Micron opfert "Crucial" zugunsten des KI-Geschäfts
Die vom KI-Boom ausgelöste Speicherkrise fordert ihr erstes Opfer: Der Speicherhersteller Micron stellt seine traditionsreiche Consumer-Marke Crucial ein, um seine Kapazitäten voll auf das boomende KI-Geschäft auszurichten. Nicht nur für die Crucial-Partner sind das schlechte Aussichten.
Die IT-Branche ist sich weitestgehend einig, dass die aktuellen Probleme bei den Verfügbarkeiten von Speicherprodukten, GPUs und CPUs erst der Anfang eines Sturms sind. Die große Frage ist vielmehr, wie heftig er wird und wie lange er anhält. Einen deutlichen Hinweis, oder fast schon eher ein Menetekel, liefert dazu nun Micron, indem es völlig überraschend sein unter der beliebten Marke Crucial laufendes Consumer-Geschäft mit Arbeitsspeicher und SSDs einstellt, "einschließlich des Verkaufs von Produkten der Marke Crucial Consumer bei wichtigen Einzelhändlern, E-Tailern und Distributoren weltweit". Dabei hatte Crucial erst vor wenigen Wochen noch eine Reihe neuer Produkte gelauncht, darunter auch LPCAMM2-Arbeitsspeicher (LPDDR5X) für die stark wachsende Kategorie der KI-Laptops.
Dass einer der drei größten und wichtigsten Speicherhersteller der Welt eine so eingeführte und erfolgreiche Marke mit fast 30-jähriger Geschichte aufgibt, liegt nicht etwa an mangelnden Erfolgsaussichten. Vielmehr sind es die noch besseren Aussichten in anderen Absatzbereichen, insbesondere bei der Hardware für KI-Rechenzentren, die Micron zu dieser "schwierigen Entscheidung" gebracht haben. "Das KI-getriebene Wachstum im Rechenzentrum hat zu einem Anstieg der Nachfrage nach Speicher und Speicher geführt", fasst Sumit Sadana, EVP und Chief Business Officer bei Micron Technology, die derzeitige Ausgangslage zusammen. Deshalb wurde entschieden "das Crucial-Verbrauchergeschäft zu verlassen, um das Angebot und die Unterstützung unserer größeren, strategischen Kunden in schneller wachsenden Segmenten zu verbessern".
Dementsprechend klar ist die in dem Papier genannte Zielvorgabe: "Durch die Konzentration auf Kernunternehmen und kommerzielle Segmente zielt Micron darauf ab, die langfristige Geschäftsleistung zu verbessern und einen Mehrwert für strategische Kunden und Stakeholder zu schaffen." In diesem Sinne soll Crucial nicht abgewickelt, sondern die Mitarbeiter und Kapazitäten möglichst komplett in Richtung der lukrativeren Business-Produktgruppen verschoben werden. Ein Schritt, der für viele klassische Crucial-Partner wie Fachhändler und auch einige PC-Hersteller mit Gaming-Schwerpunkt keine gangbare Option ist. Um die sich auftuenden Lücken bei der Versorgung der vergleichsweise anspruchsvollen Crucial-Kunden adäquat zu füllen, müssen sie sich nun nach anderen Herstellern umschauen. Sowohl deren Anzahl als auch ihre Produktverfügbarkeiten sind jedoch begrenzt.
Crucial beendet die Auslieferung Ende Februar 2026
Auch wenn die Entscheidung keinen sofortigen Stopp bedeutet, bleibt den Partnern im Vertriebskanal nicht allzu viel Zeit, sich umzuorientieren. Nur noch bis zum Ablauf des zweiten Quartals seines Geschäftsjahres, also bis Ende Februar 2026, will Micron den Vertriebskanal beliefern. Darüber hinaus bestehende Aufgaben und Verpflichtungen wie Garantieservice und Support für die Crucial-Produkte verspricht Micron weiterhin selbst zu übernehmen. Ferner will das Unternehmen "eng mit Partnern und Kunden zusammenarbeiten", um ihnen einen reibungslosen Übergang zu ermöglichen.
"Dank einer leidenschaftlichen Community von Verbrauchern ist die Marke Crucial zum Synonym für technische Führung, Qualität und Zuverlässigkeit von Spitzenspeicher- und Speicherprodukten geworden", resümiert Sumit Sadana und bedenkt zum Abschied alle Beteiligten an diesem Erfolg noch mit ein paar warmen Worten: "Wir möchten uns bei unseren Millionen Kunden, Hunderten von Partnern und allen Micron-Teammitgliedern bedanken, die die Crucial-Reise in den letzten 29 Jahren unterstützt haben." Abschließend weist Micron ausdrücklich darauf hin, dass der Verkauf der Unternehmensprodukte der Marke Micron an kommerzielle Channel-Kunden nicht betroffen ist. Ganz im Gegenteil.
Für die Prognosen hinsichtlich der Ausmaße der aufziehenden Speicherkrise sind das trotz der leichten Entlastung für das Enterprise-Segment indes keine allzu guten Zeichen. Zum einen ist Microns Entscheidung für den gesamten Channel ein deutliches Signal, mit wie weitreichenden Auswirkungen die großen Hersteller offensichtlich selbst rechnen. Zugleich wird der Schritt dazu führen, dass die Verfügbarkeit in – zumindest derzeit – weniger lukrativen Geschäftsfeldern wie dem Consumer-Bereich noch weiter absinken wird.
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