Deutschlands Chance als Vorreiter bei grüner KI

Mit dem Bau gigantischer KI-Super-Rechenzentren soll sich Europa zum Spitzenstandort für KI entwickeln, eines davon will sich Deutschland sichern. Neben einer besseren Zusammenarbeit der Anbieter und Politik sieht Elke Steinegger von Pure Storage auch in den Energie- Umweltanforderungen einen zentralen Erfolgsfaktor für eine deutsche KI-Gigafabrik.

Die EU will mit Milliardeninvestitionen zum "KI-Kontinent" werden. Spitzenstandorte wie die Leonardo Supercomputer Facility in Bologna dürfen auf einen Ausbau zum KI-Zentrum hoffen (Foto: Europäische Kommission)

Die Europäische Union hat eine Großoffensive gestartet, um beim Zukunftsthema der Künstlichen Intelligenz auf die USA und China aufzuholen und damit sowohl wichtiges Knowhow als auch die notwendigen Rechenkapazitäten für die Zukunft aufzubauen. Insgesamt 200 Milliarden Euro an Fördermitteln, teils aus privater Finanzierung, sollen dafür im Rahmen des Aktionsplans "KI-Kontinent" verteilt werden. Fast ein Viertel davon wird in den Aufbau entsprechender Rechenzentren fließen. Neben bis zu 13 geplanten KI-Factories stehen allein 20 Milliarden für den Bau von KI-Gigafabriken bereit, riesige Rechenzentren mit jeweils rund 100.000 KI-GPUs. Zum Vergleich: Die gerade im Forschungszentrum Jülich eingeweihte AI Factory "Jupiter" bringt es nur auf etwa 24.000 solcher KI-Kerne von Nvidia. Nach aktuellem Stand will die EU bis zu fünf dieser KI-Super-Datacenter mit bis zu 35 Prozent der Kosten fördern.

Hickhack um deutsche KI-Gigafactory

Auch Deutschland macht sich berechtigte Hoffnungen, sich eines der Höchstleistungs-Rechenzentren zu sichern. Ob das wirklich gelingt, hängt nicht zuletzt an den großen Technologieunternehmen, die eine solche Gigafactory gemeinsam errichten und betreiben müssten. Allerdings haben sich die Deutsche Telekom (T-Systems), Ionos, SAP, Siemens und die Lidl-Mutter Schwarz (Schwarz Digits) nach einem gemeinsamen Start inzwischen heillos zerstritten. Nach einem monatelangen Machtkampf um Standorte und Führungsansprüche kochen nun einige Anbieter ihr eigenes Süppchen und versuchen dafür auch die Politik zu gewinnen. So haben etwa Schwarz und die Telekom eine eigene Initiative gestartet, während letztere gleichzeitig gemeinsam mit der Bundesregierung und Nvidia am Projekt einer rein deutschen KI-Fabrik arbeitet. Ionos konnte indes das Land Bayern als Unterstützer für sein Konsortium gewinnen.

Dabei wäre es selbst in einer gemeinsamen Kraftanstrengung Herausforderung genug, auch tragfähige Geschäftsmodelle mit Infrastrukturleistungen, Dienstleistungen und Lösungen auf KI-Basis zu entwickeln. Immerhin müssen die von Experten auf etwa 6 Milliarden Euro taxierten Errichtungskosten zumindest teilweise wieder eingespielt und der Betrieb gesichert werden. Zwei wesentliche Faktoren zur Erreichung dieser ökonomischen Ziele sowie auch der angestrebten Spitzenposition bei Spitzentechnologie und Kompetenzen werden allerdings bisher unterschätzt: Energie und Ökologie.

Zukunftschancen nicht verspielen

Deshalb argumentiert Elke Steinegger, Regional Vice President Deutschland & Österreich bei Pure Storage, dass der Streit beigelegt werden und ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit von Beginn an Teil der Planung einer KI-Gigafabrik in Deutschland sein müssen. Sie erklärt, wie ein umweltfreundlicher KI-Gigant drohende Probleme wie die hohen Energiepreise und instabile Netze lösen kann, und wie dadurch zugleich ein vielfacher Nutzen für die Anbieter selbst, die Wirtschaft und Gesellschaft entsteht:

"Ein Hochleistungsrechenzentrum für KI wäre für Deutschland von enormer Bedeutung, um im globalen Wettbewerb mit Standorten wie China und den USA bestehen zu können. Zudem würden europäische Daten in Europa bleiben und mehr Kontrolle darüber bieten, wo und wie Daten gespeichert, verarbeitet und geschützt werden. Die Probleme, die entstehen, wenn man es falsch anpackt, sind unter anderem die Belastung durch Vorschriften und die Haftung der Unternehmensleitung, der Verlust der Datenintegrität und der Sicherheitsgarantien.

Wenn wir es richtig anpacken, könnte dies auch der großen Mehrheit der deutschen Unternehmen den Zugang zu Innovationen eröffnen, die derzeit die fortschrittlichsten KI-Dienste nicht nutzen können, da sie für kleine und mittelständische Unternehmen unerschwinglich sind. Wenn wir es falsch machen, könnte dieser potenzielle Wettbewerbsvorteil verloren gehen. Während die Datenhoheit eine wichtige Überlegung ist, liegt der Fokus im Moment auf dem potenziellen Strombedarf einer KI-Gigafabrik.

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Elke Steinegger, Regional Vice President Deutschland & Österreich bei Pure Storage, fordert ein Ende des Hickhacks um die deutsche KI-Gigafactory. Um das Projekt zu nachhaltigem Erfolg zu führen, mahnt sie ferner einen Gleichklang aus Ökonomie und Ökologie an (Foto: Pure Storage)

Energie als kritischer Faktor für KI-Gigafactories

Auch wenn dies eine höchst willkommene Nachricht ist, so muss doch eingeräumt werden, dass die heutigen Rechenzentren viel Energie verbrauchen - und spezielle KI-Rechenzentren mit stromhungrigen Prozessoren (GPUs) noch mehr. Einem Bericht von Euronews zufolge verbraucht jede ChatGPT-Anfrage schätzungsweise zehnmal mehr Strom als eine herkömmliche Google-Suche. Während herkömmliche Rechenzentren laut IEA zwischen 10 und 25 Megawatt (MW) Strom verbrauchen, kann der Bedarf von Hyperscale-KI-Zentren 100 MW übersteigen, was dem Jahresverbrauch von 100.000 Haushalten entspricht.

Es wird außerdem bereits von zunehmender Stromknappheit und einem Wettbewerb zwischen Unternehmen und Privathaushalten um die Verfügbarkeit gesprochen.

Da die KI-Welle immer mehr an Fahrt gewinnt, stellt dies ein inakzeptables Risiko für Einzelpersonen und bestehende Unternehmen dar und muss bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden.

Grüne KI: Effizienz als Chance

Die Verfügbarkeit von Strom ist ein großes Problem, da der Ausbau der Netze und der Stromspeicherung in Deutschland nicht mit dem Ausbau der erneuerbaren Energieerzeugung Schritt hält. Es ist zwar schön, dass die erneuerbaren Energien politisch unterstützt werden, aber die Entwicklung geht nicht schnell genug voran. Da die Kernenergie vom Tisch ist, bietet der Ausbau der erneuerbaren Energien Deutschland die Chance, sein Können in vielen Bereichen unter Beweis zu stellen - wenn der Fortschritt schneller von statten geht.

Nach Angaben des Borderstep Instituts entfallen etwa zwei Drittel des Stromverbrauchs in Rechenzentren auf die IT und ein Drittel auf die Haustechnik. Researchgate.net zeigt, dass allein die Datenspeicherung 20 Prozent der gesamten Energie für den IT-Betrieb im Rechenzentrum verbraucht. In einer KI-Gigafabrik ist es daher wichtig, alle Elemente des Energieverbrauchs zu berücksichtigen, um die Versorgung für Unternehmen und Haushalte zu gewährleisten.

Was die Dateninfrastruktur betrifft, so erfordert KI eine hochleistungsfähige Speicherplattform, die die Datenverfügbarkeit beschleunigt, die Verwaltung vereinfacht und hoch skalierbar ist. Die zu schaffende KI-Infrastruktur muss nachhaltig sein, eine hohe Speicherdichte bieten und weniger Platz und Kühlung im Rechenzentrum benötigen. Moderne, besonders effiziente All-Flash-basierte Speichertechnologie ist bereits eine Voraussetzung für die Bewältigung anspruchsvoller KI-Workloads. In Anbetracht dieser beiden Elemente wird Flash zur offensichtlichen Speichertechnologie für den Einsatz in KI-Gigafabriken in Deutschland.

Fazit: Vorreiterrolle für Deutschland mit und bei KI

Das Potenzial von KI in Deutschland ist immens. Als Land haben wir die Möglichkeit, in Europa eine Vorreiterrolle einzunehmen, indem wir energieeffiziente Gigafactorys entwickeln, die die KI-Anforderungen des Landes erfüllen und gleichzeitig den Umweltanforderungen gerecht werden. Deutschland wird dann an der Spitze der Innovation stehen und in der Lage sein, von der Innovation zu profitieren, die KI in den nächsten Jahren und Jahrzehnten bringen kann."

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