Partner kritisiert Preissteigerungen bei IBM

IBM-Goldpartner Bücker aus Neuss hat nachgerechnet und festgestellt: seit einigen Jahren zieht IBM kräftig die Preise nach oben. Der Lizenzberater spricht von einer "IBMflation" und ärgert sich auch aus einem anderen Grund.

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IBM-Partner Bücker hat nachgerechnet und mit "IBMflation" eine neue Benchmark für Preissteigerung von IBM-Software vorgelegt. Der Chart hat unserer Meinung nach Potenzial, sich zu einem allgemeinen Index für Preiserhöhungen von Business-Software zu entwickeln

Timo Michalik hat bis auf die Nachkommastelle genau nachgerechnet und die Preissteigerungen der letzten Jahre bei Software von IBM mit dem Anstieg der Inflation hierzulande verglichen. Denn dieses leidige Thema muss er als IBM-Goldpartner immer wieder mit seinen Kunden diskutieren. Er sammelt daher Fakten und rechnet vor: Seit 2022 habe IBM seine Softwarelizenzen im Schnitt um 50,8 Prozent erhöht, während die Preissteigerungen hierzulande sich auf 12,3 Prozent belaufen würden. Macht nach Adam Riese eine Diskrepanz von 38,5 Prozent.

Der Gründer des IBM-Spezialisten Bücker GmbH aus Neuss geht noch tiefer in die Analyse, mit dem Ergebnis: Preissprung 2023 mit 24 Prozent, darauf folgten zwei Preisrunden mit jeweils 6 Prozent plus. Sein Fazit: Die Anwenderunternehmen vor allen aus dem deutschen Mittelstand müssen höhere IT-Kosten bezahlen. Michalik spricht von einer "importierten Inflation", die die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen beinträchtig.

IBM langt kräftiger zu als es die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung mit Einbeziehung der Inflation anzeigen würde, meint er. Seine Schlussfolgerung: "Die Preisgestaltung erfolgt somit nicht primär auf Basis makroökonomischer Faktoren, sondern nach unternehmensstrategischen Vorgaben". Letzteres, wenig verwunderlich, beziehe die Interessen der Aktionäre ein.

IBM-Aktionäre: die wissen recht gut, was eine lange Durststrecke bedeutet. Investorenlegende Warren Buffet beispielsweise investierte 2011 fast 11 Mrd. Dollar in Big Blue. 2017 und 2018 stieg er, enttäuscht vom Kursverlauf und von sich selbst, wieder aus. Eine der wenigen Flops des 93.-Jährigen und immer noch CEO von Berkshire Hathaway. Und vielleicht ärgert er sich doppelt. Denn Anfang 2022 notierte das IBM-Papier bei knapp 130 Dollar, aktuell stehen rund 240 Dollar auf dem Kurszettel.

Bei Timo Michalik und wahrscheinlich auch anderen IBM-Softwarepartnern dürfte sich die Begeisterung über diese Performance in Grenzen halten. IBM habe im vergangenen Jahr die Margen für Vertriebspartner im Bereich Wartungsverträge um ein Drittel gekürzt, was den finanziellen Druck auf den IT-Channel verstärke, schreibt die Bücker GmbH.

Der Lizenzberater aus Neuss stellt auch fest, dass Microsoft, Oracle und Adobe in den vergangenen Jahren ihre Preise deutlich angehoben haben. "Dies führt dazu, dass jährlich Milliardenbeträge aus Deutschland in die USA abfließen, während Kapital für heimische Investitionen fehlt. Während US-Technologiekonzerne steigende Gewinne verzeichnen, stehen deutsche Unternehmen unter zunehmendem Kostendruck", so der IBM-Partner. CRN darf anmerken, dass Kunden von VMware und auch von Citrix über Preisanstieg berichten, teils um ein Mehrfaches.

Nun ist Timo Michalik ein leidenschaftlicher Verfechter von IBM-Software. Seine rund 10 Mitarbeiter stehen ihm in nichts nach. Wer als ausgesprochene Experte Orientierung im Lizenzdschungel schafft, muss schon viel Herzblut für diese komplizierte Materie haben. Hinzu kommt, dass IBM-Goldpartner Bücker ein ausgesprochen kreatives Marketing an den Tag legt. Eine erfrischende Tonalität weckt Interesse. Manche freilich könnten es frech und dreist halten, was sich der David gegen einen Goliath erlaubt mit dem ungehobelten Hinweis "IBMflation" auf die Preispolitik von Big Blue.

Ein Grund mehr, bei Timo Michalik nachzuhaken. Hier das Interview …

CRN: Wie reagieren Kunden, wenn Sie Preiserhöhungen an sie weitergeben müssen?

Timo Michalik: Die Reaktionen der Kunden sind so, wie man es bei signifikanten Preiserhöhungen erwartet: Sie sind unerfreut und erschrocken. Meistens ist dies nicht budgetiert, was zu einem deutlichen Mehraufwand in der Beschaffung führt und interne Fragen aufwirft. Unser Vertrieb muss dann erklären, dass nicht wir die Preise erhöht haben, sondern der Hersteller. Kunden verifizieren dies dann über Angebote von anderen Partnern, was den Aufwand weiter erhöht.

Kommen denn Diskussionen über alternative, preisgünstigere Anbieter auf?

Michalik: Selbstverständlich! Es kommen dann aber schnell zwei Fragen auf: Erstens, was die Alternative zur IBM-Software ist. Zweitens: ob der Hersteller eine ähnliche oder andere Preispolitik verfolgt. Wir sind als langjähriger Partner der IBM, recht IBM-minded und wünschen unseren Kunden nicht, vom Regen in die Traufe zu kommen.

Vendor-Lock kann ja auch bedeuten, dass man wegen einer über Jahre gewachsenen, komplex gewordenen IT gar nicht so leicht oder überhaupt nicht zu einem anderen Hersteller wechseln kann. Was tun ihre Kunden dann?

Michalik: Genauso ist es. Die Migrationskosten von Middleware sind hoch. Kunden beißen in den sauren Apfel und zahlen die höheren Preise. Dies reduziert das Budget für neue Software. Wir sehen also weniger Neulizenzverkäufe und vermehrt Lizenzoptimierungen zur Kostenkontrolle.

Wenn man sich die teils Vervielfachung der Lizenzpreise bei VMware oder Citrix ansieht: Sehen Sie da einen Trend zu sehr hohen Preissteigerungen, nicht nur bei von Investoren getriebenen US-Herstellern, sondern allgemein in der Softwarebranche?

Michalik: In den letzten Jahren haben wir viele Preiserhöhungen bei Softwareherstellern erlebt, nicht nur bei US-Unternehmen. Beispielsweise hat HCL Software das Lizenzmodell von HCL Domino, ehemals IBM Domino, gestrafft und die günstigen Lizenzmodelle 2024 aufgekündigt. Kleinere Hersteller haben allerdings nur moderate Preiserhöhungen durchgeführt.

Welche Konsequenzen hat das für die Herstellerstrategie Ihres Hauses?

Michalik: Wollen wir ehrlich sein: das Geschäft ist schwieriger geworden. Insbesondere die Kombination aus Preiserhöhungen und deutlicher Margenkürzung für uns Partner zeigt sich in unseren Zahlen. Unsere provisionsabhängigen Vertriebler arbeiten härter und länger für weniger Geld. Über 20 Jahre waren wir ausschließlich auf IBM ausgerichtet. Durch den Verkauf des Social-Geschäfts der IBM (IBM Domino etc.) an HCL Software haben wir einen weiteren Hersteller an Bord. 2024 haben wir nun Microsoft unserem Portfolio hinzugefügt. Mehr Hersteller zu koordinieren, erhöht allerdings die unproduktive, administrative Arbeit deutlich. Glücklich sind wir darüber nicht.

Durchhalten, auch wenn es weh tun. Bücker-Gründer Timo Michalik kennt das beim Blick auf IBM-Preise und auf der Piste (Foto: Timo Michalik)

Viele Hersteller beteuern immer wieder, die Profitabilität ihrer Partner steigern zu wollen. Welche Erfahrungen machen Sie?

Michalik: Oh ja, die großen Hersteller haben ein hervorragendes Marketingteam. Margenkürzungen im Kerngeschäft der Renewals werden mit potenziell höheren Erträgen bei Neulizenzen verkündet. Aber wie viele davon verkauft man wirklich? Letztendlich bleibt unterm Strich seit Jahren immer weniger für die Partner übrig. Daher steigen immer mehr Firmen aus dem Lizenzgeschäft aus. Aktuell listet IBM noch 90 Partner für Deutschland. Wenn ich mich recht erinnere, waren es über 1.000, als ich mit dem Geschäft angefangen habe.

Gold-Partner kritisiert Preispolitik seines Herstellers, das hören wir meist nur unter der Hand. Sie sprechen das offen aus. Mit welcher Hoffnung?

Michalik: Gute Frage – schwierige Frage! Wir stehen als Partner zwischen den Kunden und den Herstellern. Die Kritik der Kunden hören wir täglich. Wieso wird diese nur unter der Hand weitergegeben und nicht offen und ehrlich darüber diskutiert? Die Preise werden in den USA festgelegt, nicht von IBM Deutschland. Wenn die Butter bei Aldi teurer wird, steht es auf der ersten Seite der Bild-Zeitung. Ich arbeite gerne mit IBM und muss mich tatsächlich für meine offene Art dort rechtfertigen. Meine Hoffnung ist, dass sich IBM durch ehrliches Kunden- und Partnerfeedback wieder mehr den Kunden statt den Aktionären zuwendet. Als kleiner Partner ist das allein schwierig, aber vielleicht folgen andere, statt still das Geschäft einzustellen oder zu migrieren.

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