Angeblicher Datto-Klon: Kaseya verklagt Slide

In einer Klage wirft Kaseya dem neuen Unternehmen der Datto-Gründer Austin McChord und Michael Fass vor, für seine Backup- und Recovery-Dienste von Datto entwickelte Technologien und Verfahren einzusetzen. Im Gespräch mit CRN erläutern die CEOs von Kaseya und Slide ihre Standpunkte.

Nach Ansicht von Kaseya soll Slide sowohl Technologie als auch UX-Elemente von Datto kopiert haben (Foto: Kaseya / Datto)

Kaseya verklagt den Hersteller von Backup- und Wiederherstellungssoftware Slide wegen Diebstahls geistigen Eigentums. Kaseya wirft Slide vor, dass der Mitbegründer und Vorstandsvorsitzende Austin McChord einfach sein vorheriges Unternehmen Datto neu gegründet habe, das seit der Übernahme durch Kaseya für 6,2 Milliarden Dollar im Jahr 2022 Teil von dessen beliebtem MSP-Toolkit ist. Deshalb beantragt eine einstweilige Verfügung gegen Slide, die das Unternehmen daran hindern soll, sein Backup-Produkt weiter zu verkaufen. Darüber hinaus fordert Kaseya mehrere Arten nicht näher spezifizierter finanzieller Entschädigungen.

"Slide hat sich die Geschäftsgeheimnisse von Datto angeeignet, um ein konkurrierendes BCDR-Unternehmen (Business Continuity and Disaster Recovery) zu gründen, das den Erfolg von Datto untergraben soll, indem es Datto-Kunden kopierte Produkte anbietet, welche die proprietären Technologien von Datto nutzen", heißt es in der Klage von Kaseya. In der am 3. September beim Wirtschaftsgericht Delaware Court of Chancery eingereichten Klage behauptet Kaseya keinen physischen Diebstahl von geistigem Eigentum. Vielmehr beschuldigt Kaseya McChord – der Datto im Keller seiner Eltern gegründet und 2007 auf den Markt gebracht hatte – gezielt ehemalige Datto-Ingenieure eingestellt zu haben, um in kurzer Zeit ein Konkurrenzprodukt zu entwickeln.

Slide widerspricht Vorwürfen

Slide wurde im Februar 2025 gegründet. Neben McChord ist auch der zweite Datto-Gründer, Michael Fass, als CEO mit an Bord. In Gerichtsunterlagen entgegnet Slide, dass McChord und sein Team Slide von Grund auf neu als Backup- und Wiederherstellungsanwendung der nächsten Generation aufgebaut hätten, weil das Team sich ein innovatives Produkt für MSPs auf dem Markt wünschte. "Die Gründer von Slide sind nicht leichtsinnig und respektieren geistiges Eigentum. Wie in diesem Rechtsstreit gezeigt wird, basierte der Erfolg von Slide auf der Einstellung hervorragender Ingenieure, die eine wirklich zukunftsweisende BCDR-Plattform von Grund auf entworfen und sorgfältig aufgebaut haben", argumentieren die Anwälte des in Norwalk, ansässigen Unternehmens in einer Antwort vom 17. September auf die Klage von Kaseya.

CEOs von Kaseya und Slide nehmen gegenüber CRN Stellung

"Wir hatten einfach Grund zu der Annahme, dass unser geistiges Eigentum gefährdet war", erklärte Rania Succar, CEO von Kaseya, gegenüber CRN auf der DattoCon diese Woche, als sie zu der Klage befragt wurde. "Und es ist uns wichtig, dass wir uns damit befassen. Die wichtigste Botschaft, die wir unseren Partnern vermitteln möchten, ist, dass Datenschutz und Cyber-Resilienz einen großen Teil unserer zukünftigen Plattform ausmachen und wir in diesem Bereich wahnsinnig innovativ sind."

Slide beantragte beim Gericht, die Klage von Kaseya abzuweisen und die für Anwälte und Gerichtsgebühren aufgewendeten Kosten zurückzuerstatten. "Unter dem Strich hat Slide seine Technologie eigenständig entwickelt, ohne die Geschäftsgeheimnisse, das geistige Eigentum oder vertrauliche Informationen von Datto zu nutzen", schreiben McChord und Fass in einer Erklärung gegenüber CRN. "Wir glauben an das Rechtssystem, werden uns energisch verteidigen und sind zuversichtlich, dass wir nachweisen können, dass die Behauptungen von Kaseya unbegründet sind."

Die Anwälte von Slide erklärten, das Unternehmen könne im Rahmen des Rechtsstreits nachweisen, dass es Maßnahmen ergriffen habe, um sicherzustellen, dass sein Produkt nicht unter Verwendung von "Datto-Code, Geschäftsgeheimnissen oder vertraulichen Informationen" entwickelt wurde. "Die Beweisaufnahme wird auch zeigen, […] dass das Produkt von Slide nicht unter Verwendung des geistigen Eigentums von Datto entwickelt wurde und dass das eine (vermeintliche) Geschäftsgeheimnis, das Datto in seiner Klage identifiziert hat, von Slide nicht verwendet wird und für eine moderne BCDR-Plattform nicht einmal nützlich ist", erklärt Slide. In seiner Einreichung verwendet das Unternehmen das Wort "vermeintlich" in Klammern.

In einer Erklärung gegenüber CRN sagte McChord, dass Slide innerhalb einer breiten Palette von Backup-Produkten eine Sonderstellung einnimmt. "Halo ist ein PSA. Ninja ist ein RMM. Diese Produkte sind keine Duplikate der Produkte, mit denen sie konkurrieren. Slide ist das auch nicht", schrieb er. "Wir haben ein neues Produkt innerhalb einer bestehenden Produktkategorie geschaffen, genau wie Halo und Ninja. Wir haben etwas völlig Neues geschaffen, für das es eine enorme Nachfrage gibt, und MSPs sind fast genauso begeistert davon wie wir."

Technische Aspekte der Klage

Kaseya-CEO Rania Succar sieht das geistige Eigentum von Datto gefährdet (Foto: Kaseya)

Die Anwälte von Kaseya widmen mehrere Absätze ihrer Klage dem Vergleich der technischen Ähnlichkeiten zwischen Datto und Slide, um zu beweisen, dass das Produkt auf der Grundlage von missbräuchlich verwendeten Geschäftsgeheimnissen entwickelt und nicht von Grund auf neu entworfen wurde. "Die Entwicklung einer voll funktionsfähigen BCDR-Plattform von Grund auf, insbesondere einer mit fortschrittlichen Funktionen wie dem HIR von Datto, das von Datto über mehr als ein Jahrzehnt hinweg entwickelt und verfeinert wurde, wäre ein gewaltiges, zeitaufwändiges und kostspieliges Unterfangen. Und doch hat McChord geprahlt, die Summe, die in Slide investiert worden sei, um [die Markteinführung] zu erreichen, sei im Vergleich zu vielen anderen Start-ups verschwindend gering", heißt es in der Klage unter Berufung auf McChords Aussagen in einem Podcast.

In seiner Antwort weist Slide auf vermeintliche Mängel im technischen Verständnis von Kaseya in Bezug auf Backups und der Definition von Geschäftsgeheimnissen hin. In einem Fall zeigt Slide etwa auf, dass eine von Datto als widerrechtlich angeeignet bezeichnete Funktion als Open-Source-Code verfügbar war und kein geschütztes Geschäftsgeheimnis darstellte. "Der Beklagte gibt auch zu, dass er offizielle VirtIO-Treiber installiert, die von Red Hat gepflegt und digital signiert werden, darunter die Treiber viostor (Speicher) und netkvm (Netzwerk). Der Beklagte bestreitet, dass die Verwendung von Standard-Open-Source-Treibern ein Beweis für die Veruntreuung von Geschäftsgeheimnissen oder ein Fehlverhalten ist", erklärt Slide dazu.

In einem anderen Abschnitt erklären die Anwälte von Kaseya, dass die Produkte und Dienstleistungen von Slide die automatische Installation von Treibern nutzen "und bestimmte Änderungen an der Registrierungsdatenbank vornehmen, um das sofortige Booten eines Backups als VM zu ermöglichen", was auch eine Funktion des Backups von Datto ist. Auch hier argumentierten die Anwälte von Slide, dass diese Funktion kein Geheimnis sei. "Der Beklagte bestreitet, dass das Booten eines Backups als virtuelle Maschine ein Beweis für die Veruntreuung von Geschäftsgeheimnissen oder ein Fehlverhalten ist."

Kaseya: "Mehrere Kunden ... haben neue Geschäfte mit Slide abgeschlossen"

Laut Kaseya hat das Unternehmen bereits mehrere Geschäfte an Slide verloren. "Seit der Gründung von Slide im Februar 2025 haben mehrere Kunden von Datto, bei denen Datto die begründete Hoffnung auf wiederholte Geschäfte erwarten konnte, neue Geschäfte mit Slide statt mit Datto abgeschlossen. Zudem haben mehrere potenzielle Kunden, die Interesse an einer Zusammenarbeit mit Datto gezeigt hatten, ebenfalls neue Geschäfte mit Slide statt mit Datto abgeschlossen", so das Unternehmen.

Slide erklärt dazu, dass es ein modernes BCDR-Produkt und die "hervorragende Kundenbetreuung, die MSPs vor der Übernahme durch Kaseya von Datto gewohnt waren" anbiete. "Infolgedessen gewinnt Slide MSP-Kunden, während Datto seit seiner Übernahme durch Kaseya MSP-Kunden verliert", argumentiert Slide. "Wie jedoch weiter unten ausführlich dargelegt und wie Slide im Laufe dieses Verfahrens zeigen wird, ist die Klage unbegründet und zeigt nur, dass Kaseya zwar möglicherweise eine neue Marketingkampagne startet, in der behauptet wird, dass das Unternehmen die MSP-Community schätzt und bedienen möchte, aber dennoch das gleiche Unternehmen bleibt, das es schon immer war." führen die Juristen aus.

Die Anwälte von Kaseya erklären hingegen, dass Datto nach der Übernahme im Jahr 2022 "floriert" habe. Kaseya habe massiv in die weitere Innovation der Datto-Produkte, die Entwicklung der Wettbewerbsstrategien von Datto und den Aufbau seiner Markt- und Kundenpräsenz investiert, schreiben sie. In der Klage von Kaseya wurde auch behauptet, dass McChord diesen Fortschritt herabgewürdigt und Datto als "veraltet", "alt", "nicht mehr auf dem neuesten Stand" und nicht mehr innovativ bezeichnet habe. Außerdem habe er angedeutet, dass Datto sich nicht um seine Kunden kümmere und nicht in den Kundensupport investiere.

"#DattoMinusKaseyaEqualsSlide"

Datto-und Slide-Gründer Austin McChord weist die Vorwürfe von Kaseya als haltlos zurück (Foto: Datto)

Um ihre Behauptung zu untermauern, dass McChord absichtlich Ideen von Datto übernommen habe, um Slide zu entwickeln, führten die Anwälte von Kaseya außerdem an, dass er einen Kommentar in den sozialen Medien mit dem Titel "Datto Minus Kaseya Equals Slide" (Datto minus Kaseya ergibt Slide) geliked habe. Diese Aussage war Teil eines LinkedIn-Beitrags von Christopher Brescia, CEO von Freshtech IT, der den Hashtag #DattoMinusKaseyaEqualsSlide in seiner Empfehlung des Produkts verwendete. Freshtech IT ist ein MSP mit Sitz in East Hartford, Connecticut. In seinem vollständigen Beitrag schrieb Brescia: "Es war toll, das Team von Slide HQ mit Pat Fuscaldo zu treffen! Ich habe dem Business-Continuity-Team von Freshtech IT ein kleines Geschenk mitgebracht, das ich „DATTO, aber ohne Kaseya 🪦” nenne, auch bekannt als "Jetzt können wir alle nachts viel besser schlafen". Anschließend fügte er den Hashtag #DattoMinusKaseyaEqualsSlide hinzu. CRN hat Breschia um eine Stellungnahme gebeten. McChord hat den Beitrag mit "Daumen hoch" bewertet.

Die Anwälte von Kaseya haben erklärt, dass diese Bewertung ein Beweis dafür sei, dass Slide auf dem Design von Datto basiert und dass dies für MSP-Kunden offensichtlich war. "Die Branche erkannte Slide schnell als das, was es war – ein Versuch von McChord und Fass, Datto zu kopieren", schreiben die Anwälte von Kaseya. "Slide hat deutlich gemacht, dass es auf dem Design von Datto basiert. In den sozialen Medien unterstützte McChord die Aussage eines Kommentators als Reaktion auf die Einführung von Slide, dass "Datto minus Kaseya gleich Slide" sei. Und McChord erklärte als CEO von Slide gegenüber einem Reporter, dass Slide als 'unvollendetes Projekt' aus der Arbeit von McChord und Fass bei Datto ins Leben gerufen wurde", heißt es weiter in der Klage von Kaseya.

17 Ehemalige Mitarbeiter von Datto bei Slide

Kaseya wirft Slide außerdem vor, ehemalige Mitarbeiter von Datto "abgeworben" zu haben, um sein Produkt zu entwickeln. In der Klageschrift wird erwähnt, dass Slide nicht nur McChord und Fass beschäftigt, sondern dass 17 der 30 eingestellten Mitarbeiter zuvor bei Datto gearbeitet haben. Dazu gehören ein ehemaliger leitender Softwareentwickler, Produktmanager, Senior Account Manager und Mitarbeiter, "die zusammen über 100 Jahre lang an den Projekten und Technologien von Datto gearbeitet haben", heißt es in der Klage von Kaseya.

Slide räumte ein, ehemalige Datto-Mitarbeiter eingestellt zu haben, darunter den ehemaligen Chefingenieur von Datto, Jeffrey Knapp, der Datto im Oktober 2022 verlassen hatte und im November 2023 zu Slide kam. Seine unterzeichnete Vertraulichkeitsvereinbarung ist als Anlage in der Klage von Kaseya enthalten. "Seit der Übernahme und auf Anweisung von Kaseya änderte Datto seine Herangehensweise sowohl gegenüber MSPs als auch gegenüber den hervorragenden Mitarbeitern von Datto, die das Unternehmen repräsentierten und seine kundenorientierten Werte verkörperten", schreibt Slide in seiner Antwort auf die Klage von Kaseya. "Die Auswirkungen auf den Ruf von Datto, seine Partner und das gesamte MSP-Ökosystem, die durch die Übernahme durch und die Verbindung mit Kaseya entstanden sind, sind im Internet gut dokumentiert."

Slide bestreitet jedoch, ehemalige Datto-Mitarbeiter dazu benutzt zu haben, um an geschützte Informationen von Datto zu gelangen, oder etwas Unrechtmäßiges oder Unangemessenes getan zu haben. "Es ist natürlich viel einfacher, eine Klage einzureichen, als eine Unternehmenskultur zu ändern", so die Anwälte von Slide. "Daher ist es nicht überraschend, dass Kaseya sich entschieden hat, diese Klage einzureichen."

Dieser unter der Mitarbeit von CJ Fairfield entstandene Bericht erschien zuerst bei unserer Schwester-Publikation crn.com

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