IT-Investitionen wieder stärker unter Druck

Aufgrund der zunehmenden geopolitischen Unsicherheit entwickeln sich die IT-Ausgaben schlechter als erwartet. Waren ursprünglich noch 10 Prozent Wachstum erwartet worden, sind es jetzt nur noch knapp 8 Prozent. Und die kommen fast ausschließlich aus dem KI-Bereich.

Die IT-Investitionen wachsen dieses Jahr weniger als erwartet und zudem vor allem in Geschäftsbereichen, in denen sich nur wenige Spezialisten tummeln (Foto: Lars Bube)

Die weltweiten Investitionen in produktive IT sollen laut der jüngsten Prognose von Gartner 2025 um weitere 7,9 Prozent auf insgesamt 5,4 Billionen US-Dollar wachsen. Was zunächst nach einer frohen Botschaft klingt, bringt bei genauerer Betrachtung allerdings einen gewaltigen Pferdefuß mit sich. Hatten doch die Analysten zu Anfang des Jahres noch mit einem Wachstum von 10 Prozent gerechnet. Weggebrochen ist hier vor allem der erhoffte zarte Aufschwung bei den Investitionen in klassische Unternehmens-IT. Stattdessen sorgen die wachsende geopolitische Unsicherheit durch Kriege und politische Volten wie Donald Trumps erratische Strafzollvorstöße nun für die Aufrechterhaltung des Investitionsstaus in der Wirtschaft.

Unternehmen geben KI-Investitionen Vorrang

Der Großteil des verbleibenden Wachstums stammt aus Investitionen in Künstliche Intelligenz, die laut den Analysten kaum von der schlechten Gesamtstimmungslage betroffen sind. Um angesichts der schnellen Entwicklung auf diesem Gebiet nicht den Anschluss zu verpassen, statten Unternehmen und die öffentliche Hand ihre KI-Initiativen weiterhin mit stattlichen Budgets aus und legen oft sogar noch eine Schippe drauf. Kein Wunder, erwarten doch fast zwei Drittel (62 Prozent) aller CEOs von Großunternehmen, dass KI noch innerhalb der nächsten 10 Jahren die Zukunft des Wettbewerbs nachhaltig verändern wird. Daher sehen sie es aktuell als dringliche Pflicht an, sich durch den frühen und energischen Einstieg in KI-Technologien auf Jahre und Jahrzehnte Vorteile im Wettbewerb und beim notwendigen Know-how zu verschaffen.

"Während die Unternehmen eine Investitionspause bei den Netto-Neuausgaben einlegen, weil die globale Unsicherheit zugenommen hat, wird dieser Effekt durch die laufenden Digitalisierungsinitiativen für KI und generative KI (GenAI) aufgefangen", fasst John-David Lovelock, Distinguished VP Analyst bei Gartner, die aktuelle Situation zusammen.

KI-Boom befeuert den Absatz von Hochleistungs-Hardware

Auch wenn der KI-Boom damit einen ausgleichenden Effekt auf die Gesamtbilanz hat, bedingt er jedoch in der Detailbetrachtung eine erhebliche Verschiebung der Budgets und Umsätze. Wie gewaltig sich diese Umschichtung auswirkt, zeigt sich besonders deutlich am größten Profiteur, dem Geschäft mit spezialisierter Datacenter-Hardware wie sie auch KI benötigt. Der weltweite Umsatz mit Systemen für Rechenzentren soll Gartner zufolge im laufenden Jahr um 42,4 Prozent ansteigen, von 333 Milliarden auf 475 Milliarden US-Dollar. Zum Jahresanfang hatten die Marktforscher hier nur mit 405 Milliarden US-Dollar und einem Plus von 23,2 Prozent gerechnet.

Dieses rasante Wachstum kommt allerdings fast ausschließlich aus dem Bereich der für Training und Betrieb von KI optimierten Hochleistungssysteme, wie Lovelock ausführt: "Die Ausgaben für KI-optimierte Server, die im Jahr 2021 praktisch nicht existierten, werden sich bis 2027 voraussichtlich verdreifachen."

Einsetzende Ernüchterung bei KI-Softwarelösungen

Während KI-Hardware also extrem gefragt bleiben wird, mussten die Analysten jedoch die Prognosen in allen anderen ITK-Geschäftsfeldern zusammenstreichen. Das trifft selbst den Bereich der Devices. Obwohl die Ausstattung mit KI-fähigen Geräten den Firmen einen zusätzlichen Anreiz zur sowieso fälligen Migration auf Windows 11 bietet, bleibt auch die Anschaffung neuer Notebooks und Desktops deutlich hinter den Erwartungen zurück. Statt um 10,4 Prozent sollen die Ausgaben für neue Geräte nun doch nur um 5,4 Prozent wachsen.

Die Umsätze mit dem Verkauf von Software werden der korrigierten Prognose zufolge 2025 bei knapp 1,23 Billionen Dollar liegen. Das bedeutet zwar noch immer ein ordentliches Wachstum von 10,5 Prozent, aber dennoch deutlich weniger als die zuerst angepeilten 1,25 Billionen bei einem Zuwachs von 14,2 Prozent. Dass Software nicht stärker vom KI-Boom profitieren kann, liegt nicht zuletzt daran, dass in vielen Unternehmen eine Ernüchterung hinsichtlich der KI-Nutzung eintritt. Nachdem KI-Lösungen aufgrund der großen Versprechungen oft auf breiter Front getestet wurden, findet angesichts der knappen Budgets nun selbst hier zunehmend eine Fokussierung auf Bereiche und Einsatzgebiete statt, in denen sich schnell und mit wenig investierten Ressourcen messbare Fortschritte erzielen lassen.

"Angesichts der Talsohle der Ernüchterung, durch die GenAI gerade schreitet, wird nun mehr Zeit und Geld für die von den etablierten Softwareanbietern bereitgestellten Funktionen aufgewendet", so Lovelock. CIOs suchen seinen Beobachtungen zufolge verstärkt nach "einfachen Plug-and-Play-Anwendungsfällen" bei den ihnen angebotenen GenAI-Funktionalitäten, kaufen aber selbst diese nur vergleichsweise zurückhaltend ein.

Die aktuelle Prognose zu den IT-Ausgaben 2025 wurde in allen Bereichen außer der Rechenzentrumshardware nach unten korrigiert (Quelle: Gartner)

Kaum Wachstum bei IT-Services und TK

Weniger als halb so stark wie ursprünglich angenommen wachsen auch die Ausgaben für IT-Services, statt um 9 gehen sie wohl doch nur um 4,4 Prozent nach oben. Der anfangs des Jahres berechneten Werts von 1,73 Billionen Dollar werden sie nur 1,69 Billionen Dollar in die Kassen der Dienstleister spülen.

Und auch im letzten von Gartner untersuchten Bereich, den Investitionen in Kommunikationstechnologie, bleibt das Wachstum klar hinter den Erwartungen zurück, die ursprünglich ein Plus von 3,8 Prozent gegenüber 2024 vorausgesehen hatten. Statt 1,42 Billionen Dollar wird der Umsatz nur bei 1,28 Billionen Dollar liegen und damit lediglich um 2,1 Prozent zulegen. Genau wie bei Software und Dienstleistungen wäre das Wachstum somit noch etwas geringer als im Vorjahr. Und das, obwohl 61 Prozent der Verantwortlichen angeben, ihr Unternehmen befinde sich in einer stabileren Position als nach dem ersten Halbjahr 2024.

Für die nahe Zukunft erwarten die Unternehmensverantwortlichen aus allen Branchen wachsende Herausforderungen (Quelle: Gartner)

Fazit: Der ersehnte Aufschwung lässt weiter auf sich warten

Trotz der Zurückhaltung im Zuge der zahlreichen globalen Verwerfungen, wachsen die Investitionen in IT also 2025 wohl erneut, wenn auch weniger als ursprünglich prognostiziert. Statt des erhofften Aufschwungs zeigt sich zur Jahresmitte somit eher Ernüchterung. Diese wird noch dadurch verstärkt, dass sich die Ausgaben immer deutlicher in Richtung hochspezialisierter Lösungen für Künstliche Intelligenz verschieben, insbesondere im Bereich der Rechenzentrumshardware. In den anderen Feldern fällt das Wachstum indes so gering aus, dass es meist nicht viel mehr als die Preis- und Kostensteigerungen abdeckt. "Die Investitionspause ist nicht auf Budgetkürzungen zurückzuführen, da die Mittel weiterhin vollständig zugewiesen sind. Vielmehr ist es eine strategische Entscheidung, neue Ausgaben zu verschieben", beschreibt Lovelock die Lage.

Das bedeutet allerdings gleichzeitig, dass selbst der Bereich der IT-Services, auf den sich auch im Channel immer mehr Anbieter strategisch ausrichten, aus Sicht der Analysten in diesem Jahr kaum nennenswerte Fortschritte erzielen kann. "Die Bereiche IT-Hardware und Infrastruktur sind aufgrund von Preissteigerungen und Unterbrechungen der Lieferkette besonders betroffen. Im Gegensatz dazu bleiben die laufenden oder wiederkehrenden Ausgaben, wie für Cloud- und Managed-Services immerhin stabiler." Ob sich der anhaltende Investitionsstau im nächsten Jahr endlich auflösen wird, wird somit wesentlich davon abhängen, ob sich wenigstens einige der aktuellen politischen, militärischen und ökonomischen Konflikte bis dahin beruhigen oder gar auflösen. Bis dahin bleibt der Vertrieb von KI-Komponenten und -Lösungen der einzig wirklich starke Bereich.

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