Wie Cisco Webex nach vorne bringen will

2024 soll das Jahr werden, in dem Cisco mit der Videokonferenzlösung Webex stärker im UCC-Markt positionieren will. Statt teamsen oder zoomen sollen Endanwender künftig vor allem "webexen“. Wie das gehen soll, erfuhr CRN im Gespräch mit Jeetu Patel.

Cisco will mit Webex aufholen.

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Cisco will mit Webex aufholen.

Ciscos Executive Vice President und General Manager of Security and Collaboration Jeetu Patel setzt auf den "Schwungrad-Effekt", der sich für Endanwender ergibt, weil die Webex-Plattform nun zusätzlich auch auch die Vorteile von Ciscos Netzwerk-, Sicherheits-, KI- und Beobachtungstechnologie nutzt. Vor allem KI werde in jeden Aspekt der Webex-Plattform einfließen, sagt der Manager.

Der Wettbewerb auf dem Markt für Unified Communications und Collaboration (UCC) ist hart, hat sich seit rund vier Jahren nochmals verschärft. Daher hatte sich Cisco Systems daran gemacht, das Ganze "von Grund auf neu zu denken", um sich gegen Konkurrenten wie Zoom und (Microsoft-) Teams durchzusetzen. Die Wahrnehmung bei Unternehmen und Endanwendern sei eine der größten Herausforderungen, die Webex in diesem Jahr angehen werde, berichtet Patel. Dabei helfen sollen fortgesetzte Produktinnovationen, wobei die Webex-Plattform von der Expertise profitieren werde, die Cisco jenseits von UCC hat.

"Wenn man ein Produkt für Hunderte von Millionen Menschen entwickeln muss, gibt es meiner Meinung nach nur einen skalierbaren Marketingmotor, der immer und immer wieder funktioniert: Mund-zu-Mund-Propaganda", so Patel. "Wenn die Kunden ihr Produkt so sehr mögen, dass sie Freunden und Verwandten immer wieder davon erzählen."

Ende 2023 hatte Cisco eine Reihe neuer Webex-Geräte, -Funktionen und -Upgrades vorgestellt. Dazu gehörten unter anderem neue Real-Time Media Models (RMM), die visuelle und akustische Signale (wie Gesten oder das Verlassen des Raums) während eines Meetings erkennen können. Die Aufgabe der KI-basierten RMMs ist es, die Audio- und Videoqualität zu verbessern, indem sie die Erkennung von Aktionen und Objekte als Kontext nutzen. Der neue KI-Codec von Cisco in Webex, der ebenfalls auf generativer KI-Technologie basiert, löst die Herausforderung der Audioqualität unabhängig von den Netzwerkbedingungen, indem er eine Übertragungsredundanz zur Wiederherstellung bei Netzwerkpaketverlusten ermöglichen soll. Der KI-Assistent umfasst jetzt auch eine Reihe neuer Funktionen, die RMM und Large Language Models (LLMs) einbeziehen, um die Kommunikation und Zusammenarbeit sowohl für hybride Mitarbeiter als auch für Contact Center-Agenten zu verbessern.

Für Vertriebspartner ist die KI-Komponente besonders wichtig . Denn sie wird die Webex-Plattform für Kunden, die in einer hybriden Arbeitsumgebung mehr mit Collaboration- und Contact Center-Tools arbeiten wollen, attraktiver machen. "Cisco verfügt über großartige Innovationen im Videobereich mit viel Intelligenz in den Videogeräten, dem Audio, dem Framing. Und die Kunden mögen auch die Nachhaltigkeitsfunktionen", so die Erfahrung von Joe Berger, VP Ice Digital Experiences bei World Wide Technology (WWT), den Cisco im November als Global Americas Collaboration and Security Partner of the Year ausgezeichnet hatte.

Allerdings habe Webex weiterhin sehr mit der starken Konkurrenz von Teams und Zoom zu kämpfen, berichtet Berger. "Ich denke, aus der Anrufperspektive ist Webex immer noch in einer ziemlich guten Position, und ich glaube, dass sie das mit Contact Center noch verstärken werden. Die Contact Center-Lösung hat schon aufgeholt., und viel künstlichen Intelligenz und Innovationen, die Cisco gerade entwickelt, werden sich in diesem Bereich sehr gut machen."

Veränderte Marktlandschaft

Zu Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 war Cisco neben Zoom und Microsoft Teams der dominierende Anbieter im Collaboration-Markt. Doch während Cisco sein Webex-Portfolio an Meeting-, Calling- und Contact Center-Produkten weiter innovierte, kühlte der Markt nach der Pandemie ab. Um so mehr, als die Unternehmen ihre Mitarbeitenden wieder in die Büros zurückriefen.

Im November 2022 gab Cisco seine Pläne zur "Neuausrichtung" bestimmter Geschäftsbereiche bekannt, was unter anderem einen Stellenabbau im Collaboration-Segment zur Folge hatte. Im ersten Quartal 2023 verzeichnete das Collaboration-Geschäft dann einen zweiprozentigen Umsatzrückgang auf 1,09 Mrd. Dollar.

Ende 2023 hatte Microsoft laut Statista Rersearch 42,3 Prozent Marktabteile, gefolgt von Cisco mit 6,8 Prozent und Zoom mit 6 Prozent. Die verbleibenden 44,4 Prozent teilten sich eine Vielzahl anderer UCC-Hersteller, darunter auch RingCentral.

Jenseits des Wettbewerbs

Obwohl Cisco und Microsoft im UCC-Bereich häufig als Konkurrenten antreten, sehen sich die beiden Unternehmen in erster Linie als Partner, was sowohl für die Vertriebspartner als auch für die Endkunden von Vorteil sei, so Einschätzung von Joe Berger. 2022 hatten die beiden Unternehmen eine "wechselseitige Interpretierbarkeit", also etwas wie Interoperabilität angekündigt. Heute können Anwender von Videokonferenzen wählen, ob sie Cisco Webex oder Microsoft Teams nativ auf ihren Cisco Meeting-Geräten und -Kameras betreiben wollen.

"Das sollte man nicht als Nullsummenspiel sehen. Wenn die Leute Microsoft Teams nutzen, verdient Cisco Geld, denn wir haben die Geräte, die Teams-Implementierungen in Unternehmen unterstützen", so Patel im Gespräch mit CRN. "Tatsächlich wird Microsoft Teams besser, wenn es mit Cisco-Devices läuft, weil es von unseren KI-Fähigkeiten profitiert. Wenn die Leute also lieber Teams nutzen, arbeiten sie ja trotzdem mit uns."

DSGVO-konform in der EU

Hinzu kommt für den deutschen Channel und andere Partner aus der EU, dass Cisco früh technologische Maßnahmen ergriffen hat, um Webex rechtskonform mit den strengen EU-Datenschutzauflagen betreiben zu können. Webex sei mit der höchsten Compliance-Stufe des "EU Cloud Code of Conduct" (EU Cloud CoC) die erste und derzeit einzige Collaboration-Lösung, die diese Zertifizierung trage und erfülle damit auch die EU-Datenschutz-Grundverordnung, wie vom Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB) bestätigt (CRN berichete). Cisco betont damit die Einzigartigkeit von Webex, einer Videokonferenzlösung, die zwar wie Teams von Microsoft, auch von einem US-amerikanischen Anbieter weltweit vertrieben wird, aber in der EU ohne Datenschutzbedenken eingesetzt werden könne.