Fluch und Segen der KI für MSPs
Während sie einerseits KI zu ihren Kunden bringen und sich selbst auf die damit einhergehenden strategischen Veränderungen einstellen müssen, haben MSPs zugleich mit KI-Agenten als Konkurrenz und Gegner zu kämpfen, der viele "in Sachen Sicherheit lächerlich aussehen lassen wird", wie ein führender Cybersicherheitsexperte warnt.
Künstliche Intelligenz verändert die IT-Belegschaft, da KI-Tools zunehmend die Talentlücken in Unternehmen füllen. Über diese Veränderung waren sich führende Sicherheitsverantwortliche kürzlich in einer Diskussion bei einem Security-Roundtable der CRN einig. Die Technologie führt zu einer zunehmend komplexen Berufslandschaft, in der laut dem Forschungsunternehmen Forrester ein Rückgang der Einstellungen von Nachwuchskräften oder Berufseinsteigern bei gleichzeitig steigender Nachfrage nach Spezialisten und KI-orientierten Positionen zu beobachten ist. Dennoch sei die Technologie noch nicht bereit, Menschen bei komplexeren oder anspruchsvolleren Aufgaben zu ersetzen, so die Technologieführer.
Es besteht kaum Zweifel daran, dass KI den Bedarf an Technikern durch Automatisierung verändert und den Fokus von Einstiegspositionen auf spezialisierte KI-Talente verlagert. Für einige Anbieter wird KI aus Wettbewerbsgründen wahrscheinlich sogar zu einem unverzichtbaren Faktor. Anstatt die Technologie jedoch einfach direkt für den Personalabbau einzusetzen, sollten Technologieunternehmen KI derzeit besser dazu nutzen, ihre Gegner im Bereich Cybersicherheit zu bekämpfen, warnten die Führungskräfte bei der CRN-Veranstaltung. So ist sich etwa Dave Baggett, Gründer und CEO von Inky, sicher, dass es zu "massiven Umbrüchen" in der IT-Branche kommen werde, deren langfristige Auswirkungen nur schwer vorhersehbar seien.
KI, der allwissende Junior-Entwickler
"Ich nutze zufällig ChatGPT, aber es gibt auch andere ähnliche Programme wie Claude … für Aufgaben wie das Programmieren. Mir kommt es vor wie ein Junior-Entwickler, der schon alles weiß. Was irgendwie seltsam ist. Sie sind insofern Junior-Entwickler, als sie keinen ästhetischen Geschmack haben", berichtet Baggett und führt aus: "Wenn man sie bittet, eine bestimmte Aufgabe zu erledigen, sagen sie einem einfach, wie man diese Aufgabe erledigt. Sie handeln nicht wie ein menschlicher Fachmann und erklären: 'Du machst das falsch. Das ist die falsche Herangehensweise. Das ist nicht der richtige Ansatz.' Genau das aber macht sie viel, viel schwächer als einen echten Entwickler."
Dieser Schwäche muss nach seinem Dafürhalten – zumindest derzeit – unbedingt noch Rechnung getragen werden. "Wird das behoben werden? Wahrscheinlich schon bald. Aber ich glaube nicht, dass wir schon so weit sind, dass man die Menschen mit wirklich hochqualifizierten Aufgaben ersetzen kann", sagte er. Obwohl diese Idee, Menschen durch KI zu ersetzen, derzeit sehr gehypt wird, ist dies aus Baggetts Sicht zumindest für "anspruchsvollere" Aufgaben wie das Programmieren noch nicht möglich. "Ich bin nicht bereit, meine Mitarbeiter zu entlassen. Ich entlasse niemanden, aber ich sage allen ganz klar: 'Hey, ihr solltet KI nutzen, denn damit könnt ihr eure Produktivität potenziell um das Zehnfache steigern'", beschreibt Baggett seinen Ansatz.
Netzwerkautomatisierung als Pflichtaufgabe
Während einfache Aufgaben wegfallen, werden die IT-Fachleute mit "Level Three" oder schwierigeren technischen Problemen betraut. Zugleich verändern sich die Rahmenbedingungen, unter denen diese Fachleute als Akteure im Netzwerkbereich operieren, konstatierte Xan Stevenson, Leiter Partnervertrieb und Distribution beim Network-as-a-Service-Spezialisten Meter.
"Was die personelle Seite angeht, ob man es nun grauen Tsunami nennen will oder nicht, gibt es nicht genug Netzwerkspezialisten auf dem Markt. Viele MSPs haben hier schlicht und ergreifend mit einem Mangel an Talenten zu kämpfen. Und die Realität ist, dass diese Leute in fünf Jahren nicht mehr da sein werden – sie werden andere Dinge tun.", fasst Stevenson zusammen. "Das bedeutet, dass Sie in der Lage sein müssen, Tier-1- und Tier-2-Probleme als Grundvoraussetzung zu unterstützen und das Netzwerk so schnell und zuverlässig wie möglich zu automatisieren. Wenn Sie das nicht tun, sind Sie einfach keine wettbewerbsfähige Option auf dem Markt", sagte er.
Sicherheit als strategisches Überlebensziel
Der Einstellungsprozess von Mitarbeitern sei deshalb für Berufseinsteiger bereits schwieriger geworden, da Unternehmen auf KI setzen, um mit weniger Aufwand mehr zu erreichen, insbesondere auf der Junior-Ebene, berichtet Adam Winston, Field CTO bei WatchGuard Technologies. "Ich denke, eine der auffälligsten Statistiken hier in der US-Wirtschaft ist, dass wir keine neuen Absolventen einstellen. Denn im Grunde genommen ... hat man diese Fähigkeiten eines Junior-Programmierers. Denkt man das weiter: Wenn die KI dann das Niveau eines mittleren bis professionellen Programmierers erreicht, gelangt man an den Punkt, an dem man nur noch 10 Mitarbeiter im Unternehmen hat, wo es früher 400 waren. Fatal wird das, wenn der Wettbewerbsdruck so groß ist, dass man selbst und die Konkurrenten eine Gewinnspanne und einen Preis erreichen, bei dem die Stückkosten bei Sophos 10 Cent betragen, wir hier bei Watchguard aber mit einer ganzen Reihe von Mitarbeitern sitzen und 50 Cent zahlen, dann ist das der Tag, an dem wir anfangen müssen zu sparen oder aufhören zu existieren, weil der Markt das als den Tag markiert, an dem sie vernichtet werden", sagte er.
Die Antwort besteht für ihn jedoch nicht darin, dass Anbieter und Lösungsanbieter jetzt hektisch damit beginnen, eine Strategie zum Aufbau von agentenbasierten KI-Ersatzlösungen für ihre Belegschaft zu entwickeln. "Überlassen Sie das dem Markt in ein paar Jahren", so Winston. Aus seiner Sicht gibt es aktuell wichtigeres zu tun: "Aber beginnen Sie jetzt damit, sich gegen den agentenbasierten Gegner zu wappnen. Denn der wird Sie in Sachen Sicherheit lächerlich aussehen lassen, wenn Sie sich morgen von diesem Problem überrumpeln lassen", sagte er.
Das potenzielle Personalproblem im Zusammenhang mit der Einführung von KI könne angesichts dieser Herausforderung warten, mahnt Winston. Das viel akutere Problem seien böswillige Akteure, die agentenbasierte KI nutzen, um Unternehmen zu schaden. "Die Aussichten gefallen uns nicht allen. Wir glauben nicht, dass wir in 25 Jahren mit goldenen Uhren hier sitzen und MSP-Arbeit leisten werden. Es wird sich alles komplett verändern", sagte Winston. "Aber wir müssen uns meiner Meinung nach bewusst sein, was das dringendste Problem ist, das wir zu lösen versuchen. Der agierende Gegner wird Sie vorführen, und Sie wappnen sich noch immer nicht dagegen."
Dieser Artikel erschien zuerst bei unserer Schwesterpublikation crn.com
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