DACH-Chef Kaseya: "Die Erwartungen an die Zusammenarbeit mit MSPs verändern sich grundlegend"
Wird KI "normaler" Bestandteil einer IT-Infrastruktur? Wie können Managed Service Provider ihr Profil im Markt schärfen? Sind KMU noch eine sichere Bank für MSPs, wo doch eine neue Generation von IT-Entscheidern nachrückt und andere Anforderungen an IT-Dienstleister stellt? CRN sprach mit Michael Hon-Mong, DACH-Chef von Kaseya über Veränderungen im Markt.
CRN: Für 2026 erwarten Experten eine massive Welle von KI-Integrationen bei Unternehmen. Teilen Sie die Einschätzung?
Michael Hon-Mong: In der DACH-Region verlässt Künstliche Intelligenz die Experimentierphase und hält immer stärker Einzug in den täglichen Geschäftsbetrieb. Damit rücken Governance, Transparenz und Compliance deutlich stärker in den Fokus. Mit der schrittweisen Umsetzung der EU-KI-Verordnung bis 2027 werden Unternehmen KI zunehmend wie jede andere regulierte Technologie behandeln. Die Nachfrage nach KI-Lösungen wird deutlich steigen, die sicher, überprüfbar und tief in bestehende IT- und Security-Workflows integriert sind. Um erfolgreich zu sein, müssen KI-Projekte nachvollziehbar darstellen können, was sie tun, lückenlose Protokolle und Reports ermöglichen und sich sauber in die bestehenden Risiko- und Compliance-Frameworks der Unternehmen einfügen.
Wie sollten sich MSPs und IT-Dienstleister aufstellen, wenn KI selbstverständlicher Teil einer Kunden-IT werden und sie von den Geschäftschancen profitieren wollen?
Hon-Mong: KI und Compliance für Managed Service Provider werden untrennbar miteinander verbunden sein. Auf der einen Seite helfen KI-gestützte Tools dabei, Monitoring, Ticketing, Dokumentation und Sicherheitsanalysen zu automatisieren. Auf der anderen Seite erhöhen Vorgaben wie die EU-KI-Verordnung, NIS2, DORA sowie branchenspezifische Regularien die Anforderungen an Governance und operative Resilienz deutlich. Diese Entwicklung wird durch den anhaltenden Fachkräftemangel massiv beschleunigt. Gerade KMU, die traditionell auf die eigene Nachwuchsförderung setzen, haben zunehmend Probleme, offene IT-Stellen für komplexe Themen wie Compliance und KI-Integration zu besetzen.
Daher werden viele Unternehmen gezielt nach Partnern suchen, die sie nicht nur punktuell in Projekten, sondern kontinuierlich unterstützen. "Compliance-as-a-Service", gestützt durch KI-basiertes Monitoring und Reporting, entwickelt sich von einem Nischenthema zur wichtigsten wiederkehrenden Umsatzquelle im MSP-Portfolio.
Auf KI setzen auch professionelle Bedrohungsakteure. Ihre Zerschlagung ist Aufgabe nationaler Sicherheits- und Ermittlungsbehörden. Wir sehen zwar eine engere internationale Zusammenarbeit. Aber die koordinierenden Abwehrmaßnahmen reichen offenbar nicht: Die Schadenssummen durch Cyberattacken steigen weiter. Was müsste staatlicherseits besser funktionieren, um die Bedrohungen einzudämmen?
Hon-Mong: Cyberangriffe werden zunehmend als organisierte, grenzüberschreitende Kriminalität behandelt – nicht nur als reines IT-Problem gesehen. Die Strafverfolgungsbehörden in der DACH-Region arbeiten enger mit Europol und internationalen Partnern zusammen, um Infrastrukturen abzuschalten, Vermögenswerte einzufrieren und kriminelle Gruppen sichtbar zu zerschlagen. 2026 wird die Öffentlichkeit weitere konkrete Ergebnisse dieser Zusammenarbeit sehen, wie zum Beispiel koordinierte Takedowns und die sichtbare Nachverfolgung größerer Vorfälle. Die Bedrohung wird damit nicht verschwinden, aber die Kosten und Risiken für die Angreifer steigen dadurch deutlich – und die Strafverfolgungsbehörden unterstreichen, dass Cyberkriminalität ganz oben auf ihrer Agenda steht.
MSSPs haben sich auf IT-Security spezialisiert, viele MSPs sind aber noch als "Bauchladen" unterwegs – und damit zunehmend unglücklich, beispielsweise, was ihre Profitabilität anbelangt. Was raten Sie ihnen?
Hon-Mong: Die MSP-Branche in der DACH-Region wird weiter reifen. Anstatt alles für jeden sein zu wollen, werden sich immer mehr Dienstleister klar positionieren: entweder als erfahrene Partner, die komplexe Umgebungen orchestrieren können, oder als hochspezialisierte Experten für bestimmte Branchen. Besonders stark wird die Nachfrage nach MSPs mit Expertise in den Branchen Produktion, Gesundheitswesen, Finanzdienstleistungen und im öffentlichen Sektor sein. MSPs, das technische Wissen mit Branchen-Know-how verbinden, werden langfristige, strategische Kundenbeziehungen aufbauen können.
Auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, die wir in Deutschland seit Jahren haben, sind KMU die wichtigste Umsatzquelle für MSPs. Schaut man auf die stark steigende Zahl der Firmeninsolvenzen 2025 fragen sich viele MSPs: Bleiben KMU eine sichere Bank?
Hon-Mong: Trotz eines eher unsicheren wirtschaftlichen Umfelds investieren kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz weiter in Digitalisierung, Automatisierung und Sicherheit. Für MSPs bleibt das KMU-Segment daher auch in den kommenden Jahren der wichtigste Wachstumstreiber. Anstatt auf große Einzelprojekte zu setzen, unterstützen erfolgreiche MSPs ihre Kunden Schritt für Schritt bei der Modernisierung: zum Beispiel, indem sie die Endpoints absichern, geschäftskritische Workloads auf gemanagte Plattformen migrieren und wiederkehrende Aufgaben automatisieren. MSPs, die Technologie in klaren, ergebnisorientierten Mehrwert für KMU übersetzen können – etwa weniger Ausfallzeiten, weniger Sicherheitsvorfälle und produktivere Mitarbeitende – sind besonders gut positioniert.
Sie sagen, dass analytische MSPs Wettbewerbsvorteile haben. Was meinen Sie damit genau?
Hon-Mong: KMU-Kunden sind besonders anspruchsvoll, wenn es um Struktur, Transparenz und messbare Ergebnisse geht – und dieser Anspruch wird die Erwartungen an MSPs weiter prägen. MSPs, die ihre Services konsequent auf Daten und Analytics aufbauen, werden im Wettbewerb vorne liegen: mit klar definierten SLAs, Echtzeit-Dashboards, Trendberichten und proaktiven, faktenbasierten Handlungsempfehlungen. Anstatt primär auf Tickets zu reagieren, setzen erfolgreiche MSPs Analytics, Automatisierung und KI-Insights ein, um Probleme frühzeitig zu erkennen, Optimierungspotenziale aufzudecken und ihren Impact auf das Geschäft der Kunden kontinuierlich zu belegen. Dadurch wandeln sie sich in der Wahrnehmung vom externen Dienstleister zum strategischen Partner für den Unternehmenserfolg ihrer Kunden.
Wir beobachten es bei vielen Events: Die Generationen Y und Z, also die um die 40-Jährigen und jünger, rücken in Entscheider-Positionen – bei MSPs und ihren Kunden. Ändern sich die Erwartungen der Kunden an ihren MSP?
Hon-Mong: In den Führungsetagen der Unternehmen findet ein Generationswechsel statt und ja: damit verändern sich auch die Erwartungen an die Zusammenarbeit mit MSPs grundlegend. Die Generationen Y und Z haben einen hohen Anspruch an schnelle Kommunikation, an digitale Nutzererlebnisse, Self-Service-Portale, transparente Preisgestaltung und klare, visuell aufbereitete Reports. Entsprechend werden MSPs, die noch stark auf manuelle Prozesse, E-Mail-Threads und statische PDFs setzen, zunehmend ins Hintertreffen geraten. Die besten Erfolgsaussichten haben MSPs, die persönliche Beziehungen mit modernen, digitalen Touchpoints verbinden. Beispiele dafür wären intuitive Portale, Echtzeit-Statusansichten, Workspaces und eine klare, verständliche Kommunikation ohne Fachjargon – zugeschnitten auf eine neue Generation von IT- und Business-Entscheidern.
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