Regeln und Anstand im Channel

Standards of Business Conduct hat nicht nur Microsoft, jedes Unternehmen muss Grundlagen der Zusammenarbeit aufstellen. Es gibt schließlich Gesetze. Gegen ethisches Fehlverhalten helfen die freilich kaum.

Regeln und Anstand im Channel

Herrsching am Ammersee, Sommer 2023, 30 Grad: Der Sprung ins kühlende Nass vom Turm aus ist nicht mehr möglich. Den unbeaufsichtigten Sprungturm hat die Gemeinde abmontieren lassen, weil ihr Rechtsanwalt eine Haftung der Gemeinde bei einem potenziellen Unfall nicht ausschließen konnte. Früher sorgten Schilder wie „Benutzung auf eigene Gefahr" für eine Selbstverantwortung. Heute leben wir in einer zunehmend von Advokaten gemaßregelten Welt - privat wie geschäftlich. Der gute alte Kaufmannshandschlag, das war einmal eine Verpflichtung unter ehrbaren Kaufleuten. Das Wort zählte noch, ersetzte oft den Vertrag. Das ist heute nicht mehr möglich, beziehungsweise riskant.

Unzählige Gesetze und Vorschriften (und es werden immer mehr) müssen Unternehmen nicht nur einhalten. Sie müssen dafür sorgen, dass ihre Geschäftspartner und alle Beteiligten in einer Lieferkette sie ebenfalls befolgen. Bis ins letzte Glied kontrollieren lässt sich das freilich nicht.

Aber offenbart wähnt sich Microsoft wenigstens formaljuristisch auf der sicheren Seite, seine Partner auf drastische Konsequenzen hinzuweisen, falls sie gegen die „Standards of Business Conduct" verstoßen. Die Aufregung mag groß sein, aber die aufgezählten Verstöße entspringen nicht irgendeinem willkürlichen Dogma, sondern gesetzlichen Auflagen. „Erziehungsmaßnahmen" - so eine Teilnahme an Schulungen beispielsweise - klingen zwar wie das Einbestellen renitenter Schüler zum Nachsitzen. Aber auch das hat einen juristischen Hintergrund: Microsoft kann nachweisen, vieles getan zu haben, um einen Verstoß abzustellen - gegen Kinderarbeit, Bestechung, Übervorteilung Schutzbedürftiger, Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe oder des Geschlechts.

Für die Praxis sagt das noch wenig aus. Darum geht es leider auch nicht, wenn ein Hersteller nun beschreibt, wie er einen „Verhaltenskodex für Partner" einzuhalten gedenkt. Er sichert sich vielmehr in erster Linie gegen potenzielle Regressforderungen ab.

Werte und Leitlinien

Ganz anders dagegen, wenn sich eine Business-Community zu wertegeleiteten, ethischen Regeln verpflichten soll. Partner-Netzwerke beispielsweise, die keine extremistische Haltung dulden. Die sich für eine faire Bezahlung oder Nachhaltigkeit und dem Schutz der Umwelt aussprechen. Es gibt Netzwerke im deutschen Channel, Synaxon beispielsweise, die sich zu solchen Werten bekennen. Und die übrigens sehr konsequent Mitgliedsunternehmen ausschließen, deren Chefs sich an nichts und niemanden gebunden sehen wollen.