Pure Storage-Gründer: "Nur weil ich John heiße, stelle ich doch nicht nur Johns ein"
Von einer Limitierung auf das Kerngeschäft Datenspeicherung will John Colgrove nichts wissen. Pure Storage sei längst eine Ingenieur-getriebene Softwarecompany mit einem "einzigartigen" As-as-Service-Modell und Finanzierungsangebot: Evergreen sorgt bei Partnern für wiederkehrende Umsätze. Einzigartig ist auch das Outfit Colgroves – das Understatement eines Innovators.
Die Veranstaltung "Accelerate" in Deutschland ist ein fester Termin im Kalender von John Colgrove. Partner, Kunden, die Fachpresse sind in Garching bei München vor Ort. Der US-Amerikaner, der Pure Storage 2009 mitbegründete, war wie im Vorjahr auch dabei. CTO ist sein offizieller Titel, die informelle Bezeichnung "Chief Visionary Officer" beschreibt viel besser, woran "Coz" Colgrove sein Herz verloren hat: Technologie. Er hält über 450 Patente für Computersysteme und Datenspeicherdesign. Der Gründungsingenieure von Veritas Software (2005 mit Symantec fusioniert) ist ein Pionier auf dem Gebiet der Speichertechnologie.
Colgrove hält die 150 TB große SSD in der Hand, das Direct Flash-Modul wird in die Pure Storage-Arrays oder Flash-Blade-Racks eingebaut. Die nächste Generation mit doppelter Speicherkapazität soll kommendes Jahr auf den Markt kommen. Colgrove war schon immer überzeugt, dass All-Flash einer Harddisk im Punkto Performance, Stromeffizienz und Lebensdauer überlegen ist und Rechenzentren der Zukunft nur noch auf Flash setzen werden. Der noch immer höhere Anschaffungspreis werde mit Blick auf die Gesamtkosten mehr als kompensiert.
"Wir sind der Meinung, dass die Kombination aus wartungsarmem Betrieb, kleinerem Platzbedarf und geringerem Stromverbrauch, auch aufgrund des geringeren Kühlungsbedarfs, die Gesamtbetriebskosten (TCO) über einen Zeitraum von sechs Jahren um etwa 40 Prozent senken kann", sagte Pure Storage-Manager Markus Grau schon vor einigen Jahren. Jetzt werden KI-Rechenzentren gebaut, die enorm viel Strom benötigen. Atomkraftwerke kaufen oder bauen ist sicher keine Lösung.
"Wir sind eine Softwarecompany"
Mit Colgrove kann man stundenlang über Speichertechnologie sprechen, so sogar ein Laie wird von seiner Begeisterung angesteckt. "Wir sind eine Softwarecompany", sagt der CTO, das Flash-Modul immer noch in die Höhe reckend. Wie was zusammenpasst?
Flash-Module von Pure Storage basieren auf eigens entwickelten Softwarefunktionen. Das proprietäre DirectFlash-Modul (DFM) verbindet Raw Flash über NVMe (Non-Volatile Memory-Express) direct mit dem Betriebssystem der Speichersysteme und beseitigt Performancehürden bei herkömmlichen SSDs. Flash-Controller und FTL (Flash Translation Layer) sind bei DFM überflüssig. Von der rund 6.000 Mitarbeitern bei Pure Storage sind 1.500 Ingenieure. Colgrove ist der fphrende Kopf und treibt die Entwicklung voran.
Er kann Nerd sein, doch verschlossen und nur introvertiert, wie so viele brillante Forscher, ist Coz nicht. Er spricht über Vertrieb, flexiblen und skalierbaren Bezug von Storage als Dienstleistung, sagt, dass Evergreen Flex und das Finanzierungsmodell von Pure Storage ein Alleinstellungsmerkmal sei, das sich von "Marktbegleitern" unterscheide.
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Aktie auf Jahreshoch
Natürlich ist Colgrove nicht entgangen, dass sich der Claim mancher Konkurrenten geändert hat. Weg vom reinen Storage-Anbieter im Außenauftritt hin zu einer Cybersicherheitsfirma. Das hat wohl damit zu tun, dass Storage immer noch mit austauschbarem "Blech" assoziiert wird, Kunden und der Kapitalmarkt Techfirmen aber mehr Beachtung schenken und sie wertvoller einschätzen, wenn die sich als Experten im Bereich Datamanagement und Dataprotection verorten.
Habe sich "Pure Storage" mit diesem Firmennamen auf das Geschäftsfeld der Datenspeicherung festgelegt? Und müsse seine Company nicht, wie andere, Cybersicherheitsfirmen dazukaufen? - fragt CRN Colgrove. Zumal er auch Vorstandsmitglied von Cerabyte ist, einem Pionier für keramikbasierte Datenspeicherlösungen. "Nein", entgegnet der CTO. Er habe sich nie durch den Firmennamen limitieren lassen. "Nur weil ich John heiße, stelle ich doch nicht nur Johns ein".
Konkret über Akquisitionen will und kann Colgrove öffentlich nicht sprechen. Pure Storage ist börsennotiert: Wachstum zuletzt 12 Prozent auf knapp 3,2 Mrd. US-Dollar, fast 107 Mio. Nettogewinn, nach dem Jahrestief der Aktie Ende April 2025 bei knapp 42 Dollar folgte eine Rallye. Die Aktie von Pure Storage kratzt an der 100 Dollar-Marke und peilt eine Rekordhöhe an.
1,7 Mrd. Dollar schwer ist das Abo-Geschäft (ARR) von Pure Storage, das im vergangenen Fiskaljahr (Ende Februar 2025) um mehr als ein Fünftel zulegte. Die Plattform Evergreen ist das Zugpferd, auch für die Partner von Pure Storage.
Chance auf Wachstum durch die Consumption-Angebote von Pure Storage
Erik Sterck, Inhaber der Erik Sterck GmbH aus Leonberg bei Stuttgart, will den Dienstleistungsanteil seines auf Rechenzentrumskunden fokussierten IT-Dienstleisters mit Evergreen von Pure Storage ausbauen. Sein Unternehmen ist im transaktionalen Business unterwegs, hat also sein Kerngeschäft zu 80 Prozent im Handel mit B2B-Kunden. Hardware soll "Mittel zum Zweck" werden, nämlich hin zu mehr Lösungsverkauf, sagt er.
Seit er sein Unternehmen an die niederländische TTNL-Gruppe verkauft hat, fungiert Sterck als Head of DACH mit dem Auftrag, das Cloud- und Managed-Service-Geschäft sowie Professional Services zu expandieren. Er scoutet den Markt für mögliche Akquisitionen. "Tolle Leute, hohe Innovationskraft, die Chemie passt, kein Vendor-Lock und die Chance auf Wachstum durch die Consumption-Angebote von Pure Storage", nennt der die Gründe, warum man Partner von Pure Storage geworden ist. Auch er glaubt das die Zukunft von Flash im Rechenzentrum. Das hat den 56-jährigen ehemaligen NetApp-Manager zu Colgroves Company geführt. "Pure Storage passt sehr gut zu uns, die haben bei Flash das Rennen gemacht, während alle anderen weg sind", so Erik Sterck.
Schon besetzt: schwarze Lederjacke, schwarzer Rollkragen-Pulli – die kurze Hose noch nicht
Und das Rennen geht weiter, angetrieben durch "Chief Visionary Officer" John Colgrove. Noch ein Unterschied sei erwähnt, weil sich Colgrove demonstrativ so ganz anders präsentiert als andere CEOs von Techkonzernen. Die schwarze Lederjacke ist als Markenzeichnen Nvidia-Chef Jensen Huang vorbehalten, ein schwarzer Rollkragen-Pulli untrennbar mit Apple-Gründer Steve Jobs verbunden. Also tritt Colgrove im T-Shirt und bisweilen in kurzer Hose auf.
Ob vor Journalisten der Fach- oder allgemeinen Wirtschaftspresse: Der US-Amerikaner schert sich nicht um sein Outfit. Coz Colgrove ist ein brillanter Technologieforscher, der schon immer Konventionen sprengt und sich nicht beengen lässt. Schon gar nicht durch einen Business-Anzug.
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