ChatGPT-Nutzung: Mehr Assistent als Arbeitstier

Eine Studie gibt erstmals genaueren Einblick, von wem und für welche Zwecke ChatGPT eingesetzt wird. Demnach spielt das LLM im privaten Kontext eine deutlich größere Rolle als beruflich. Besonders aktiv sind die jungen Nutzergruppen, die bisherige Dominanz männlicher Anwender ist passé.

Die private Nutzung von ChatGPT nimmt deutlich schneller zu als die berufliche (Foto: hirun, Getty Images)

Die ganze Welt redet über KI, aber wer nutzt die neue Technologie tatsächlich und wofür? Einige spannende Antworten darauf liefert nun ein 62-seitiges Arbeitspapier, das OpenAI in Zusammenarbeit mit dem Harvard-Ökonomen David Deming für das National Bureau of Economic Research erstellt hat. In der bisher wohl umfassendsten Studie zu diesem Thema ließen die Experten unter anderem ChatGPT seine eigene Nutzung analysieren. Als Datenbasis dafür dienten die anonymisierten Chatverläufe von 1,5 Millionen Nutzern vom Mai des vergangenen Jahres bis in den Juni dieses Jahres. Für Vergleiche wurden diese zudem um weitere Daten und Statistiken angereichert, beispielsweise aus der Anfangszeit nach der ersten Veröffentlichung.

Wer nutzt Chat GPT?

Die erste damit untersuchte Frage betrifft das "Wer", also die demografische Zusammensetzung der Nutzerschaft. Diese wird den Forschern zufolge immer breiter und erreicht inzwischen alle Gruppierungen und Schichten, wenn auch noch immer mit einigen signifikanten Unterschieden. Besonders deutlich ist das am Anteil der über ihren Vornamen als weiblich identifizierten Nutzer zu sehen. Dieser stieg von nur etwa 20 Prozent in den ersten Monaten nach der Veröffentlichung im Jahr 2022 bis Anfang 2024 auf 37 Prozent und bis zum Sommer 2025 schließlich auf 52 Prozent an und entspricht damit nun in etwa der Gesamtbevölkerung.

Auch bei älteren Menschen verzeichnet OpenAI eine wachsende Verbreitung, wenngleich langsamer als bei den jüngeren Zielgruppen. Junge Erwachsene zwischen 18 und 25 Jahren stellen weiterhin klar die größte und zugleich aktivste Nutzergruppe. Fast die Hälfte aller analysierten Chats wurde von dieser Altersgruppe initiiert.

Obgleich das Papier keine Details zur Nutzung in einzelnen Ländern nennt, so gewährt es auf größerer Ebene dennoch einen Einblick in eine interessante internationale Entwicklung. Demnach wächst die Nutzungsrate in den Ländern mit den niedrigsten Einkommensstrukturen aktuell viermal so schnell, wie in den reichen Industriestaaten.

Fragen, Erledigen, Mitteilen: Wofür wird ChatGPT genutzt?

Der zweite große Untersuchungsgegenstand dreht sich um die Fragen, wofür, wie und in welchem Kontext die Nutzer ChatGPT einsetzen. Auch hier sticht zunächst eine grundlegende Verschiebung ins Auge: Während sowohl die Anzahl der als beruflich als auch der als privat eingestuften Chats stieg, passiert das nicht im Gleichschritt. Hatte die berufliche Nutzung zu Anfang noch überwogen, erreichten beide Bereiche im vergangenen Jahr einen Gleichstand. Diesen Sommer schließlich waren schon über 70 Prozent der untersuchten Chats eher privater Natur.

Für genauere Einblicke unterteilt die Studie die Nutzung die drei in wesentlichen Aufgabenstellungen des Fragens, Erledigens und Mitteilens. Hier zeigt sich, dass die Nutzer ChatGPT vor allem als Wissenspool und Berater nutzen. Fast die Hälfte (49 Prozent) der Chats waren zuletzt Fragen, Tendenz weiter steigend. In weiteren 40 Prozent der Chats wurde ChatGPT dazu genutzt, beim Erledigen von Aufgaben zu helfen, oder diese vollständig zu übernehmen. Besonders häufig soll das LLM hier etwa Entwürfe für Texte erstellen, Aufgaben planen oder Programmierhilfe leisten.

Dass im Arbeitsumfeld nur etwa ein Drittel der Chats solche praktische Hilfe anfordern, deutet darauf hin, dass die Skepsis und die Angst vor möglichen Fehlern hier noch etwas größer sind als bei privaten Aufgabenstellungen. Die verbleibenden 11 Prozent entfallen auf anderweitige Intentionen wie etwa persönliche Reflexion, Entdeckung und Spiel beinhalten.

Nutzer fordern Anleitungen und Texterstellung von ChatGPT an

Um einen noch präziseren Blick auf diese Nutzungsspektrum zu erhalten, wurden die Chats anschließend noch in sieben Kategorien unterteilt, die jeweils typische Aufgaben zusammenfassen. An vorderster Stelle stehen dabei praxisorientierte Anleitungen, deren Anteil laut der Studie schon länger bei knapp 30 Prozent (28,3) liegt. Nur noch knapp dahinter (28,1 Prozent) folgen Aufträge aus dem Bereich "Schreiben", bei denen ChatGPT beispielsweise Texte entwerfen, anpassen und optimieren soll. Dieses Aufgabenfeld spielt besonders im Kontext der beruflichen Nutzung eine wachsende große Rolle. Eine der am häufigsten genutzten praktischen Aufgaben ist hier die Übernahme von Assistenzfunktionen bei der persönlichen Kommunikation, insbesondere per E-Mail.

Immer häufiger wird ChatGPT zudem für die Suche nach konkreten Informationen genutzt, allein innerhalb der letzten 12 Monate stieg der Anteil entsprechender Anfragen von 14 auf 24 Prozent. Hier verweisen die Forscher von OpenAI auf die Mehrwerte, die das KI-Modell im Vergleich zu einer klassischen Suchmaschine bieten kann. Erst mit deutlichem Abstand folgen die weiteren Nutzungskategorien, in denen technische Hilfeleistungen (7,5 Prozent), die Be- und Verarbeitung von Medien (6,0 Prozent), "andere" Zwecke sowie die Unterstützung bei Bewerbungen, Profilen und anderen Arten der Selbstdarstellung (4,3 Prozent) zusammengefasst sind.

Darüber hinaus liefert die Studie in einigen Bereichen auch noch granularere Einblicke. So wird etwa erwähnt, dass sich immerhin rund 4 Prozent der Chats um Fragen und Hilfestellung bei Programmieraufgaben drehten. Anders als von manchen Kritikern befürchtet, spielen emotionale Themen wie die Selbstwahrnehmung und persönliche Beziehungen mit einem Anteil von weniger als 2 Prozent der Chats nur eine sehr geringe Rolle. In weniger als einem Viertel der Fälle ging es um spielerische Anfragen wie der Nutzung von ChatGPT als virtuellem Partner.

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