Konkurrenz für Raspberry: Qualcomm kauft sich Arduino

Gleichzeitig mit der Bekanntgabe der Übernahme von Arduino kündigt Qualcomm mit dem "Arduino Uno Q" auch direkt das erste Produkt an. Der mit einem Dragonwing-ARM-Prozessor bestückte Mini soll nicht nur dem Raspberry Pi Konkurrenz machen, sondern sich sogar für den Edge-KI-Einsatz eignen.

Qualcomm kauft Arduino und will die Einplatinenrechner für Anwendungen wie Edge-KI empfehlen (Foto: Qualcomm)

Qualcomm übernimmt den italienischen Entwicklerboard-Hersteller Arduiono und sorgt damit für ein kleines Beben in der Maker-Szene, die sich um die Unabhängigkeit sorgt, die Arduino auszeichnet. Diese Sorgen will Qualcomm ihnen direkt nehmen und betont, Arduino werde weiterhin selbständig agieren und seinem Open-Source-Ansatz treu bleiben können. Somit sollten wesentliche Besonderheiten wie die integrierte Entwicklungsumgebung IDE und die für Bastler besonders wichtigen gigantischen Programmbibliotheken erhalten bleiben. Was aber hat der US-Chipgigant dann mit den Einplatinencomputern vor? Diese Frage beantwortet Qualcomm umgehend selbst, indem es parallel zur Bekanntgabe des Kaufs auch direkt das erste Produkt ankündigt.

Arduino mit Doppelherz: MCU und MPU im Duett

Der neue "Arduino Uno Q" unterscheidet sich von seinen Artgenossen wesentlich deutlicher, als das kleine Suffix "Q" zunächst erahnen lässt. Das beginnt bereits beim bisherigen Herzstück, dem Microcontroller (MCU). Hier ist die Q-Variante mit dem STM32U585 von STMicroelectronics bestückt, der mit seinem ARM Cortex-M33 mit 160 MHz einen deutlich schnelleren Kern aufweist, als der in der aktuellen Uno-R4-Variante verbaute Renesas RA4M1, dessen Cortex-M4 lediglich mit 48 MHz taktet.

Darüber hinaus kommt der Uno Q allerdings auch noch mit einem eigenen Mikroprozessor (MPU), mit dem die MCU zum Hilfsarbeiter und der Uno zu einem völlig anderen Gerät wird. Selbstredend stammt die verbaute MPU vom neuen Eigentümer Qualcomm. Der Chiphersteller hat sich dafür entschieden, hier den Dragonwing QRB2210 einzusetzen, der trotz seiner Sparsamkeit ein – für Einplatinenrechner – recht gutes Leistungsspektrum bietet. Angetrieben wird er von vier Cortex-A53-ARM-Kernen, die mit bis zu 2 GHz takten können. Zusätzlich stehen ihnen eine integrierte Adreno-GPU und weitere spezialisierte Zusatzblöcke zur Seite, die etwa eigene Bildsignalprozessoren beinhalten.

Damit wird der Arduino zu einem vollwertigen Mini-Rechner, der auf Linux laufen und sogar Docker (inklusive Compose) unterstützen kann. Mit diesem Upgrade macht der Arduino Uno Q nicht nur dem Raspberry Pi neue Konkurrenz. Qualcomm bewirbt ihn zudem als Basis für KI-Anwendungen am Edge. Natürlich ist hier ein gehöriger Schuss Marketing dabei, um den aktuellen KI-Hype zu bedienen. Immerhin besitzt der Q trotz aller Aufrüstung keine dedizierte NPU-Einheit, wie sie etwa zum effizienten Ausführen vollwertiger LLMs notwendig wäre. Und auch das Kerndesign des Cortex-A53 ist schon über 10 Jahre alt und nicht unbedingt auf die KI-Verarbeitung angelegt.

Entwicklerboard für einfache Edge-KI-Aufgaben

Dennoch sollte die Rechenleistung des Chippakets durchaus reichen, um beispielsweise angepasste Lösungen zur Sprach- oder Bilderkennung nutzbar zu machen. Genau solche Anwendungsfälle dürften auch ein Grund für die Auswahl des Dragonwing-Chips gewesen sein. Denn durch seine Grafikeinheit kann er Bildsensoren mit bis zu 25 Megapixeln ansteuern, oder alternativ auch zwei Sensoren mit jeweils bis zu 13 Megapixeln. Die Kameras dafür können sowohl per USB als auch MIPI-CSI angebunden werden, die Bildausgabe erfolgt über USB Typ C oder MIPI-DSI. Der integrierte Hardware-De- und Enkodierer verarbeitet 1080p-Videos mit 30 fps sowohl mit H.265 als auch H.264.

Erweiterungen, Verfügbarkeit und Preis des Arduino Uno Q

Der Arduino Uno Q zeigt mit seinem Doppelherz aus MCU und MPU, wohin die Reise geht (Foto: Qualcomm)

Zudem hat der Doppelpack aus MCU und MPU noch einen weiteren Vorteil, der insbesondere am Edge wertvoll sein kann: Da der STM32U585 in seinem integrierten Speicher das auf Zephyr OS basierende Arduino Core betreibt, kann er viele einfache Aufgaben selbst übernehmen. Der QRB2210 kann dann im Schlummer-Modus verbleiben und wird nur aktiviert, wenn seine Leistung benötigt wird.

Als Alternative zum Raspberry Pi taugt der Arduino Uno Q indes aktuell nur bedingt. Denn während Raspberry seine Minis mit zahlreichen Anschlussmöglichkeiten versieht, sind diese beim ersten Qualcomm-Arduino derzeit noch reichlich eingeschränkt. Zwar kommuniziert er mit vielen industrie-Interfaces wie ADC, CAN, IC, JTAG, PSSI und UART, allerdings bringt er neben den auch zur Stromversorgung nutzbaren GPIO-Pinleisten als Verbindung zur PC-Welt lediglich einen USB-C-Anschluss mit, der zudem nur USB-2.0-Geschwindigkeit liefert. Der Hersteller empfiehlt deshalb den Einsatz eines USB-Hubs, um die Stromversorgung (5 V / 3 A), und Peripherie abzudecken, sowie eine HDMI-Bildausgabe mit maximal 1.680 x 720 Pixeln (60 Hz) zu realisieren. Denn einen eigenen Monitorausgang gibt es ebenso wenig, wie einen SD-Kartenslot oder PCI-Express-Anschluss für Speichererweiterungen und ähnliche Vorhaben.

Allerdings soll sich das noch ändern, wenn sukzessive verschiedene "Arduino Carrier" genannte Erweiterungsboards erscheinen, die an den dafür vorgesehenen Pin-Leisten an der Unterseite andocken. Bisherige Nutzer von Arduino dürfte auch freuen, dass das Platinenlayout im Wesentlichen identisch bleibt, sodass Gehäuse und andere Hardware-Erweiterungen und -Bauteile weiterhin passen. Zudem für drahtlose Konnektivität ein Funkmodul mit Wi-Fi 5 (2,4 + 5 GHz) und Bluetooth (5.0) zum Standard-Lieferumfang.

Zum Einstieg bringt Qualcomm eine Version des Arduino Q, die mit 2 GB LPDDR4-RAM und 16 GB NAND-Flash-Speicher (eMMC) bestückt ist und 39 Euro kosten soll. Sie kann ab sofort vorbestellt werden und soll ab Ende des Monats ausgeliefert werden. Wer sich noch etwas geduldet, kann im November für 53 Euro auch eine Version mit doppelten Speichergrößen (4 GB RAM, 32 GB Flash) ordern, die noch in diesem Jahr geliefert werden soll.

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