationalen Hyperscalern als überwiegend unproblematisch oder vollständig vertrauenswürdig. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter rund 300 IT-Dienstleistern, durchgeführt vom Channel-Beratungsunternehmen Compris. Befragt wurden von August bis Oktober 2025 Geschäftsführer, Vertriebsleiter und andere Verantwortliche für die Herstellerauswahl und Einkauf oder Portfoliomanagement bei IT-Dienstleistern und Systemhäusern.

Eine Schlussfolgerung aus der Befragung dürfte vor allem bei US-Herstellern für Erleichterung sorgen, die ja viele Tausend Partner in Europa und DACH zu ihren Kunden zählen: "Obwohl die IT-Dienstleister die Dienste von internationalen Cloud-Anbietern beim Thema Datensouveränität überwiegend kritisch sehen bzw. vorsichtig abwägen, bleiben die Lösungen momentan gleichermaßen bzw. stark nachgefragt", sagt Compris-Geschäftsführer Gerald Holler.

Run auf digitale Souveränität aktuell nicht spürbar

Auswirkungen der Diskussion um digitale Souveränität auf die Umsätze von Herstellern aus einem Nicht-EU-Land sind vorerst also nicht messbar. Und doch berichten laut Compris-Umfrage 38 Prozent der IT-Dienstleister, dass deren Kunden Dienste oder Produkte von europäischen, bzw. deutschen oder lokalen Cloud-Anbietern zunehmend nachfragen. 35 Prozent sehen eine unveränderte Nachfrage, 14 Prozent einen wahrnehmbaren Rückgang der Nachfrage nach lokalen Anbietern.

Von einem Run auf digitale Souveränität kann demnach aktuell keine Rede sein. Man muss freilich zweierlei bedenken: Von bestehende IT-Infrastruktur trennen sich Kunden nicht adhoc, wenn überhaupt, dann dauern Migrationsprojekte viele Monate bis Jahre und können sehr teuer werden (beispielsweise VMware-Landschaften). Und auch das Onboarding eines neuen Herstellers kann bei einem IT-Dienstleister sehr lange dauern, mitunter mehr als ein halbes Jahr, wenn Zertifizierungen nötig sind.

Passend dazu, die Aussagen der Partner, wie sich ihr Geschäft mit den Hyperscalern aus Übersee entwickelt, also den drei marktführenden US-Playern AWS, Microsoft Azure und Google Cloud: Unverändert sagen 35 Prozent, rückläufig 24 Prozent und 20 Prozent berichten von einer Zunahme der Nachfrage der Top-3 US-Cloud-Anbieter.

Wie sich IT-Dienstleister aufstellen

Eine eindeutige Reaktion auf die Diskussion um digitale Souveränität gibt die Umfrage von Compris unter knapp 300 IT-Service-Anbieter nicht her. Die Reaktionen sind nämlich vielfältig: 21 Prozent bauen ihre Beratungs- und Migrationsdienstleistungen zu Compliance und DSGVO aus. 18 Prozent wählen eine Multi-Cloud-Strategie, die die flexible Nutzung der Vorteile beider Welten (lokal und global) unter Berücksichtigung regulatorischer Vorgaben möglich machen. Und 15 Prozent setzen auf eigene Hosting- und/oder Managed Services Offerings, weitere 14 Prozent auf eine Partnerschaft mit Hyperscalern. 15 Prozent der Partner haben noch keine klare Strategie, bzw. äußerten sich nicht in der Befragung.

Fazit von Compris-Geschäftsführer Gerald Holler:

"Nach wir vor gibt es Unternehmen, die auf internationalen Hyperscaler setzen, z. B. Kärcher. Andere Unternehmen, sogenannte Public Kunden wie Regierungsbehörden, öffentliche Auftraggeber, etc., betrachten das Thema allein schon aus Datenschutzgründen differenzierter", sagt Holler.

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