Frankfurt lässt sich zur "Digitalen Hauptstadt der Welt" krönen
Aufgrund seiner herausragenden digitalen Infrastruktur sieht ein globaler Benchmark Frankfurt im Rennen um die weltweite Digitalhauptstadt noch vor anderen Digitalzentren wie dem Silicon Valley und London. Ein Ergebnis ganz im Sinne des Auftraggebers.
Lars, but not least (Kommentar)
Für die meisten Menschen ist das am südlichen Ende der Bucht von San Francisco gelegene Silicon Valley der Inbegriff des technischen Fortschritts und Synonym für den digitalen Nabel der Welt geworden. Ballen sich dort doch so viele Tech-Giganten auf so engem Raum, wie nirgendwo sonst. Unter anderem haben Adobe, AMD, Apple, Cisco, Facebook (Meta), Google (Alphabet), Hewlett-Packard, Intel, Juniper Networks, NetApp, Nvidia, Oracle, Salesforce und VMware ihren Ursprung und meist auch ihren Hauptsitz im Valley – also nahezu das gesamte who-is-who der Digitalindustrie. Und auch die meisten anderen Tech-Größen, Investoren und viele andere haben selbstverständlich inzwischen eine Dependance in dem Gebiet zwischen Palo Alto und San Jose.
Jetzt allerdings schickt sich eine Studie an, spürbar an diesem Nimbus zu kratzen. Die von der Dstream Group durchgeführte Untersuchung zu den weltweit wichtigsten Digitalstädten sieht das Silicon Valley nur auf Platz 8, und damit sogar noch vier Ränge hinter der politischen Hauptstadt Washington D.C., die sonst nicht unbedingt im Ruf eines führenden digitalen Innovationszentrums steht. Und damit nicht genug: Die restlichen vier der fünf Spitzenplätze in der Liste gehen ausnahmslos an europäische Metropolen wie Paris, London und Amsterdam. Den Titel als "Digitale Hauptstadt der Welt" aber sichert sich Frankfurt am Main.
Frankfurt als Herz der digitalen Zukunft
"Die Ergebnisse dieser neuen, unabhängigen Studie unterstreichen die zentrale Bedeutung Frankfurts für den globalen Internetverkehr und zeigen auf, wie wichtig Internetknoten für unsere digitale Wirtschaft sind", freut sich darüber Ivo Ivanov, CEO des Frankfurter Internetknotenbetreibers DE-CIX, und konkretisiert: "Ohne leistungsfähige und resiliente digitale Infrastruktur ist digitale Entwicklung nicht möglich – das wird mit den jüngsten Fortschritten bei Künstlicher Intelligenz immer deutlicher. In Zukunft wird sich die digitale Infrastruktur weiter verdichten und an Digitalen Hubs und Hauptstädten noch stärker konzentrieren."
Serge Radovic, Berater und Co-Autor der Studie bei Dstream Group, gratuliert dem verdienten Sieger: "Frankfurt hat den Titel mehr als verdient. Die Stadt hat jahrzehntelang in die digitale Infrastruktur investiert, beherbergt heute den wichtigsten Interconnection Hub der Welt und bestimmt daher darüber maßgeblich, wie das Internet von morgen für Gesellschaft und Wirtschaft aussehen wird." Ivanov legt hier noch einen drauf und zeigt sich sicher, "Frankfurt wird als Herz des globalen Internets den Pulsschlag des Fortschritts bestimmen". Im Vergleich zum oft kargen Pulsschlag, den der trockene Main im Zuge des Klimawandels nur noch zeigt, dürfte es somit deutlich zukunftsträchtiger sein, die Metropole möglichst bald in "Frankfurt am DE-CIX" umzubenennen.
Sieg mit Gschmäckle
Dass Frankfurt am Ende so klar triumphiert, ist allerdings kein Zufall und wohl nur bedingt seiner durchaus beachtlichen Rolle und Wichtigkeit als Knotenpunkt in der vernetzten Digitalwelt geschuldet. Eher schon ist der Sieg ganz im Sinne des Erfinders – und seines Auftraggebers, eben jenes in Frankfurt sitzenden Internetknotenbetreibers. Denn die Studie bewertet nicht etwa allgemein übliche Faktoren wie die Innovationskraft, den Markenwert, oder das Kapital und Knowhow vor Ort in den 30 ausgewählten Städten. Sie konzentriert sich stattdessen gezielt auf die Infrastruktur rund um örtliche Internetknoten und versucht deren ökonomische Effekte für Unternehmen und Verbraucher zu beziffern und bewerten. Schon der volle Titel der Studie lässt hierbei eine gewisse Tendenz erahnen: "Frankfurt: Die digitale Hauptstadt – Internet-Exchanges als Erfolgsfaktor für digitale Ökosysteme und Volkswirtschaften."
Wertvolle Informationen zu Digitalisierung, Cloud und Co.
Dennoch ist die Studie auf der faktischen Seite alles andere als uninteressant. Sie enthält viele wertvolle Informationen, die beispielsweise die Planung von Rechenzentrumsprojekten und Standortentscheidungen beeinflussen oder Digital- und Förderinitiativen lenken können. Viele der betrachteten Faktoren werden künftig eine zunehmende Rolle für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft spielen. Daher ist es wichtig, wissenschaftliche Kriterien für ihre Einordnung zu entwickeln. "Unsere Studie hat die ökonomischen Effekte von Austauschpunkten messbar gemacht – eine bislang weltweit einmalige Untersuchung dieser Art", betont Radovic zu Recht.
Die Basis für die entsprechende Bewertung bilden rund 30 Einzelindikatoren, die wiederum den vier übergeordneten Kategorien Konnektivität, Rechenzentren, Netzwerke und Internetknoten zugeordnet sind. Die Analysten richten ihren Blick dabei direkt auf Netzwerkinfrastrukturen und deren ökonomische Effekte für Unternehmen und Verbraucher. Dafür betrachten sie im Detail Kennzahlen für bestimmte Bereiche und Anwendungen wie etwa netzwerkbedingte Kosten von Ausfällen für kleine, mittlere und große Unternehmen, Verzögerungen im E-Commerce oder die Auswirkungen von Latenz und Netzstabilität auf Cloud-Projekte. Wichtige digitale Grundlagen also, die heutzutage auch bei Geschäftsentscheidungen äußerst relevant sind.
Meister (fast) aller Disziplinen
Die gewünschte Würze bekommt die Betrachtung dann über Faktoren wie eine nach eigenen Angaben "konservative" Einschätzung des Wertbeitrags von Internetknoten, denen zugleich immerhin eine eigene Kategorie zugeordnet ist. In dieser Gesamtmatrix kann dann beispielsweise Washington D.C. besonders durch seine zahlreichen Rechenzentren glänzen, die sich dort nicht zuletzt wegen der zahlreichen großen staatlichen Behörden und Einrichtungen sowie den günstigen Bedingungen hinsichtlich Energie, Bauplatz und finanziellen Förderungen angesiedelt haben. Singapur kann dafür den Gruppensieg bei der Konnektivität für sich verbuchen. London ist zwar in keiner Gruppe Spitzenreiter, dafür aber sowohl in Sachen Internetknoten als auch bei den Rechenzentren stark aufgestellt.
Frankfurt übertrifft all dies allerdings noch deutlich und platziert sich als einzige Metropolregion in drei der vier Kategorien in der absoluten Spitzengruppe. Mit Spitzenwerten wie 20 leistungsstarken Austauschpunkten, rund 200 Terabit angeschlossener Portkapazität, etwa 2.500 eindeutigen und einmal verbundenen Netzwerken sowie der am stärksten vernetzten Rechenzentrumslandschaft der Welt, sichert sich die Main-Metropole den ersten Platz bei Netzwerken, teilt sich die Krone der Internetknoten mit dem DE-CIX-Hub Amsterdam und belegt zudem Rang zwei bei den Rechenzentren.
Damit geht dann letztendlich auch der Gesamtsieg nach Frankfurt. Ganz wie erhofft. Und auch einige andere wichtige DE-CIX-Standorte wie Amsterdam, New York, Singapur und Tokio haben es in die Top 10 geschafft. Gerade rechtzeitig als kleine Aufmerksamkeit zum 30. Geburtstag DE-CIX – dem unangefochtenen Weltdigitalhauptstadtmacher. Happy Birthday.
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