Böse Hornetsecurity, gute NoSpamProxy – Partnerabwerbung auf plumpe Art
NoSpamProxy aus Paderborn rettet die sichere E-Mail-Kommunikation, während in Hannover Hornetsecurity - gerade für 1 Mrd. Dollar in die USA verkauft – nun seine gefährlichen Beißwerkzeuge entblößt. Security "Made in Germany" und somit digitale Souveränität gegen den bösen "US Cloud Act", so läuft die Partner-Abwerbekampagne. Kling plump und ist sie auch, ja mehr noch.
NoSpamProxy startet die Abwerbekampagne "Competitive Upgrade PLUS Angebot für Hornetsecurity". Partner, die bei Kunden E-Mailkommunikation mit den Lösungen von Hornetsecurity absichern und nun verunsichert sind, sollen zu NoSpamProxy wechseln. Sie bekämen dort ohne zusätzliche Prüfung einen gleichwertigen Partnerstatus für die ersten 12 Monate im NoSpamProxy-Partnerprogramm und könnten "direkt durchstarten". Sehr einfach soll der Umstieg sein. "Das gilt insbesondere für MSP-Anbieter, da NoSpamProxy viele speziell auf sie ausgerichtete Funktionen bereits mitbringt", heißt es in der Pressemitteilung. Und natürlich schnell sollten sich Partner entscheiden: "Die Aktion ist gültig bis zum 31. Oktober 2025".
Hintergrund der Abwerbekampagne: Die Hannoveraner von Hornetsecurity sind vom US-Sicherheitsriesen Proofpoint übernommen worden. Die Milliarden-schwere Akquisition hat in der Security-Branche für viel Überraschung gesorgt, wohl auch den ein oder anderen neidisch auf CEO Daniel Hofmann blicken lassen. Der 45-Jährige dürfte ausgesorgt haben. 2007 hatte er zusammen mit Oliver Dehning das Unternehmen Antispameurope aus der Taufe gehoben und später in Hornetsecurity umfirmiert.
Tenor der Kommentare bei Linkedin und auch Teilen der Fachpresse zum Deal mit Proofpoint: Hornetsecurity hat sich als deutsches Unternehmen eine starke Positionierung in der Absicherung von Microsoft 365-Infrastrukturen erarbeitet, mit dem neuen Eigner Proofpoint aus den USA verliere Europa einen weiteren Technologieanbieter, der nicht mehr lupenrein in ein Konzept der digitalen Souveränität passe. Journalisten-Kollege Karl Fröhlich von Speicherguid e überlegt sogar, "Meldungen zu US-Produkten mit einem Warnhinweis zu versehen". Der Einsatz von IT-Produkten von US-Herstellern berge Risiken bei Soft- und Hardware sowie Dienstleistungen. "Es besteht die Möglichkeiten, dass der IT-Hersteller die bereitgestellten Produkte und Services abschaltet, manipuliert oder Schad-Software einspielt".
Das sieht auch Stefan Cink so. Laut dem Director Business und Professional Services und E-Mail-Sicherheitsexperte bei NoSpamProxy sollen die Drähte in Paderborn gerade deswegen heiß laufen. "Aktuell erreichen uns viele Anfragen von Kunden und Partnern nicht-europäischer Anbieter, die explizit eine deutsche Alternative suchen, um die Gefahr der Ausspähung durch US-Behörden abzuwenden", sagt er. Seine Lösung, bzw. Erlösung: NoSpamProxy einsetzen! "Mit unserer Aktion können sie einfach auf E-Mail-Sicherheit und Verschlüsslung Made in Germany umsteigen".
Cink packt für seine NoSpamProxy-Kampagne die "US Cloud Act"-Keule raus, wie so viele andere auch: Datenschützer, die Open Source-Community, Tech Legal-Anwälte, Fachjournalisten. Rechtlich gesehen stimmt es, dass diese Rechtsvorschrift US-Unternehmen auferlegt, auf Anfrage von US-Behörden auch im Ausland gespeicherte Daten ohne Benachrichtigung der Betroffenen bereitzustellen – einschließlich kryptographischer Schlüssel, sollte die Kommunikation codiert und der Schlüssel in Besitz des Unternehmens sein.
Trump zieht Europa den Internetstecker
Wenn dieses Umsteigen nur so einfach wäre, wie Cink es darlegt. Organisatorisch und technologisch mag er recht haben, dass sensible Applikationen wie E-Mail-Kommunikation gut mit Lösungen von anderen Anbietern, "Made in Germany" eben, abzusichern sind. Sicher vor dem Zugriff von US-Behörden oder Hackern sollen ja auch die datensouveränen Lösungen von amerikanischen Anbietern sein. Wo die Anbieter keinen Zugang zu Daten haben, die Kunden auf deren Infrastruktur speichern, können sie auch nichts herausgegeben, wie sie versichern. Die US-Regierung wird das sicher nicht beeindrucken. Kritiker werfen US-Konzernen "Souveränitäts-Washing von Big Tech" vor.
Hier gut, dort böse: Schwarz-weiß-Denken
Digitale Souveränität nur auf die Provenienz eines Infrastrukturanbieters zu reduzieren, ist im zur Simplifizierung neigenden Marketing häufig der Fall. Schwarz-weiß-Denken wird dem Thema aber nicht gerecht. Digitale Souveränität muss man vor dem Hintergrund geopolitischer Risiken sehen. Und die lassen sich nicht einfach technologisch in den Griff bekommen.
Das Bild von Trump, wie er Europa den Internet-Stecker zieht, geistert immer öfter durch die sozialen Medien. Man traut libertären, antistaatlichen Ideologen, die die Strippen im Hintergrund ziehen oder ganz ungeniert mit Kettensägen in der Hand auf Bühnen stehen und das grenzenlos freie Unternehmertum feiern, vieles zu. Auf den Absatzmarkt Europa aber können und wollen diese Disruptoren nicht verzichten. So wie Europa nicht auf Handel und Technologie aus den USA verzichten kann. Die Abhängigkeiten sind gegenseitig, und sie sind sehr tiefgreifend.
"Made in Germany" vermittelt ein Stück weit die Illusion, man könne diese tiefen Verflechtungen zwischen Allianz-, Bündnis-, Technologie- und Handelspartnern jenseits und diesseits des Kontinents ausblenden. Nehmen wir Microsoft: Der US-Riese hat rund 30.000 Partner allein in Deutschland, die meisten aus dem Mittelstand. Die bekamen regelmäßig von ihrem Hersteller zu hören: Jeder Dollar Umsatz mit Microsoft-Produkten generiere 6 Dollar Umsatz bei Partnerunternehmen. Hunderttausende Arbeitsplätze bei MSPs, Systemhäusern, Distributoren in Deutschland sind in 40 Jahren im Microsoft-Partnerökosystem entstanden. So ähnlich ist es bei AWS, Google Cloud, bei den vielen Security- und Infrastrukturanbietern aus den USA, die ein großes Partnernetzwerk in Deutschland haben und für die dieser Channel unverzichtbar ist.
Kein Microsoft – kein NoSpamProxy, bzw. keine Net at Work
NoSpamProxy gäbe es ohne Microsoft nicht. NoSpamProxy ist nämlich die gleichnamige Suite für sichere E-Mailkommunikation, entwickelt und angeboten von der Firma Net at Work aus Paderborn. Uwe Ulbrich hat sie 1995 mitbegründet und ist seither Geschäftsführer. Die Firma ist mit ihren rund 150 Mitarbeitern ein wichtiger Partner von Microsoft. 2023 erzielte Net at Work 17 Mio. Euro Umsatz und einen Jahresüberschuss von 1 Mio. Euro.
"Was bringt Ihnen die beste Software-Anwendung, wenn Ihre Mitarbeitenden sie nicht nutzen wollen oder sie nicht verstehen? Mit unserem praxiserprobten Change Management und fundiertem technischen MS365-Hintergrundwissen sorgen wir dafür, dass das Potential neuer Microsoft-Technologien zur Verbesserung der Zusammenarbeit auch tatsächlich realisiert wird", wirbt Microsoft-Partner Net at Work auf seiner Homepage.
Strahlende Mitarbeiter lachen einen dort an. Vor ihnen steht ein Surface, nicht etwa ein Terra-Notebook von Wortmann. Net at Work hat bei Microsoft zwei Partner-Stati (Designations): eine Zertifizierung zum Microsoft Solutions Partner Modern Work, die andere Microsoft Solutions Partner Security. "Made in Germany" findet man auf der Webseite des Microsoft-Lösungspartners Net at Work nicht. Dieser Claim steht auf seiner Markenseite NoSpamProxy.
Eine Firma, zwei Haltungen, die so recht nicht zusammenpassen wollen. Für den Gründer und Geschäftsführer Uwe Ulbrich ist das offenbar kein Problem. Man erreicht ihmn mit zwei Durchwahlnummern: die -600, wenn man den Chef von Net at Work sprechen will, die -800 stellt zu NoSpamProxy durch, die Fax-Durchwahl – 650 teilen sich beide Adressaten.
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