ChatGPT läuft Google bei Internetsuche hinterher

Werden KI-Bots bald Suchmaschinen obsolet machen, allen voran Google? Umgekehrt, meint Agentur-Chef Julian Dziki. Bei der Produktsuche spielt ChatGPT keine Rolle. Und der gigantische Stromverbrauch?

Julian Dziki, Gründer der Münchner Online-Marketing-Agentur Seokratie sieht sein Geschäftsmodell nicht bedroht und rät seiner Kundschaft: "Wer im AI Mode sichtbar sein will, muss im Prinzip die gleichen SEO-Kriterien beachten wie bisher - mit einigen Anpassungen, auf die gute SEOs vorbereitet sind." (Foto: Seokratie)

Kochrezepte spuckt ChatGPT nicht nur in Sekundenschnelle aus, sondern passt auch die Mengenangaben nach Wunsch des Nutzers an. Was vielen Nutzern schlichtweg egal ist: ob es ökologisch sinnvoll ist, ein großes LLM-Modell zu behelligen statt wie gewohnt eine Suchmaschine die Arbeit erledigen lassen. Vielleicht ist sich ChatGPT der Ignoranz oder Unwissenheit der User bewusst, denn die KI von OpenAI ist dieses Mal erstaunlich ehrlich, wenn man sie fragt, wie viel Energie das Prompten im Gegensatz zur Suchmaschine benötigt: "Eine KI-Anfrage verbraucht etwa 10- bis über 100-mal so viel Energie wie eine klassische Websuche", antwortet ChatGPT und teilt sogar mit, dass der Faktor bei großen Modellen oder langen Antworten "auch höher liegen kann". Der ökologische Fußabdruck dürfte das Unternehmensmarketing so wenig interessieren wie die Nutzer, die es erreicht will.

Es geht um Reichweite, gefunden werden im Internet ist alles. Nun hat die SEO-Agentur Seokratie – der Firmenname spricht für sich - Traffic-Daten von mehr als 100 deutschen Unternehmenswebsites mit insgesamt fast 70 Millionen Website-Besuchern analysiert und festgestellt: Der Anteil der Websitebesucher, die über Google kamen, sei im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken. Gleichzeitig wachse der Traffic über KI-Tools wie ChatGPT um das Siebenfache. Allerdings sprechen wir hier über Promilleanteile.

Trotz stärkerer Nutzung von ChatGPT in Deutschland, hat der Bot bislang keine "nennenswerte Bedeutung für Website-Traffic", sagt Julian Dziki, Gründer der Münchner Online-Marketing-Agentur. Der Anteil von ChatGPT sei zwar um das 7,4-Fache gestiegen, allerdings von 0,08 Prozent auf 0,66 Prozent. "Noch hat der Traffic über ChatGPT keine Relevanz", so Dziki. Die Betonung liegt auf "noch". Aktuell jedenfalls spielt ChatGPT bei der Suche nach Produkten keine Rolle. Ob das so bleibt, kann freilich niemand vorhersehen.

Google ist bei der Internetsuche dominant, fast ein Monopolist, der in diesem Jahr Einnahmen aus Werbung zwischen 230 und 260 Mrd. US-Dollar erzielen könnte. Google nimmt die noch nicht spürbare Konkurrenz aus der KI-Industrie dennoch ernst und hat ChatGPT-ähnliche Funktionen direkt in die eigene Suche integriert.

Nutzer wüssten mittlerweile, dass ChatGPT für die Suche nach konkreten Produkten oder Dienstleistern "nicht die erste Wahl ist", sagt Dziki. Gut für seine SEO-Agentur und auch für Googles Marktmacht bei Digitalwerbung, die der Agentur-Chef nicht gefährdet sieht. Eher sieht er den Bot von OpenAI bei der Internetsuche in Zukunft als überflüssig an. "Langfristig wird eher Google ChatGPT gefährlich als umgekehrt".

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