Homeoffice: Auch Bechtle pocht auf Rückkehr ins Büro
Von der (pandemiebedingten) Regel zur Ausnahme: Immer mehr IT-Konzerne drängen auf Rückkehr zu einer Präsenzkultur – auch Systemhausriese Bechtle. Vorstand Thomas Olemotz sieht Nachteile zu Lasten des kurz- und langfristen Firmenerfolgs.
Ob SAP, Telekom, IBM, selbst Zoom als Anbieter von Videokonferenzen ein Corona-Pandemie-Gewinner: Immer mehr IT-Unternehmen wollen ihre Mitarbeitenden wieder im Büro sehen. So auch Bechtle. In einer internen E-Mail fordert der Bechtle-Vorstand die Beschäftigen auf, wieder mehr Präsenz im Büro oder bei Kunden zu zeigen. Bechtle stehe vor einem der "herausforderndsten Jahre unserer Jüngeren Unternehmensgeschichte", heißt es in der E-Mail vom Freitag vergangener Woche. Zuerst zitierte die Regionalzeitung Heilbronner Stimme aus der internen Bechtle-E-Mail.
CEO Thomas Olemotz kündigte darin an, dass Homeoffice künftig die Ausnahme sein solle. Begründet wird der Schritt für mehr Präsenz im Büro und bei Kunden damit, die "eigenen Wettbewerbsvorteile voll auszuschöpfen". Dazu seien zwei Maßnahmen erforderlich: "1. Zusammenarbeit. 2. Kreativität. Wir wollen und müssen ein Umfeld schaffen, das die kreative Zusammenarbeit in den Mittelpunkt stellt".
Durch Homeoffice sehe Bechtle ferner die "generationenübergreifende Kompetenzvermittlung" gefährdet. Von den rund 15.000 im Konzern Beschäftigten, davon mehr als 2.300 am Bechtle-Hauptsitz in Neckarsulm, sind rund 900 Auszubildende und dual Studierende. Sie seien auf den persönlichen Kontakt und Austausch mit den Kollegen im Büro angewiesen. "Sie brauchen Vorbilder, sie brauchen das 'zufällige Aufschnappen' von Ideen und Themen, sie entwickeln sich durch direktes Feedback und Partizipation", heißt es in der E-Mail.
Dezentrale Regelungen greifen
Eine zentrale Homeoffice-Regelung gibt es bei Bechtle nicht. Auf Nachfrage von CRN heißt es dazu: "Es gibt aufgrund der vielen, sehr unterschiedlichen Jobprofile keine einheitliche Regelung für mobiles Arbeiten bei Bechtle." Das gelte auch für Tochter- und Landesgesellschaften. Das Systemhaus hat mehr als 100 Gesellschaften im In- und europäischen Ausland, teils mit eigenem Marken-Auftritt.
Die dezentrale Firmenstruktur, die den jeweiligen Geschäftsführern eigener GmbHs unter dem Holding-Dach der Bechtle einen gewissen Entscheidungsspielraum einräumt, gilt als eines der zentralen Erfolgsfaktoren bei Bechtle. Sie soll für Kundennähe sorgen und flexible Maßnahmen in Bezug auf personelle Ressourcen ermöglichen. So hatten in der Vergangenheit einzelne Töchtergesellschaften bei Bechtle Kurzarbeit angemeldet - etwa wenn deren Kunden beispielsweise aus der Automobilbranche ihre Fertigung vorübergehend stilllegten und Mitarbeiter externer Dienstleister ihre Arbeit nicht fortsetzen konnten.