Nach Oracle Q1-Ergebnissen: Aktienkurs steigt rasant
Die riesige Pipeline an Aufträgen vor allem für KI und ein sehr optimistischer Ausblick auf die kommenden Jahre haben die Aktie von Oracle beflügelt. Die Aussage von CTO Larry Ellison, künftig weniger Personal zu benötigen und besser dazustehen als der Wettbewerb, verfehlte seine Wirkung an der Börse nicht.
Oracle hat die Erwartungen für sein jüngstes Quartalsergebnis verfehlt. Der Konzern hat Analysten jedoch mit einem Blick auf den Markt beeindruckt. Der Konzern spricht von "verbleibenden Leistungsverpflichtungen" in Höhe von 455 Mrd. US-Dollar und einer Prognose, dass diese in den nächsten Monaten 500 Mrd. Dollar überschreiten werden. Das sei ein Zeichen dafür, dass mit künstlicher Intelligenz Geld zu verdienen wäre – und vielleicht auch eine Chance für Anbieter von Unternehmensanwendungen, die noch nicht erkennen, dass KI zu bedeutenden Einnahmen führen könne.
Maßgeblichen Anteil an der guten Auftragslage hat OpenAI, der Betreiber von ChatGPT. Wie US-Medien berichten, kauft OpenAI von Oracle Rechenleistungen in Wert von 300 Mrd. Dollar in den nächsten fünf Jahren.
Oracle, US-Anbieter von Cloud- und Datenbankprodukten, gab diese "RPO" – den Wert der vertraglich vereinbarten Dienstleistungen, die noch nicht an Kunden geliefert wurden – während seiner Telefonkonferenz zum Ergebnis des ersten Quartals seines Geschäftsjahres 2026 am Dienstag bekannt. Das Quartal für Oracle endete am 31. August.
Larry Ellison, Chief Technology Officer und Mitbegründer, verwies auf KI-Inferenz (wenn ein KI-Modell Daten generiert) als Treiber für die hohen Einnahmen, die sein Unternehmen voraussichtlich erzielen würde.
"Den Menschen geht die Inferenzkapazität aus", sagte Ellison in der Telefonkonferenz. "Letztendlich muss all das Geld, das wir für das Training (von KI-Modellen) ausgeben, in Produkte umgesetzt werden, die verkauft werden, und das ist alles Inferenz. Der Markt für Inferenz ist wiederum viel größer als der Markt für Training."
CEO Safra Catz fügte hinzu, dass Oracle keine Gebäude und Immobilien besitze, was dazu beitrage, die Kosten für diese Einnahmen niedrig zu halten. Oracle besitzt und entwickelt die für Oracle Cloud optimierte Ausrüstung. "Ich weiß, dass einige unserer Wettbewerber gerne Gebäude besitzen", sagte Catz. "Das ist nicht wirklich unsere Spezialität. Unsere Spezialität ist die einzigartige Technologie, das einzigartige Netzwerk, der Speicher, einfach die gesamte Art und Weise, wie wir diese Systeme zusammenstellen."
Oracle rechnet für das Geschäftsjahr mit Kapitalausgaben in Höhe von etwa 35 Mrd. Dollar. "Wenn es mehr ist, ist das eine gute Nachricht, denn das bedeutet mehr Kapazität", sagte die Oracle-Chefin.
Oracle setzt auf KI-App-Generatoren und damit auf weniger Personal
Ellison erklärte den Zuhörern während der Telefonkonferenz am Dienstag, dass Oracle KI zur Entwicklung neuer Anwendungen nutzt und daher nicht mehr dieselbe Anzahl an Mitarbeitern benötige. "Die neuesten Anwendungen, die wir einsetzen, werden nicht von uns entwickelt", sagte er. "Sie werden von KI generiert. Wir glauben, dass wir anderen Anwendungsunternehmen weit voraus sind. Wir berechnen keine separaten Kosten für unsere KI und unsere Anwendungen, da unsere Anwendungen KI sind. Sie bestehen vollständig aus KI. Die neuen Anwendungen, die wir entwickeln, sind nichts anderes als eine Reihe von KI-Agenten, die wir generieren und die mit Workflow (dem Management von Geschäftsprozessautomatisierung von Oracle) verknüpft sind. Das ist alles, was sie sind."
Oracle hat sich durch seine Datenbanken, die Daten vektorisieren, sichern und mit den gängigen KI-Modellen verknüpfen, von seinen KI-Konkurrenten abgehoben, "um eine ChatGPT-ähnliche Erfahrung auf der Grundlage von privaten sowie öffentlich zugänglicher Daten zu bieten", erläuterte Ellison.
Der Mitbegründer von Oracle erklärte, dass sein Unternehmen über Millionen von Kundendatenbanken verfüge, während Anwendungsanbieter nur Zehntausende besitzen. Er nannte keine konkreten Anbieter von Unternehmensanwendungen, wies jedoch später im Gespräch darauf hin, dass Oracle größer sei als ServiceNow und Workday.
"Wir sind besser als alle anderen positioniert, um die Vorteile der Inferenz zu nutzen", sagte er. Oracle brauche zwar weiterhin Mitarbeiter, "aber die Anzahl der benötigten Mitarbeiter ist deutlich geringer. Wir können viel bessere Anwendungen entwickeln und generieren, als wir manuell erstellen könnten."
Das Cloud-Geschäft von Oracle
Catz sagte in der Telefonkonferenz, dass das Cloud-Geschäft von Oracle zusammen mit dem KI-Geschäft weiterwachse, wobei der Bedarf an KI die Migration der Oracle-Datenbanken der Kunden in die Cloud vorantreibe.
Zu diesem Geschäftswachstum tragen unter anderem die Optionen der dedizierten Cloud-Region von Oracle bei. Hinzu kommen Partnerschaften mit anderen Cloud-Anbietern über den gesamten Technologie-Stack hinweg, die Kunden mehr Auswahl bieten. "Wir sind für viele unserer Kunden zur De-facto-Cloud geworden", sagte die Managerin.
Oracle hat sein Cloud-Angebot auf drei Racks für 6 Mio. Dollar reduziert, führte Ellison an. Die Angebote konkurrierender Cloud-Anbieter könnte ihm zufolge das 500-fache dieses Betrags erreichen.
Oracles Q1 im Detail – Kursrallye an der Börse
Der Gesamtumsatz des Anbieters belief sich im Quartal auf 14,9 Mrd. US-Dollar, was ohne Berücksichtigung von Wechselkurseffekten einem Anstieg von 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Wall Street hatte mit 15 Mrd. Dollar gerechnet.
Der Cloud-Umsatz, den Oracle als Infrastructure-as-a-Service plus Software-as-a-Service verbucht, belief sich auf 7,2 Mrd. Dollar. Ohne Berücksichtigung von Wechselkurseffekten entspricht dies einem Anstieg von 27 Prozent.
IaaS belief sich auf 3,3 Mrd. Dollar, ein Plus von 54 Prozent gegenüber dem Vorjahr. SaaS-Umsätze lagen bei 3,8 Mrd. Dollar – ein Anstieg von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Der Softwareumsatz von Oracle sank ohne Berücksichtigung von Wechselkurseffekten um 2 Prozent und belief sich auf 5,7 Mrd. Dollar.
Der Umsatz mit Fusion Cloud Enterprise Resource Planning (ERP) stieg ohne Berücksichtigung von Wechselkurseffekten um 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 1 Mrd. Dollar. Der Umsatz mit NetSuite Cloud ERP blieb mit einem ähnlichen prozentualen Wachstum unverändert.
Das Betriebsergebnis von Oracle nach GAAP betrug 4,3 Mrd. Dollar. Der GAAP-Nettogewinn lag bei 2,9 Mrd. Dollar. Oracle verzeichnete in den letzten 12 Monaten einen operativen Cashflow von 21,5 Mrd. Dollar, was einem Anstieg von 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht.
Der Anbieter rechnet für das Geschäftsjahr mit einem Umsatzwachstum von 77 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 18 Mrd. Dollar aus Oracle Cloud Infrastructure (OCI). Oracle erwartet in seiner langfristigen Prognose, dass der OCI-Umsatz im darauffolgenden Jahr 32 Mrd. Dollar, im Jahr darauf 73 Mrd. Dollar, in vier Jahren 114 Mrd. und dann 144 Mrd. Dollar erreichen werde.
Die Multicloud-Datenbankumsätze der Hyperscaler Amazon, Google und Microsoft waren laut Oracle 16-mal so hoch wie vor einem Jahr.
Die Oracle-Aktie stieg nach Börsenschluss am Dienstag um 26 Prozent und notierte bei etwa 305 Dollar pro Aktie. Am Mittwoch nach US-Börsenschluss gibt Oracle mit 323,33 Dollar aus dem Handel an der Wall Street – ein Tagesplus von fast 36 Prozent.
Musk oder Ellison – wer hat mehr?
Angenehmer Nebeneffekt dieser Kursrallye für den 81.-jähigen Larry Ellison: Er liefert sich aktuell mit Tesla-CEO Elon Musk ein Kopf-an-Kopf-Rennen, wer der reichste Mensch auf Erden ist. Das Ranking wechselt stündlich. Bis heute Vormittag hatte Musk mit 384 Mrd. Dollar Vermögen hauchdünn die Nase vorn. Ellisons Vermögen kletterte durch den jüngsten Kursanstieg von Oracle um rund 100 Mrd. auf 383 Mrd. Dollar.
Der Artikel erschien zuerst bei unserer Schwesterpublikation crn.com.
CRN-Newsletter beziehen und Archiv nutzen - kostenlos: Jetzt bei der CRN Community anmelden