Nextcloud investiert massiv in digitale Souveränität und Channel-Ausbau
Nächstes Jahr feiert Frank Karlitschek die 10-jährige Gründung des Softwarespezialisten aus Stuttgart, und der CEO hat große Pläne: Internationale Expansion, Personal auf rund 700 Mitarbeiter gewaltig aufstocken, den Channel ausbauen. Sein Plan: mehr als 250 Mio. Euro in "Sovereignty 2030" stecken.
Nextcloud mit Hauptsitz in Stuttgart will in den kommenden fünf Jahren mehr als eine Viertelmilliarde Euro in den Ausbau seines Cloud-Geschäfts investieren. Das ist für einen mittelständischen Softwareanbieter aus Deutschland eine gewaltige Summe. Die weltweite Belegschaft soll auf rund 700 Beschäftigte um das Siebenfache wachsen, das Produktangebot rund um Kollaborationsplattformen soll zum Standard für Partner und deren Kunden werden, die auf Open-Source-basierenden Applikationen aus Europa den Vorzu geben. Innovationen in KI, in Sicherheit und Compliance würden entwickelt, Partnerschaften mit anderen Anbietern gestärkt und schließlich aus der Channel ausgebaut werden. Ein neues Partnerprogramm haben die Schwaben gerade neu aufgelegt.
Gründer und Nexcloud-Chef Frank Karlitschek sieht gute Chancen, dass die massive Expansion sein Unternehmen nicht nur an die Spitze digitalsouveräner Anbieter in Europa führen kann. Er will mit diesen Investitionen eine "branchenweite Bewegung" lostreten und eine Community aufbauen, die Digitalisierung für europäische Unternehmen und Behörden weitgehend unabhängig von den dominierenden US-Hyperscalern realisiert. "Sovereignty 2030" betitelt Karlitschek seinen Investitionsplan, der Name ist Programm.
"Digitale Souveränität ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Deshalb wollen wir nicht einfach nur ein weiteres Partnerprogramm schaffen, sondern ein Ökosystem, das sich diesem Ziel verschreibt, Organisationen auf der ganzen Welt unabhängiger und widerstandsfähiger zu machen", sagt der CEO von Nextcloud. Datenhoheit und Datensicherheit sowie Datenschutz und die Einhaltung heute schon bestehender und kommender EU-Regularien: das alles sollen Unternehmen in eigener Verantwortung übernehmen. Technologische und finanzielle Abhängigkeit von einzelnen Anbietern, soll es nicht geben. Beziehungsweise soll reduziert werden.
Denn Karlitschek ist nicht naiv, er weiß um die Dominanz von "Big Tech" im Markt und wie schwer sich vor allem Behörden tun, digitale Souveränität umzusetzen, falls sie es für nötig erachten. Bayern beispielsweise sieht ein geringes Risiko, abhängig zu sein von "Big Tech". Andere Bundesländer verfolgen dezidiert eine Open-Source-Strategie.
Die Nachfrage nach Nextcloud-Lösungen habe sich laut Anbieter gegenüber dem Vorjahr "weltweit verdreifacht". Die Partner der Stuttgarter, Systemintegratoren und IT-Dienstleister, würden "vermehrt Anfragen nach Lösungen erhalten, die die Abhängigkeit von einer Handvoll großer Technologieunternehmen verringern können".
Über das Nextcloud Partnerprogramm habe der Channel die Möglichkeit, sein Produktportfolio "mit einer datensouveränen Lösung zu erweitern und von dem Trend auch kommerziell zu profitieren".
Die internationale Expansion seines Channels will Nextcloud vorantreiben. "Wir sehen Interesse aus fast allen Regionen der Welt. Daher ist es umso wichtiger für uns, Experten vor Ort zu haben, die mit uns gemeinsam die Kunden auf ihrer Reise in die digitale Souveränität begleiten", sagt Karlitschek.
Mehr Ressourcen für den ChannelNextcloud habe in den Aufbau eines dedizierten Marketing- und Salesteams für die Betreuung der Channel-Partner investiert. Ein dreistufiges Tier-System kategorisiert die Partner klarer als bisher, was die Steuerung der gemeinsamen Aktivitäten vereinfachen soll. Das Programm gibt den Partnern Tools und Wissen an die Hand, die passende Lösung für ihre Kunden zu entwickeln. Das beinhaltet neben einer sofort einsatzbereiten und skalierbaren Software auch maßgeschneiderte Pakete für die Migration, das Deployment, Skalierung und Support "ohne zusätzlichen Aufwand", so Nexcloud. Auch die gemeinsamen Aktivitäten mit Partnern sollen deutlich ausgebaut und die Prozesse effizienter gestaltet werden.
"Europa kann nicht einfach abwarten. Da politische Entscheidungen Zeit benötigen, müssen Unternehmen unsere digitale Souveränität mit einem Bottom-up-Ansatz vorantreiben", sagt Karlitschek. "Deshalb haben wir uns entschlossen, das Thema jetzt in die Hand zu nehmen. Infrastruktur ist zwar wichtig, aber wir glauben, dass Investitionen in Brain Power, Mitarbeitende und Bildung der entscheidende Faktor für Souveränität und digitale Unabhängigkeit sein werden".
Wer ist Nexcloud?
Das 2016 gegründete Open-Source-Unternehmen hat seine Software für File Sharing zu einer umfassenden Kollaborationsplattform weiterentwickelt. Dazu gehören Chat und Videokonferenzen, Office, Groupware (E-Mail, Kalender, Kontakte), ein Tool zur Prozessautomatisierung und ein KI-Assistent. Die Open-Source-Software ist modular aufgebaut und kann mit Hunderten von Apps erweitert werden. Kunden können die Nextcloud-Software selbst in einer Private Cloud betreiben oder sie bei einem vertrauenswürdigen Cloudanbieter ihrer Wahl hosten.
"Wir haben unser Team ständig erweitert und unsere Ausgaben für Forschung und Entwicklung auf mehrere zehn Millionen pro Jahr erhöht", so Nextcloud-Gründer Frank Karlitschek. Venture Capital oder andere externe Finanzierungen nimmt der Cloud-Spezialist nicht in Anspruch. Das Unternehmen hat eigenen Angaben zufolge seinen Auftragseingang in den vergangenen Jahren jeweils um durchschnittlich 50 bis 70 Prozent gesteigert. Nexcloud gibt an, profitabel zu sein.
Zehntausenden von privaten und öffentlichen Organisationen und Millionen von Privatpersonen nutzen die Angebote von Nextcloud. Sie können mit den Applikationen Dokumente bearbeiten und teilen, chatten und Videokonferenzen durchführen sowie E-Mails, Kontakte und Kalender über einfache Web- und Mobil-Apps verwalten. Die Open Source Software ist laut Nextcloud modular aufgebaut und könne mit Hunderten von Apps erweitert werden. Betrieben wird Nexcloud in einer privaten Cloud oder bei einem von Kunden ausgewählten Hoster.
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