Mobilfunk-Provider, Energieversorger & Co drohen massenhaft Schadensersatzklagen

Ein Urteil des Landgerichts München gegen Telefónica wegen DSGVO-Verstoß könnte eine Klagewelle auslösen. Es geht um die Weitergabe so genannter Positivdaten von Verbrauchern an die Schufa.

Mobilfunk-Provider, Energieversorger & Co drohen massenhaft Schadensersatzklagen

Noch ist das Urteil gegen Telefónica nicht rechtskräftig, es könnte aber für den TK-Anbieter und seine Wettbewerber Telekom, Vodafone, aber beispielsweise auch für Energieversorger erhebliche Folgen haben. Das Landgericht München I hatte sich in einem konkreten Fall mit der Weitergabe sogenannter Positivdaten von Verbrauchern an die Schufa beschäftigt. Dazu zählen persönliche Daten aus Vertragsabschlüssen, nicht aber Informationen über Zahlungsverhalten. Die Richter hatten zu entscheiden, ob die Weitergabe persönlicher Daten der DSGVO genüge oder nicht.

Geklagt hatte die Verbraucherzentrale NRW gegen Telefónica (Deutschland-Sitz in München) vor dem LG München I und in erster Instanz Recht bekommen (Az.: 33 O 5976/22). 2021 berichteten Medien erstmals über mögliche Verstöße gegen die DSGVO, wenn Unternehmen aus Verträgen mit Privatpersonen Positivdaten an Wirtschaftsauskunfteien übermitteln.

Im Kern hatte sich das LG München I mit der Passage aus dem Vertrag von Telefónica auseinandergesetzt:

"Wir übermitteln zum Schutz der Marktteilnehmer vor Forderungsausfällen und Risiken personenbezogene Daten über die Beantragung, Aufnahme und Beendigung des Telekommunikationsvertrages (Name, Anschrift, Geburtsdatum, Information über den Abschluss dieses Telekommunikationsvertrags, Referenz zum Vertrag) an die SCHUFA, wenn sich dahingehend aus den Verträgen eine hinreichende Relevanz ergibt (Art. 6 Abs. 1 DSGVO)."

Das LG München I ließ die Vorschriften der DSGVO nicht als ausreichende Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung gelten. Telefónica hätte auch problemlos ohne die Datenübermittlung, Verträge mit Verbrauchern abschließen können. Das Gericht bewertet das Interesse der Kunden am Schutz ihrer Daten höher als die Interessen des Unternehmens an der Übermittlung der Positivdaten an die Auskunftei. Die Richter meinten, dass die Weitergabe von Positivdaten an die Schufa nicht gerechtfertigt ist, da diese Daten keine Rückschlüsse auf die Kreditwürdigkeit der Kunden zulassen würden.

Der Klage der Verbraucherzentrale gaben die Richter statt. Telefónica hat Berufung eingelegt. Noch ist also nichts entschieden. Wir aber der Einzelfall höchstrichterlich ebenfalls zugunsten der Klägerin entscheiden, müssen sich alle Anbieter im Massengeschäft mit Laufzeitverträgen an Privatpersonen womöglich auf eine Klagewelle gefasst machen - vor allem die TK- aber auch die Energiebranche.

Die für Massenklagen bekannte Rechtsanwaltskanzlei Dr. Stoll & Sauer, die zum Urteil gegen Telefónica eine Pressemitteilung herausgegeben hat, "rät" Kunden von Mobilfunkanbietern zu einer kostenlosen Erstberatung. Das Urteil des Landgerichts München I sei "ein wichtiges Signal für den Verbraucherschutz," heißt es. "Es stärkt das Recht der Verbraucher auf Privatsphäre und verhindert, dass unberechtigt Informationen über sie weitergegeben werden."

Schadensersatz in Höhe von bis zu 5000 Euro hätten deutschen Gerichten bei Verstößen gegen die DSGVO bereits ausgeurteilt, so die PR von Dr. Stoll & Sauer. "Unserer Ansicht nach ist ein solche Summe auch in Fällen von rechtswidriger Weitergabe von Positivdaten vorstellbar."