Microsoft: IRS fordert Steuernachzahlung von rund 29 Milliarden Dollar

Mehrjährige Gerichtsverfahren, Berufungsprozesse und unzählige Verhandlungstage sollen klären, ob der Transfer von Gewinnen und Steueransprüchen an nicht-amerikanische Niederlassungen von Microsoft rechtens war.

Microsoft: IRS fordert Steuernachzahlung von rund 29 Milliarden Dollar

In Zeiten klammer Staatskassen ist Steuervermeidung oder -Flucht ein Thema, bei dem Finanzbehörden Morgenluft wittern. Wie Mittwoch bekannt wurde, hat Microsoft eine Nachforderung der US-Steuerbehörde IRS (Internal Revenue Service) in Höhe von 29,8 Mrd. US-Dollar (zuzüglich Zinsen und Strafzahlungen) bekommen. Der Konzern weist die Forderungen energisch zurück und das der Börsenaufsicht SEC mitgeteilt, dass er gegen diese Forderungen nötigenfalls auch gerichtlich vorgehen wird.

Microsoft bestreitet die Rechtmäßigkeit der IRS-Forderungen, da sich diese auf konzerninterne Verrechnungen beziehen, wogegen sich Microsoft darauf beruft, lediglich angemessene Rückstellungen für Ertragssteuern gebildet zu haben. "Wir rechnen nicht damit, dass diese Frage innerhalb der nächsten 12 Monaten geklärt werden kann. Auf Grundlage der derzeit verfügbaren Informationen erwarten wir in den nächsten 12 Monaten keine wesentliche Erhöhung oder Verringerung unserer Steuerrückstellungen für diese Angelegenheiten", schrieb das Unternehmen an die SEC.

Während es von Microsoft bisher keine offizielle Stellungnahme gibt, sondern lediglich ein Hinweis in einem Blogbeitrag, haben wir uns diesen angeschaut. Im Blog schrieb Daniel Goff, Microsofts Corporate VP für weltweite Steuer- und Zollangelegenheiten, dass Microsoft bereits 2004 mit dem IRS zusammengearbeitet habe, um Fragen zur Aufteilung der Erträge und Aufwendungen des Unternehmens zu klären.

Die jetzige Forderung des IRS stehe in keinem Zusammenhang mit den aktuellen Praktiken von Microsoft. "Wir haben unsere Unternehmensstruktur und -praktiken seit den Jahren des genannten Prüfungszeitraums geändert, so dass die vom IRS aufgeworfenen Fragen zwar für die Vergangenheit, nicht aber für unsere aktuellen Praktiken relevant sind."

Außerdem: "In den Anpassungsvorschlägen des IRS sind die von Microsoft im Rahmen des Tax Cuts and Jobs Act (TCJA) gezahlten Steuern nicht berücksichtigt, was die endgültige Steuerschuld im Rahmen der Prüfung um bis zu 10 Milliarden Dollar verringern könnte." Des Weiteren halte sich Microsoft überall auf der Welt an die Regeln der Steuergesetzgebung und habe seit 2004 allein in den USA über 67 Mrd. Dollar an den Staat abgeführt.

"Der Hauptstreitpunkt ist die Art und Weise, wie Microsoft die Gewinne während dieses Zeitraums auf die einzelnen Länder und Gerichtsbarkeiten verteilt hat", schrieb Goff. "Dies wird gemeinhin als Verrechnungspreisgestaltung bezeichnet. Der IRS hat Vorschriften erlassen, die es Unternehmen erlauben, eine bestimmte Vereinbarung zur Verrechnungspreisgestaltung, die so genannte Kostenteilung, anzuwenden. Viele große multinationale Unternehmen nutzen dies, weil sie die globale Natur ihres Geschäfts widerspiegelt. Da sich unsere Tochtergesellschaften an den Kosten für die Entwicklung bestimmten geistigen Eigentums beteiligten, hatten sie nach den IRS-Vorschriften zur Kostenteilung auch Anspruch auf die entsprechenden Gewinne."

Wo gehören Gewinne hin? Eine Diskussion auch in anderen Ländern außerhalb der USA

Die Frage, wie Unternehmen mit inländischen bzw. internationalen Steuern und Gewinnen umgehen, ist schon lange ein heißdiskutiertes Thema in Finanzbehörden auch anderer Länder. In den USA spitzte sich die Diskussion in den Jahren 2013 und 2014 zu, als die US-Regierung prüfte, ob sie die Ertragssteuer auf Gewinne multinationaler Unternehmen mit Sitz in den USA aus ihren Auslandsgeschäften senken und sie dazu ermutigen sollte, ihre Gewinne aus dem Ausland zu einem hohen Teil in den USA zu versteuern.

Regierungs- und andere Beamte argumentierten damals, dass eine Senkung der Steuern auf im Ausland erwirtschaftete Gewinne im Wesentlichen auf eine unfreiwillige "Spende" für die Unternehmen hinauslaufen würde, die Teile ihrer Geschäftstätigkeit mit der Absicht ins Ausland verlagern, um weniger Steuern zahlen zu müssen.

Multinational aktive Unternehmen stellten sich hingegen auf den Standpunkt, dass es keine Veranlassung gebe, ihre Auslandsgewinne nach Hause zu bringen, wenn die USA nicht bereit seien, Steuerbefreiung zu gewähren, die Körperschaftssteuer insgesamt zu senken oder ein Steuersystem einzuführen, das dem anderer Industrieländer ähnelt. Der so genannte territoriale Steuersatz besteuerte im Ausland erwirtschaftete Einnahmen mit bescheidenen zwei Prozent oder gar nicht.

Im Rahmen des Tax Cuts and Jobs Act (TCJA) von 2017 waren die USA dann dazu übergegangen, die Gewinne, die multinationalen Unternehmen außerhalb der USA erzielen, nicht in die inländische Steuerbemessungsgrundlage einfließen zu lassen.