Google Workspace-Partner sind verärgert über kurzfristige Margenkürzungen
Zahlreiche Google-Vertriebspartner in den USA fürchten um ihr Geschäft, nachdem der Anbieter zum 1. April die Margen für die Erneuerung von Workspace-Lizenzen bei Bestandskunden von 20 auf 12 Prozent kürzt.
Google Workspace will mehr Neugeschäft, kürzt gleichzeitig dafür die Gewinnspanne bei Vertragsverlängerungen (Renewals) zum 1. April. Bei den Partnern führt das neben Unmut und Wut auch zu merkwürdigen Rechnereien und Angst um das eigene Geschäft. "Dies ist nicht nur eine 40-prozentige Kürzung einer Marge, die nur einen kleinen Teil des Geschäfts ausmacht, sondern eine 40-prozentige Kürzung unseres Endergebnisses", sagte ein langjähriger Google Workspace-Partner auf Nachfrage von CRN in den USA, der nicht genannt werden möchte. "Wir arbeiten jetzt seit 15 Jahren mit Google zusammen, und zum ersten Mal überhaupt machen wir ab dem 1. April ein Minus. Das ist die Auswirkung von Googles Umstellung. Und das mit nur 30 Tagen Vorlaufzeit - das ist doch Wahnsinn."
Andere Partner argumentieren, dass die mit einer Vorlauffrist mit 30 Tagen recht kurzfristig angesetzte Margen-Änderung der Lizenzverlängerung die Rentabilität ihres Google Workspace-Geschäfts drastisch beeinträchtigen werde. "Dies wird unsere Gewinne halbieren. Google setzt statt Zuckerbrot die Peitsche ein, um die Partner dazu zu bringen, sich auf das Neukundengeschäft, statt auf Lizenzverlängerungen zu konzentrieren. Aber was Google damit tut, ist, den langfristigen Wert unserer Kundenbeziehungen abzuwerten", so ein größerer Lösungsanbieter. "Wir passen uns dem an, aber für einige kleine Partner ist das ein existenzieller Moment. Einige werden das einfach nicht überleben."
Wie ein Sprecher von Google-Cloud gegenüber CRN erklärte, sieht der Anbieter das Ganze naturgemäß anders. "Wir erhöhen unsere Belohnungen für Partner insgesamt, um ihnen zu helfen, die erheblichen Chancen bei der Bereitstellung hochwertiger Dienste in Bereichen wie generative KI, Cloud-Migration, Datenanalyse und Google Workspace zu nutzen", so der Unternehmenssprecher.
Google "verändert die Chemie
Wieder andere Google-Partner sehen die Veränderung als typisch für Anbieter, die ihre Channel-Gelder heute lieber in die Förderung von Kundenwachstums und Schaffung neuer Werte statt in die Vertragserneuerungen investieren.
"Google wünscht sich ein Wachstum des Verbrauchs und eine Ausweitung des Share of Wallet. Die neue Anreizstruktur ist so konzipiert, dass die Partner für diese Wachstumskennzahlen belohnt werden", so die Meinung von Sanjay Singh, CEO des Google-Partners Onix, der einer der größten Google Workspace-Partner weltweit ist. "Die Margen für eine transaktionale Beziehung ohne Wertschöpfung werden reduziert. Das wird sich auf Partner auswirken, die sich in erster Linie auf Renewals konzentrieren und keine End-to-End-Services anbieten."
Singh sagte, dass die Google-Partner "über die Art und Weise, wie es implementiert wurde, streiten können - die 30 Tage und all das, das ist ein faires Argument - aber wir sehen das alles grundsätzlich nicht als negative Schritte. Selbst mit dieser Kürzung um acht Margenpunkte, was sicher keine Kleinigkeit ist, bleibt Google immer noch der Klassenbeste in der Branche", so Singh. "Google hat einen weiten Weg zurückgelegt, von den Anfängen bis zu dem Punkt, an dem das Unternehmen nach Partnern für die Lösung komplexer Probleme sucht. Sie reduzieren ja nicht den Umfang ihrer Channel-Finanzierung. Sie verändern die Chemie."
Carrie Steyer, Chief Customer Officer des Google-Partners 66degrees, sagte, dass die Margenkürzung für ihr Unternehmen "nicht so schmerzhaft" sei, da Google zusätzliche Rabatte und Anreize für den Channel bereitstellt, um neue Kunden zu gewinnen und zu wachsen. "Diese Änderungen verlangen von uns, dass wir uns auf den Ausbau unseres Kundenstamms und die Steigerung des Verbrauchs bei unseren Kunden konzentrieren", so Steyer. "Indem wir beides tun, werden wir uns nicht nur an Googles Zielen orientieren, sondern auch an unseren eigenen."
Aktuell umfasst das Workspace-Portfolio von Google Gmail, Meet, Drive, Docs, Sheets, Slides und einige generative KI-Funktionen.
40 Prozent Marge für neue Workspace-Kunden
Wie verschiedene Google-Quellen CRN berichten, bewegt sich der Anbieter weiter weg von Vorab-Rabatten und hin zu mehr verbrauchsabhängigen Anreizen. Zudem wolle das Unternehmen seine Partner mit entsprechenden Incentives dazu ermutigen, neue Kunden zu gewinnen und ihren Kundenstamm zu erweitern – statt sich darauf zu verlassen, dass sie jedes Jahr wieder neue Workspace-Vereinbarungen unterzeichnen.
Einige Google-Partner sagten, dass die Senkung der Marge um 8 Prozentpunkte bei der Erneuerung von Workspace-Verträgen verständlich sei, da Google starke Anreize für Neuverträge – circa 40 Prozent Marge für ein Jahr – böte. "Wenn Sie einen 10-Millionen-Dollar-Deal für ein Jahr buchen, verdienen Sie vier Millionen, was doch sehr stattlich ist", sagte Singh von Onix. "Das kommt übrigens noch zu Ihrer Handelsspanne hinzu. Sie erhalten also Ihren Partnerrabatt und darüber hinaus 40 Prozent Nachlass für das erste Jahr."
Google denkt, wir sind faul
Während etliche Partner sagen, dass sie verstehen, was Google mit der Kürzung der Workspace-Erneuerungsmargen zugunsten von Netto-Anreizen für Neugeschäft bezweckt, sind es nicht wenige, die glauben, dass Google den Renewal-Markt einfach nicht versteht.
"Wir wissen alle, dass sie versuchen, Anreize für Wachstum und Upselling zu setzen. Aber letztlich verstehen sie uns Partner nicht. Es gibt eine Menge Partner, die einen Google Workspace-Kunden gegen die Konkurrenz von Microsoft halten. Es ist also ein großes Missverständnis, wenn Google denkt: Unsere Partner würden nicht genug tun. Sie seien faul, also müssten wir ihnen mit dieser Änderung einen Anreiz bieten. Sie sehen einfach nicht, dass der Kampf um die Kundenbindung bereits in vollem Gange ist."
Außerdem habe Microsoft 365 in den letzten Jahren bei den Funktionen für Zusammenarbeit und Kommunikation gegenüber Google Workspace deutlich aufgeholt, so ein weiterer Partner, der seinen Namen nicht bei CRN lesen mag.
"Vor allem dank Satya Nadella hat Microsoft die Lücke zu Workspace geschlossen. Der CEO brachte Teams auf den Markt, die Kommunikation/Zusammenarbeit wurde zum Schwerpunkt, und Microsoft holte auf", findet ein weiterer Google-Partner aus Texas, der ebenfalls anonym bleiben will. "Der Unterschied zwischen Microsoft und Google ist jetzt eigentlich nicht mehr groß. Es ist wie bei Apple und Android. Es gibt nicht diese unglaublichen Kollaborationsmöglichkeiten, die man bei Google bekommt, aber nicht bei Microsoft. Es ist also viel schwieriger, Google Workspace zu verkaufen, als es früher der Fall war."
Microsoft-Kunden zum Umstieg auf Google zu bewegen, sei extrem schwierig, denn Teams böte genug, um die meisten Microsoft-Kunden zufrieden zu stellen. "Es braucht Leidenschaft und Hingabe, um Google Workspace zu verkaufen – daher brauchten wir die 20 Prozent Marge, weil es manchmal eben sechs oder 12 Monate dauert, bis ein Kunde zu Google wechselt", so der Partner.
Singh von Onix argumentiert indessen, dass der Kampf um Microsoft-Kunden nicht durch Technologievergleiche, sondern über Microsofts Lizenzierungspolitik geführt wird: "Es ist ein harter Kampf, weil Microsoft in fast jedem Unternehmen installiert ist. Technologisch betrachtet gibt es keinen klaren Vorteil für Microsoft, und mit dem integrierten Google-Stack können Google-Kunden erhebliche Vorteile erzielen. Um diese Möglichkeiten zu erschließen, bietet Google höhere Anreize und Rabatte, die uns Partnern dabei helfen, den Markterfolg voranzutreiben."
KI als Verkaufsargument
Seit 2023 haben sowohl Google als auch Microsoft an der KI-Front zugeschlagen. Die beiden Unternehmen haben Milliarden Dollar in den Aufbau neuer KI- und generativer KI-Funktionen investiert, die nun in Google Workspace bzw. Microsoft 365 integriert werden. Die Margen-Kürzungen bei Google Workspace für Partner kommen zu einem Zeitpunkt, zu dem sich Microsoft 365 mit seinem AI Copilot-Portfolio als attraktivere Alternative zu Google Workspace mit seinem AI Gemini-Portfolio positionieren will.
"Google glaubt, mit dieser Änderung mehr Google Workspace verkaufen zu können, aber das ist nicht der Fall, denn dadurch wird Workspace für Partner weniger wertvoll", so der schon oben zitierte Google-Partner aus Texas. "Die 20 Prozent Marge waren einfach nötig, damit es sich lohnt, Workspace zu verkaufen."
Inzwischen scheinen er und etliche andere Partner sich langsam mit einem Wechsel zu Microsoft anzufreunden. "Ich wollte Microsoft zwar nicht verkaufen, aber jetzt ziehe ich es in Betracht. Und warum? Weil mein Unternehmen am Leben bleiben muss", so der Tenor.
Einer dieser Partner berichtet, dass er gerade ein Webinar für seine Kunden vorbereitet, in dem er Microsoft 365 mit Copilot und Google Workspace mit Gemini direkt miteinander vergleicht. "Kunden, die sich fragen, ob sie bei Google bleiben oder wegen Copilot zu Microsoft wechseln sollen, möchten wir daran erinnern, dass wir beide Produkte unterstützen", so der in den USA ansässige Partner. "Aber mir wäre es lieber, sie würden mich für den Wechsel zu Microsoft bezahlen, als dass sie wegen Copilot dann zu einem Wettbewerber gehen. Meine Priorität ist es, dass meine Kunden gute Unterstützung bekommen. Das ist für mich wichtiger, als sie bei Google Workspace zu halten."
Kritik am Verfahren
Nahezu alle der von CRN Befragten waren sich einig, dass Googles Ankündigung der Margenkürzung, die nur 30 Tage vor Inkrafttreten erfolgt ist, nicht der richtige Weg war, um die Änderungen einzuleiten. "Wenn Google gesagt hätte: 'Wir werden das über 12 oder 18 Monate hinweg machen', könnten wir darüber reden. Aber innerhalb von 30 Tagen, das ist einfach verrückt", so einer der Partner. "Kein Unternehmen kann sich in 30 Tagen umorientieren, das ist unmöglich. Entweder fangen sie an Geld zu verlieren oder sie schließen innerhalb von sechs Monaten oder sie beginnen, ihre Ersparnisse auszuzehren."
Google-Quellen berichteten CRN, dass Google sein Partner-Ökosystem immer wieder auf den Plan hingewiesen hat, Neugeschäft statt Renewal zu forcieren. Selbst Singh von Onix schimpft: "Ich habe Google gesagt: Leute, darüber hättet ihr uns beim jährlichen Planungszyklus informieren sollen. Sie hätten das Ganze also ein bisschen besser timen können, das ist mal sicher. Aber man muss Google zugutehalten, dass sie diese Warnung schon seit zwei Jahren ausgesprochen haben. Es war also abzusehen, doch keiner von uns wusste, wie schnell und heftig es kommen würde", so Singh.
Während einige Partner erfreut darüber sind, dass Google mehr Geld für Channel-Incentives für Neukundengeschäft ausgeben will, haben andere das Gefühl, dass ihnen der finanzielle Boden unter den Füßen weggezogen wird und ihre Gewinne einbrechen.
"Für uns als Unternehmen sinkt der Gewinn, mit dem wir unsere Rechnungen bezahlen, wegen der Margenkürzung um eine halbe Million Dollar", sagte einer der langjährigen Partner aus Texas. "Zum Glück haben wir ein paar Ersparnisse, können das hier überleben und uns anderen Dingen zuwenden. Andere Partner können das nicht. Ihnen hat Google quasi über Nacht das Geschäft das Geschäft zerstört."
Partner wie Singh sehen das Ganze deutlich gelassener. "Google steckt tatsächlich mehr Geld in den Channel. Wenn man 'A', 'B' und 'C' dessen verkauft, was sie fördern wollen, kann ein Partner eine zwei- oder dreimal so hohe Marge erzielen als zuvor", sagte Singh. "Das ist das ganze Mantra: 'Arbeite für mich, und wir werden dich gut versorgen. Wenn Du nur immer wieder das gleiche Stück Papier erneuerst und uns kein Wachstum bringst, werden wir das zwar honorieren, aber die Marge wird niedriger sein."