Zoom: Mitarbeiter sollen zurück an den Büroschreibtisch

Wer in der Nähe einer Zoom-Niederlassung wohnt, soll zwei Mal pro Woche in die Firma kommen. Mindestens.

Zoom: Mitarbeiter sollen zurück an den Büroschreibtisch

Zoom Video Communications will seine Mitarbeiter wieder im Büro sehen. Wer im 80-Kilometer-Umkreis einer Niederlassung des Videokonferenzriesen wohnt, muß an mindestens zwei Tagen pro Woche persönlich zur Arbeit antreten. Das geht aus einer Mitteilung des Unternehmens hervor, die am gestrigen Montag erschien.

Weltweit hat Zoom aktuell 14 Niederlassungen. Die Ironie, dass ausgerechnet einer der Marktführer für Videokonferenzen und Collaboration die Parole 'Zurück an den Büroschreibtisch!' ausgibt, dürfte sich also nicht nur amerikanischen Nutzern und Wettbewerbern erschliessen.

"Wenn Sie Collaboration-Produkte verkaufen, nimmt die Anweisung, wieder im Büro zu arbeiten, Ihrem Produkt doch irgendwie den Reiz", meint etwa Shane Stark, CEO von Carrier Access Inc. einem Lösungsanbieter, der Telekommunikations- und Collaboration-Services verkauft. "Sein eigenes Futter sollte man auch selber essen."

Aber vielleicht habe Zoom ja auch einfach erkannt, dass Remote Work nicht die einzig wahre Lösung für jede Art von Arbeit und jede Rolle im Unternehmen ist, so Stark. Sein Unternehmen jedenfalls schreibe den Mitarbeitern nicht vor, vom Firmenbüro aus zu arbeiten, sähe aber durchaus einen Wert darin. "Als Inhaber versuchen wir, unsere Leute mit Veranstaltungen und anderen Dingen dazu zu bringen, ins Büro zu kommen, weil wir glauben, dass man direkt, von Angesicht zu Angesicht, manchmal einfach besser zusammenarbeiten kann. Aber wir überlassen es den Mitarbeitern, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen" so Stark.

Zu Beginn der COVID-19-Pandemie vor drei Jahren entwickelte sich Zoom zu einem führenden Anbieter im Unternehmen für Videokonferenzen und Zusammenarbeit. Unternehmen rund um den Globus gingen mehr und mehr dazu über, Telearbeit zu fördern. Seinerzeit lag Zoom bei den monatlichen Nutzerzahlen deutlich vor Wettbewerbern wie Cisco Webex und Microsoft Teams.

Zoom mobilisierte seine Mitarbeiter, um die eigene Plattform schnell auszubauen und zu verbessern, die Sicherheit zu erhöhen und, nicht zuletzt, um weltweit steigende Nachfrage zu bewältigen. Laut eigenen Angaben wuchs Zoom damals innerhalb von 24 Monaten auf das Dreifache seiner ursprünglichen Größe.

Im Februar diesen Jahres dann kündigte Zoom an, dass es 1.300 Mitarbeiter, also etwa 15 Prozent seiner Belegschaft, entlassen werde. In einem internen Memo an die Mitarbeiter teilte CEO Eric Yuan damals mit, dass "jede Organisation" bei Zoom vom Stellenabbau betroffen sein würde.

Der Aktienkurs des Unternehmens ist jedoch nicht erst seit Februar rückläufig,. Der Grund: immer mehr Mitarbeiter auf der ganzen Welt kehren, zumindest in Teilzeit, in ihre Büros zurückkehren. Somit sinkt der Bedarf an Tools für die Fernarbeit. In den letzten 12 Monaten haben Zoom-Aktien etwa 40 Prozent an wert verloren.

"Wir glauben, dass ein strukturierter hybrider Ansatz - d. h. Mitarbeiter, die in der Nähe eines Büros wohnen, müssen an zwei Tagen in der Woche vor Ort sein, um mit ihren Teams zu arbeiten - für Zoom am effektivsten ist", erklärte ein Unternehmenssprecher.

Auf die Ankündigung hin fielen die Zoom-Aktien gestern um knapp 1 Prozentpunkt auf 68,43 Dollar pro Anteilsschein. Damit liegt der Kurs 88 Prozent unter seinem Allzeithoch im Oktober 2020, als eine Zoom-Aktie 559 Dollar gekostet hatte.