Auerswald will IT-Anbieter mit Kommunikations-Expertise sein

Vor wenigen Tagen musste das Unternehmen Auerswald ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung einleiten. Im Exklusiv-Interview mit CRN spricht Geschäftsführer Christian Auerswald über mögliche Perspektiven des angeschlagenen Betriebs. IT-Security und KI-basierte Lösungen sollen stärker fokussiert werden.

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Auerswald-Geschäftsführer Christian Auerswald äußert sich exklusiv auf CRN.de über die Zukunftsperspektiven der angeschlagenen Unternehmensgruppe (Foto: Auerswald)

CRN: Die Telekommunikationsbranche durchlebt eine starke Konsolidierungsphase. Auch Auerswald hat Ende Juli ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung eingeleitet. Welche Perspektiven sehen Sie für Auerswald?

Auerswald: Aufgrund vielfältiger Ursachen befindet sich unser Unternehmen derzeit in einer herausfordernden finanziellen Lage und hat daher die Eigenverwaltung beantragt. Trotz dieser aktuell herausfordernden Lage ergibt sich bei Betrachtung der kurz- und mittelfristigen Maßnahmen sowie der bestehenden Marktchancen eine positive Perspektive für die Fortführung der Unternehmensgruppe. Wir verfügen über ein stabiles Kerngeschäft mit planbaren Umsätzen, Projektaufträgen in fortgeschrittenen Verhandlungen und ein Sanierungskonzept mit Maßnahmen zur Liquiditätssicherung. Zudem gibt es eine klare strategische Ausrichtung auf wachstumsstarke Zukunftsfelder wie IT-Security und KI-basierte Lösungen für den Mittelstand.

"Fertigung in Asien ist nicht zwingend günstiger"

CRN: Auerswald ist bisher Verfechter einer eigenen Entwicklung und Fertigung in Deutschland. Wird das auch nach der Sanierung so bleiben?

Auerswald: Wir haben selbst einmal damit experimentiert, unsere Telefone in Asien fertigen zu lassen und die Produktion schnell wieder zurückgeholt. Das hing damit zusammen, dass die Fertigung in Asien nicht unseren Qualitätsansprüchen entsprach und beispielsweise Bauteile nicht geschraubt, sondern geklebt wurden. Wenn man erwartet, dass Produkte die gleichen Qualitätsansprüche erfüllen und jederzeit verfügbar sind, dann stellt man schnell fest, dass eine Fertigung in Asien nicht zwingend günstiger ist. Wir können heute damit aufwarten, dass in Deutschland entwickelt und produziert wird, wir ein Hosting auf deutschen Servern anbieten und wir das Thema Datenschutz von Anfang an mitdenken. Das sind auch angesichts der Diskussion über digitale Souveränität aus meiner Sicht herausragende Pluspunkte, die wir nicht leichtfertig aufgeben werden.

"Das Tischtelefon ist nach wie vor gesetzt"

CRN: Telefoniert wird heute vielfach mittels Smartphones, Headsets oder auch direkt am Computer. Wird Auerswald trotzdem künftig noch Schnurlostelefone und Tischgeräte anbieten?

Auerswald: Das Thema Tischtelefon ist im von uns primär bedienten KMU-Segment nach wie vor gesetzt. Es gibt in Deutschland zehntausende Ärzte, Anwälte, andere Freiberufler und Unternehmer, die nach wie vor Hardware auf ihrem Schreibtisch haben möchten und diese auch nutzen. Immer wieder erfahren wir auch, dass Mitarbeitende in Unternehmen nicht ausschließlich mittels Softphone telefonieren möchten. Ich kann ihnen jedenfalls versichern, dass wir nach wie vor Telefone in guten Stückzahlen verkaufen. Grundsätzlich beobachte ich allerdings auch den von ihnen angesprochenen Wandel. Hier können unsere Partner gerade punkten, denn mit unserem COMtrexx System bieten wir eine Lösung für die einfache Integration in eine vorhandene Infrastruktur. Das ist auch interessant für Unternehmen, die nach Alternativlösungen für Teams suchen.

"IT-Anbieter mit Kommunikations-Expertise"

CRN: Wird das Ziel der Neuausrichtung sein, sich als IT-Anbieter mit Kommunikations-Expertise zu positionieren? Oder welche Perspektive sehen Sie für Auerswald nach Abschluss der Sanierung?

Auerswald: Wir arbeiten seit Jahren daran, dass wir vom alten Telefonanlagen-Image wegkommen und als IT-Anbieter mit Kommunikations-Expertise wahrgenommen werden. Das ist ein langer Weg. Dass wir bei diesem Wandel gut fortgeschritten sind, zeigt sich daran, dass ein Großteil unserer Reseller heute IT-Systemhäuser sind. Und auch viele unserer Partner im Elektrohandel verändern sich. Wir bemerken das zum Beispiel am großen Interesse aus diesem Bereich an unseren Wireshark-Schulungen. Man beschäftigt sich also auch hier mit Themen wie Netzwerk-Analyse.

CRN: Für die Realisierung einer neuen Strategie ist es auch wichtig, die meisten Partner mitzunehmen auf die Reise in Richtung Soft-PBX und Lizenzmanagement. Sehen Sie sich hier einen erfolgversprechenden Weg?

Auerswald: Das Thema Lizenzmanagement ist für einige unserer Partner noch neu, aber hier bieten wir etwa durch vorbereitete Verträge viel Unterstützung. Dass das gut ankommt sehen wir an der wachsenden Zahl der abgeschlossenen Vereinbarungen. Der Wandel führt insgesamt zu wenig Resignation bei unseren Partnern. Gerade in der Elektroinstallationslandschaft gibt es zwar eine gewisse Ruhestandsthematik, aber dort, wo jüngere Nachfolger vorhanden sind, bemerken wir, dass diese affin sind und den Weg der aktuellen Entwicklung mitgehen.

CRN: Herr Auerswald, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

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