Microsoft: NCE-Änderung wird Partnern keinen Kundenklau ermöglichen

Die neue Lizenzübertragung im Rahmen des überarbeiteten NCE-Programms (New Commerce Experience) für CSPs von Microsoft soll Lösungsanbieter nicht dazu ermutigen, Kunden durch niedrigere Preise zu ködern. Partner haben Zweifel an der Nützlichkeit der neuen Regeln.

Der Teufel steckt im Detail bei Lizenzübertragungen von Microsoft-Partnern untereinander.

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Der Teufel steckt im Detail bei Lizenzübertragungen von Microsoft-Partnern untereinander.

Mittwoch vergangener Woche war die Übertragung von bestehenden Lizenzen das Thema einer Telefonkonferenz zwischen Microsoft-Partnern und dem Programmmanager Brent Serbus. "Dies ist keine Funktion, die es Partnern ermöglicht, andere Kunden abzuwerben. Letzten Endes ist der Eigentümer der Abonnements die Person, die zustimmen und akzeptieren muss - wenn er das nicht tut, muss er ja nicht", so der Microsoft Manager.

"Wenn Sie die Abonnements eines Kunden nicht übertragen wollen, ignorieren Sie die Anfrage und sie wird nach 30 Tagen auf 'abgelaufen' zurückgesetzt. Partner sind also nicht verpflichtet, an dem Programm teilzunehmen oder die Abonnements eines Kunden zu übertragen, wenn sie das nicht wollen," trug Serbus vor.

Dass CSP-Partner Abonnements im Rahmen von NCE (New Customer Experience) nicht übertragen dürfen, war eine der umstrittensten Regelungen des 2022 eingeführten Programms. Die kommende Änderung, die noch in diesem Quartal in Kraft treten soll und deren Einzelheiten Serbus in der Telefonkonferenz mit Partnern erörterte, liegt CRN als Aufzeichnung vor.

Serbus berichtete, dass die Lizenzübertragungen nicht für Szenarien mit hohem Datenaufkommen gedacht sind, sondern nur bei Bedarf stattfinden sollen. Übertragungen seien nur für die Rechnungssteller von Abonnements erlaubt, d. h. für Partner mit direkter Rechnungsstellung und Anbieter im CSP-Programm. Übertragungen für andere Vertriebsformen, wie etwa indirekte Reseller und Direct- und Enterprise Agreements, könnten jedoch zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Stimmen zur NCE-Lizenzübertragung

Auf die Frage von CRN nach weiteren Details zu den Übertragungsrichtlinien erläuterte Microsoft in einer schriftlichen Erklärung, dass "die Änderung der Übertragungsrichtlinien auf der Grundlage des Feedbacks von Partnern vorgenommen wurde und für mehr Flexibilität und ein besseres Partner- und Kundenerlebnis sorgen wird".

Lane Shelton, VP of Business Development beim Microsoft-Partner SHI (Nr. 14 im CRN Solution Provider 500-Ranking 2023), schrieb CRN in einer E-Mail, dass er sich keine Sorgen über die Abwerbung von Kunden durch niedrigere Preise infolge der Richtlinienänderungen machte. "Wir halten das für eine effiziente und kostengünstige Möglichkeit für Kunden, den CSP-Anbieter zu wählen, der ihre Bedürfnisse am besten erfüllt", so Shelton. "Diese größere Flexibilität kann zu einem gesunden Wettbewerb zwischen den Partnern führen, was letztlich die Bandbreite und Qualität der Angebote für die Kunden verbessert."

Shelton sagte, er mache sich auch keine Sorgen über einen Preiswettbewerb und freue sich auf weitere Details von Microsoft zu den Beschränkungen bei Lizenzübertragungen. "Wir sehen das als Gelegenheit, uns durch Mehrwertdienste und nicht nur durch Preispunkte zu unterscheiden."

Jean Prejean, Chefin des Microsoft-Partners Guardian (ein Mitglied der 2024 MSP 500 Liste von CRN) sagte, dass sie eine größere Flexibilität bei Lizenzübertragungen zwar durchaus schätze, aber hoffe, dass Microsoft auch indirekten Wiederverkäufern wie Guardian die Möglichkeit gibt, Übertragungen selbst vorzunehmen. "Diese Anpassung würde uns in die Lage versetzen, unsere Lizenzzuteilungen effektiver zu verwalten und sicherzustellen, dass wir unsere Kunden vollständig unterstützen können – ohne das Risiko einzugehen, für ungenutzte Lizenzen zahlen zu müssen, falls der Kunde sein Geschäft aufgibt oder den Dienstanbieter wechselt", sagte sie.

Die Möglichkeit, dass auch indirekte Reseller, Lizenzen übertragen dürfen, "würde uns dazu ermutigen, mit größerer Zuversicht in den Erwerb zusätzlicher Lizenzen zu investieren und unser Engagement für die Microsoft-Plattform zu verstärken", so Prejean.

Partner sind skeptisch

Serbus sagte in der Telefonkonferenz am Mittwoch vergangener Woche, dass Partner unter dem alten, vor NCE bestehenden System die Abonnements aus einer Vielzahl von Gründen kündigen konnten. Diese Funktion wurde nicht in NCE aufgenommen, und jetzt schließe Microsoft diese Lücke. "Die Partner waren nicht in der Lage, das Problem zu lösen, einen eigenen Kunden selbst zu einem neuen Partner zu bringen", sagte Serbus. "Das hat zu einigen Reibungen geführt und Partner daran gehindert, Dinge zu tun, die sie tun mussten und die sie in der Vergangenheit im alten System tun konnten, das die Grundbedingungen nicht wirklich durchsetzte."

Serbus wies die Teilnehmer der Telefonkonferenz darauf hin, dass die Microsoft-Support-Eskalation möglicherweise bei Streitfällen helfen könne. "Es wird Fälle geben, in denen sich die Partner nicht einigen können. Schließlich müsste beide Partner einer Übertragung zustimmen. Und das Eigentum und die Souveränität des aktuellen Partners müssten respektiert werden.

Auf die Frage eines Gesprächsteilnehmers, was passiert, wenn der neue Partner eines Kunden Abonnements erhält, deren Ablaufdatum nicht mit dem neu geschlossenen übereinstimme, sagte Serbus, dass eine künftige Iteration auch eine Zeitplanungsoption enthalten könnte, um die Belastung zu verringern.

Ein anderer Microsoft-Partner äußerte sich besorgt über Kunden, die Produkte mitbringen, die zu Bedingungen gekauft worden sind, die der Partner normalerweise nicht akzeptiert. Es sei einfach nicht akzeptabel, dass der neue Partner die Bedingungen des Vorgängers nicht sehen kann. Serbus sagte darauf, er werde dieses Feedback an Microsoft weitergeben. Da das Programm stetig weiterentwickelt würde, könnte sich auch dieser Aspekt im Lauf der Zeit verbessern.

Er berichtete, dass Microsoft aktuell auch andere Fragen im Zusammenhang mit der Abrechnung und Preisgestaltung untersuche, einschließlich der Schwierigkeiten von Partnern, Preise über sechs Monate hinaus stabil zu halten.

Auf die Nachfrage einer Microsoft-Partnerin erklärte Serbus, dass das System nicht überwacht werde und Microsoft nicht einsehen könne, was die Partner den Kunden in Rechnung stellen. Die Partnerin äußerte ihre Enttäuschung über die Einführung des Transfers von Partner zu Partner und sagte, dass die Lösungsanbieter trotz bester Absichten von Microsoft versuchen würden, mit niedrigeren Preisen zu überzeugen.

"Die Kunden sind immer auf der Suche nach dem günstigsten Preis", sagte sie. "Wenn ein Kunde mittelfristig etwas wechseln bzw. übertragen möchte, dann meist, weil er gesehen hat, dass jemand anders billiger anbietet." Sie fragte auch, warum Partner-zu-Partner-Transfers vor einem anderen, häufig nachgefragten Wechsel – so etwa Mieter-zu-Mieter-Transfers - verfügbar werden und kommentierte: "Es gibt viel wichtigere Transfers, die hätten stattfinden können."

Auf eine frühere Anfrage von CRN zu Mieter-zu-Mieter-Transfers hatte ein Microsoft-Sprecher vorgeschlagen, dass Partner, die mehr Flexibilität wünschen, monatliche statt jährliche Abonnements abschließen sollten.

Details zur neuen Lizenzübertragung

Der NCE-Transfer nutzt das bereits seit Jahren bestehende Azure-Transfermodell, so Serbus. "Stellen Sie sich das so vor, als ob wir den bestehenden Abläufen eine lizenzbasierte Lösung hinzufügen." Ein übertragenes Abonnement behalte den ursprünglichen Preispunkt und die zugehörigen Promotions, so Serbus. Der ursprüngliche Partner des Kunden - auch Quellpartner oder aktueller Partner genannt - wird nicht doppelt belastet. Dieser Partner zahlt für die Laufzeit bis zur Lizenzübertragung. Der künftige Partner - auch Empfangspartner oder Zielpartner genannt - übernimmt die verbleibenden finanziellen Verpflichtungen nach der Übertragung. Wenn der ursprüngliche Partner im Voraus bezahlt hat, erhält er laut Microsoft eine Gutschrift oder Rückerstattung für die verbleibende Laufzeit nach der Übertragung.

Der Inhaber des Abonnements und der aktuelle Quellpartner des Kunden können sich gegen eine Übertragung aussprechen. Wenn der ursprüngliche Partner und der zukünftige Partner sich nicht einigen können, behält der Quellpartner das Abonnement. Die Übertragungsanfrage erlischt nach 30 Tagen.

Beim eigentlichen In-Portal-Transferprozess akzeptiert der Kunde eine Anfrage für eine zukünftige Partnerbeziehung. Der zukünftige Partner sendet die Übertragungsanforderung an den aktuellen Partner. Der aktuelle Partner legt fest, welche Abonnements übertragen werden sollen, bevor er auf Senden drückt.

Laut Microsoft erhält der neue Partner keine Anreize für ein "Customer Add", da er nicht als neuer Kunde gilt.

Die Kunden müssen eine Beziehung mit dem neuen Zielpartner aufbauen, was bedeuten könnte, dass die Kunden eine Beziehung mit dem Vertriebspartner eines Lösungsanbieters beginnen. Laut Microsoft werden die Übertragungen verschiedene Währungen von Rechnungspartnern unterstützen und regionale Berechtigungen berücksichtigen.

Die Transfers werden über Self-Service und API-Unterstützung verfügen, kündigte Microsoft Manager Brent Serbus in der Telefonkonferenz an. Sie werden direkte Rechnungspartner unterstützen, die zu indirekten Anbietern wechseln, und sie werden nur aktive Abonnements und End-of-Sale-Produkt-SKUs unterstützen.