Googles folgenschwere Änderungen bei Gemini AI für Workspace-Partner und Kunden
Gemini AI wird es nicht mehr als Einzellösung geben, Google intergiert das KI-Modell in seine Workspace-Produktivitätssuite. Viele Partner in den USA fühlen sich vor den Kopf gestoßen, fürchten um ihre Margen. Nicht alle aber teilen diese Sorge. Viele hoffen auf Beratungsbedarf bei Kunden.
Viele Google Cloud-Channel-Partner rechnen mit einem enormen Gewinneinbruch durch den überraschenden Schritt von Google, Gemini AI in seine Workspace Business- und Enterprise-Abonnementpläne aufzunehmen. Dadurch sind Funktionen, die zuvor nur als Add-on-Käufe verfügbar waren, jetzt ohne zusätzliche Kosten verfügbar.
Die neue Verkaufsstrategie für Gemini AI sei ein schwerer Schlag für die Rentabilität der Google-Partner, sagt der CEO eines bekannten Google Workspace-Lösungsanbieters, der anonym bleiben will.
"Das ist im Allgemeinen schlecht für Partner", berichtet er CRN. "Als Google unsere Margen für Workspace-Verlängerungen um 40 Prozent kürzte [April 2024], war die Story, dass der Einbruch bei den Margen für Partner mit Gemini AI ausgeglichen würde. Durch diese Änderung werden wir nun aber 80 bis 90 Prozent der Margen bei Gemini verlieren", sagt der CEO.
Google erklärte diese Woche, dass die Gemini-KI-Funktionen nun im Preis von Workspace – das aus Gmail, Chat, Slides, Vids, Docs, Sheets und Meet besteht – für alle Google Workspace Business- oder Enterprise-Benutzer enthalten sein werden. Der separate Kauf als Zusatzoption fällt weg.
Zuvor kostete Google Gemini 20 US-Doller pro Benutzer und Monat für den Gemini Business-Plan oder 30 Dollar pro Benutzer und Monat für Gemini Enterprise, was laut Partnern auskömmliche Margen generierte.
Gleichzeitig erhöht Google jedoch auch die Preise für Google Workspace-Abonnements auf breiter Front. So stiegen beispielsweise die Preise für jährliche und befristete Workspace Business-Abonnements sowie flexible Workspace Business Standard-Pläne um 17 bis 22 Prozent.
Kunden können sich nicht gegen eine Zahlung der Google Gemini AI-Funktionen entscheiden, weil sie jetzt standardmäßig in der Workspace-Suite enthalten sind. Das bringt für viele erhebliche Probleme mit sich.
In einer Erklärung gegenüber CRN zu den Bedenken der Partner sagte ein Sprecher von Google Cloud: "Wie immer stehen wir in ständigem Kontakt mit unserem Partner-Ökosystem, um Aktualisierungen unseres Programms zu besprechen. Aus der Beobachtung unserer Benutzer geht für uns klar hervor, dass KI die Grundlage für die Zukunft der Arbeit ist und ihre transformative Kraft jedem Unternehmen und jedem Mitarbeiter zu einem erschwinglichen Preis zugänglich sein sollte", so der Sprecher in einer E-Mail an CRN und schiebt nach:
"Wir freuen uns über den enormen Mehrwert, den unsere vereinfachte Workspace-Preisgestaltung den Kunden bietet. Dadurch können sich die Partner auf die Förderung der Einführung KI-gestützter Arbeitsplatztools konzentrieren und viel größere, strategische Umsatzmöglichkeiten für unser Ökosystem schaffen."
Umstellung nicht durchdacht
Die Umstellung auf Gemini AI folgt auf Googles Entscheidung vom letzten Jahr, die Marge der Vertriebspartner für Workspace-Verlängerungen von 20 Prozent auf 12 Prozent zu senken, was einer Margenkürzung von etwa 40 Prozent entspricht.
"Partner haben Workspace-Marge geopfert, um Gemini zu fördern, und jetzt verschwindet die Gemini-Marge. Google hat die Auswirkungen auf die Partner nicht durchdacht, was sich meiner Meinung nach zu einem Muster entwickelt", so der CEO des Lösungsanbieters.
Wütende Kunden rufen bei Partnern an
Einige von CRN kontaktierte Google-Partner sagten, sie seien nicht vorab über die plötzliche Strategieänderung informiert worden, was dazu führte, dass sie wütende Anrufe von Kunden erhielten, die sich Sorgen über die mögliche unbefugte Nutzung von KI in ihren Unternehmen machten. "Einer meiner Kunden rief in Panik an und sagte: 'Wir sind nicht bereit für diese KI. Warum ist sie aktiviert? Und warum muss ich anfangen, mehr für etwas zu bezahlen, das ich nicht will?' ", so der CEO gegenüber CRN.
"Der nächste logische Schritt"
Nicht alle Google Cloud-Partner fühlen sich von der neuen Workspace Gemini-Verkaufsstrategie überrumpelt oder gar entmutigt. John Pettit, CTO bei Promevo, einem Google Premier Partner, sagte, die Integration von Gemini in Workspace sei "der nächste logische Schritt".
"Wir sind einer der Top-Partner bei der Bereitstellung von Gemini AI für Google", sagte er und fügte hinzu, dass Promevo im Jahr 2024 "Hunderte" von Workspace Gemini-Deals gewonnen habe.
"Wir haben gesehen, dass viele Leute nach sechs Wochen Nutzung der KI-Technologie echte Gewinne erzielten, aber der Kostenfaktor war einer der Faktoren, die die anfängliche Bereitstellung von Benutzern einschränkten", räumte Pettit ein. Mit den aktuellen Änderungen ist er zufrieden. "Das ist großartig für uns, denn es bedeutet, dass mehr KI in mehr Unternehmen eingesetzt wird und die Kunden den greifbaren Nutzen der Produktivitätssteigerungen erkennen, die sie daraus ziehen können."
Pettit sagte, er sehe mit dem Schritt einige Margenverluste bei Workspace voraus, er erwartet jedoch, dass die kommenden Innovationen von Google dem Channel helfen, mehr Geld zu verdienen. "Es wird definitiv noch mehr Marge geben", sagte er. "Als Nächstes treibt Google den Agentenbereich und die agentenbasierte KI voran."
Partner von Google Cloud sollten sich ihn zufolge auf die nächste große Gewinnchance konzentrieren. "Wenn in technologischer Hinsicht etwas so Umwälzendes passiert, kann man nicht stillhalten", sagte Pettit. "Das wird in absehbarer Zukunft der Trend bleiben."
Vor- und Nachteile der Änderungen bei Google
Ein Topmanager eines Lösungsanbieters und nationaler Google Cloud-Partner in den USA, der jährlich Millionenumsätze mit Google Workspace erwirtschaftet, sagte, die unerwarteten Workspace-Änderungen von Google hätten einige seiner Kunden "völlig durcheinandergebracht".
Es bedeute, dass Unternehmen, die die Einführung der KI-Tools steuern und sicherstellen möchten, und ihre Daten vor der Einführung ordnungsgemäß schützen und Richtlinien für die Art und Weise der Verwendung erstellen wollen, jetzt vor vollendete Tatsachen gestellt seien, "dass KI nun jedem zur Verfügung steht und sie den Zugriff darauf nicht stoppen können", sagte der Topmanager. "Das ist beängstigend."
Brooks Borcherding, CEO von Pythian, einem Top-Partner von Google Workspace, sagte, Google Cloud habe ihn über seine Entscheidung informiert, Gemini in die Workspace-Abonnements aufzunehmen, bevor Google diesen Schritt letzte Woche in seinem Blog-Beitrag ankündigte.
"Mein Team wurde im Voraus über die bevorstehende Änderung informiert", sagte Borcherding. "Wir haben eine erhebliche Akzeptanz von Gemini sogar als eigenständiges Preismodell erlebt, da es den Kunden einen Mehrwert bietet. Davon abgesehen war es unvermeidlich, dass es zusammen gebündelt werden würde."
Schleusen zu KI nun geöffnet (in den USA)
Pythian verwaltet Hunderttausende von Workspace-Plätzen. Borcherding sagte, dass etwa 10 Prozent seiner Workspace-Benutzerbasis bereits vor letzter Woche zu Gemini gewechselt seien.
In Bezug auf den Margenverlust bei Workspace aufgrund der Margenkürzungen letztes Jahr und der nun fehlenden Margen bei Gemini macht sich Borcherding keine Sorgen.
"Gab es theoretisch eine Möglichkeit für mich, die restlichen 90 Prozent der Gemini-Lizenzen zu verkaufen? Potenziell. Aber ich glaube nicht, dass das praktisch oder realistisch war. Kunden haben die Bereitstellungen aus Kostengründen eingeschränkt", sagte der CEO von Pythian. "Von der Gesamtzahl der Lizenzen werden diese 10 Prozent der Workspace-Kunden mit Gemini nun also quasi über Nacht auf 100 Prozent steigen."
Da nun alle seine Workspace-Benutzer Gemini automatisch nutzen können, sind die "Schleusen geöffnet" für Pythian, um mehr KI-bezogene Dienste anzubieten.
Google zieht, wie Microsoft mit Copilot, die Preise nach oben
Googles Entscheidung, Gemini nicht mehr als Add-on zu verkaufen, folgt einem ähnlichen Schritt des KI-Rivalen Microsoft im Verbraucherbereich. Ende 2024 kündigte Microsoft an, dass seine eigenen Copilot Pro AI-Funktionen, die zuvor 20 US-Dollar pro Monat kosteten, Teil des Standardabonnements von Microsoft 365 für Personal- und Family-Pläne in bestimmten Ländern im asiatisch-pazifischen Raum werden würden. Diese Verbraucherpläne werden nicht über Microsoft-Vertriebspartner verkauft.
"Ich verstehe, warum Google die Änderung vorgenommen hat, denn Microsoft hat gerade dasselbe getan", sagt Pettit, CTO von Promevo. Er ist der Ansicht, dass Google Workspace mit Gemini bereits ein Mehrwert für den Kanal sei. "Dass Google KI für alle einführt, bedeutet im Wesentlichen, dass es jetzt viele Organisationen gibt, die schneller herausfinden müssen, wie sie KI in ihrer Organisation einsetzen können", sagte Pettit.
"Einige Leute haben vielleicht an der Seitenlinie gesessen und abgewartet, was passiert. Vielleicht haben sie Budget-Probleme. Googles Schritt beseitigt sozusagen all diese Hindernisse", sagte er. "Es zeigt, dass Unternehmen jetzt die Möglichkeit haben, ihre Organisation mit KI umzugestalten. Und sie werden Partner brauchen, die ihnen dabei helfen."
Der CEO eines anderen Lösungsanbieters sieht das jedoch anders. "Google nimmt Google Gemini jetzt die Margen weg", sagte er. "Es ist in Ordnung, dass Google beschlossen hat, für diese Änderung Umsatz zu opfern. Das ist großartig, aber damit nehmen sie den Partnern, die Googles Strategie und Plan gefolgt sind und Google vertraut haben Umsatz weg."
Der Artikel erschien zuerst bei unserer Schwesterpublikation CRN USA.
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