"Isch 'abe gar keine Laptop"

Ausgerechnet in einem Fall, in dem Elon Musk dem OpenAI-Chef Sam Altman Wortbruch vorwirft, behaupten nun Musks Anwälte, der Multimilliardär besitze keinen PC oder Laptop. Die dreiste Posse zeigt einmal mehr, wie weit sich Musk dem gesellschaftlichen Erdboden inzwischen entschwebt sieht.

Während Elon Musk auf X seinen Laptop präsentiert, behauptet er vor Gericht, dass es diesen nicht gebe (Foto: Screenshot X)

Lars, but not least (Kommentar)

Die Auseinandersetzung zwischen Elon Musk und dem von ihm mitgegründeten KI-Unternehmen OpenAI spitzt sich weiter zu und sorgt für allerlei erstaunliche Volten. Das beginnt schon bei dem Umstand, dass man das Gefühl nicht loswird, der ganze Streit, der inzwischen mehrere Gerichte beschäftigt, drehe sich im Kern der Sache eigentlich nur um eine einzige gekränkte Eitelkeit. Ganz offensichtlich kann es Musk bis heute nicht verknusen, dass er sich in den Anfangsjahren von OpenAI nicht mit seinen Plänen für eine umfängliche Kommerzialisierung unter seiner alleinigen operativen und finanziellen Kontrolle durchsetzen konnte. Anfang 2018 sagte Musk OpenAI den sicheren Untergang voraus, sollte es nicht in Tesla überführt und vermarktet werden, und schmiss kurz darauf als Co-Vorsitzender hin.

Dass sein Widersacher Sam Altman das Unternehmen anschließend erfolgreich weiter aufbauen konnte, trug nicht gerade zur Beruhigung des kindlich tobenden Tech-Gurus bei. Während der Erfolg seiner vermeintlich überlegenen Eigengründung xAI bislang kaum über das Marketing hinausreicht, ist OpenAI zu einem der zukunftsträchtigsten IT-Unternehmen avanciert, dessen Produkt ChatGPT die ganze Welt mit KI verbindet, wie kein anderes. Im Dezember 2024 schließlich stellte OpenAI Pläne vor, die 2019 gegründete und bislang nur beschränkt kommerzielle OpenAI LP in ein profitorientiertes Unternehmen zu überführen.

Vom Saulus zum Paulus und zurück

Bei Musk führte das quasi über Nacht zu einer erstaunlichen Kehrtwende. Aus dem Verfechter einer reinen Gewinnorientierung wurde der Verteidiger der Unabhängigkeit, der öffentlichkeitswirksam gegen den vermeintlichen Ausverkauf der Technologie an OpenAI-Partner wie Microsoft wetterte und auch eine Klage wegen Vertragsbruch initiierte. Dadurch standen plötzlich auch mehrere NGOs an seiner Seite, die sich sonst gerne kritisch über Musks Firmen und die Eskapaden des Patriarchen äußern, die OpenAI aber ebenfalls als Non-Profit-Organisation erhalten wollen.

Anfang des Jahres setzte Musk dann ein weiteres Mal nach und lancierte einerseits ein Übernahmeangebot für OpenAI. Nachdem dieses umgehend abgelehnt worden war, beschlossen Altman und seine Mitstreiter in die Gegenoffensive zu gehen und verklagten ihrerseits Musk. Unter anderem werfen ihm die ehemaligen Mitstreiter vor, das Geschäft und den Wert von OpenAI durch seine wiederholten Tiraden und das "Fake Übernahmeangebot" signifikant negativ beeinflusst zu haben. Neben einer Entschädigung wollen sie damit insbesondere erreichen, dass Musk gerichtlich verpflichtet wird, weitere Angriffe zu unterlassen.

Digitalpionier ohne Rechner

Doch statt angesichts dieser Situation etwas leiser aufzutreten, erlaubte sich Musk nun ausgerechnet im von ihm angestrengten Verfahren darüber, ob OpenAI Wort und Verträge gebrochen hat, erneut eine schier unglaubliche Dreistigkeit. Als die Richter zur Überprüfung der Vorwürfe Zugriff auf die entsprechenden Daten und Vorgänge sowie auf Musks Laptop verlangten, wurden sie von dessen Anwälten brüsk zurückgewiesen. Sie erklärten den erstaunten Richtern, ihr Mandant arbeite beruflich nicht am PC oder Laptop. Deshalb habe er kein solches Gerät, das herausgegeben werden könne.

Warum das äußerst unglaubwürdig ist, lesen Sie auf Seite 2

Äußerst löchrige Ausrede

Dass ein Manager mehrerer Konzerne diese ohne Computer führen und verwalten soll, wirkt selbst im Smartphone-Zeitalter schon auf den ersten Blick äußerst konstruiert. Umso unglaubwürdiger wird die Aussage, recherchiert man nur ein wenig in Musks öffentlichem Auftreten. So stellt er sich beispielsweise immer wieder als Gamer dar. Eine Aussage, die insofern von anderen Spielern bestätigt wird, als Musk in der Community schon mehrfach vorgeworfen wurde, gerne zu cheaten, also betrügen. Erst Anfang des Jahres hatte Musk etwa öffentlich im Internet mit seinem mächtigen Charakter in "Path of Exile 2" angegeben. Abgesehen davon, dass einige Gamer umgehend Indizien veröffentlichten, dass Musk schlichtweg dritte für das Leveln seiner Figur bezahlt haben dürfte, muss er für die Nutzung des Spiels einen entsprechenden Gaming-Laptop oder PC besitzen.

Noch deutlicher sind einige Posts von Musk auf seiner eigenen Plattform X, in denen der angeblich nicht existente Laptop zu sehen ist. Erst vor einem Monat hatte er zudem auf seinem Dienst X erklärt, dass er das vergleichsweise alte Gerät unter anderem deshalb weiter nutze, da er am darauf sichtbaren "DOGE"-Aufkleber im Dollar-Design hänge, den ihm ein deutscher Fan geschenkt habe. Und auch ehemalige sowie aktuelle Mitarbeiter seiner Firmen bestätigten diese Woche gegenüber US-Medien, dass der Milliardär durchaus ein Laptop besitze und regelmäßig damit arbeite.

Schuss ins eigene xKnie

Ein weiteres Mal scheint es also ganz so, als wähne sich Musk weit über dem Erdboden der Normalsterblichen und damit auch über dem Recht. Eine Einstellung, die auch Altman immer wieder kritisiert, wenn er mutmaßt, Musk sei es im Streit mit ihm noch nie ernsthaft um die Sache gegangen, sondern nur um zwei ganz andere Punkte: Sein Ego und seinen persönlichen Profit. Die Zahl derjenigen, die ihm dabei zustimmen würden, wächst täglich. Selbst ein wachsender Teil der einst so treuen Tesla-Gemeinde wendet sich ab und bekundet mit halb lustigen Aufklebern ihr Missfallen am überheblichen Gebaren des Milliardärs.

Und es bleibt nicht dabei, dass Musk nur seinen eigenen Firmen zu schaden droht. Spätestens seit der Übernahme von Twitter hat Musks öffentliche Aufmerksamkeit eine Dimension erreicht, die auch jede andere Person oder Einrichtung, die in die Schusslinie seines überbordenden Egos gerät, empfindlich zu treffen droht. Im Zweifelsfall erweist er rücksichtslos selbst eben jenen Innovationen und Firmen einen Bärendienst, die er zu fördern vorgibt. Wie eben im genannten Streit mit Sam Altman und OpenAI. Ein Verhalten, das am Ende der gesamten Technologiebranche schaden und das Vertrauen in sie nachhaltig stören kann. Dabei ist gerade das eine der Grundvoraussetzungen, um disruptive Technologien wie KI oder autonomes Fahren zum Erfolg zu bringen.

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