Auch so kann Nachfolge gelingen wie bei Straight Solutions
An einen der vielen interessierten Investoren verkaufen und mit 47 Jahren neu anfangen? Er wolle nicht überdramatisieren, aber seine Seele mitverkaufen zu müssen, wollte Christian Meyer nicht. Die Führung der Straight Solutions gibt er ab und bleibt doch eng mit dem Microsoft-Spezialisten bei München verbunden.
Wir sprechen Christian Mayer in der Pause des Partnertreffens von ITQ in Darmstadt am Donnerstag vergangener Woche, wo sich der Geschäftsführer von Straight Solutions aus Oberföhring bei München Zeit für ein Telefonat mit CRN nimmt. Wir waren einigermaßen erstaunt, als der Gründer tags zuvor bei Linkedin sein Ausscheiden bei seinem Systemhaus und seine Nachfolgerin Alexandra Hanke als neue Geschäftsführerin bekannt gab. Unternehmer Mayer hatte 2005 in Münchner sein Systemhaus gegründet, als IT noch EDV hieß, im Keller noch Server standen und Cloud noch Zukunftsmusik war.
"Mit 20 Jahren steht man als junger Mensch mitten im Leben: man hat viel gelernt, einiges ausprobiert und weiß, wo die Reise hingehen soll. Charakterstark und voller Energie bereit für den nächsten Abschnitt. Genau so fühlt es sich gerade für mich bei Straight Solutions an", postete der heute 47-jährige Inhaber und Geschäftsführer Christian Meyer vergangene Woche. Was hat er vor? In einem Alter, wo sich andere Systemhaus-Chefs von Investoren getriebenen Konglomeraten anschließen oder unter das Dach eines expansionsfreudigen Wettbewerbers flüchten.
Microsoft-Expertin Alexandra Hanke – exzellente Kontakte zum Hersteller und Partnernetzwerken
Meyer hätte beide Optionen wählen können. "Ich habe regelmäßig Investoren-Anfragen bekommen", sagt er. Er hat sich für einen anderen Weg entschieden, den nur wenige Systemhaus-Chefs so wählen. Der Schritt, dass er die Geschäftsführung einer von extern kommender Führungskraft übergibt und als Gesellschafter alle Firmenanteile behält, habe er vor eineinhalb Jahren getroffen und den Mitarbeitern auch so kommuniziert. Eine Überraschung war es für die 22 Mitarbeiter der Straight Solutions also nicht. Zumal das Systemhaus von Alexandra Hanke geführt wird.
Hanke kennt Meyer seit rund 10 Jahren, die Chemie zwischen beiden passt, und wie Hanke die Dinge anpackt, auch mal dort widerspricht und mit ihren exzellenten Beziehungen zu ihrem ehemaligen Arbeitgeber Microsoft und bei Skaylink und zuvor bei Sycor sowie Glueckkanja Partnernetzwerke aufbaute und stärkte, beindruckt Meyer schon länger.
Bis Ende April bliebt er noch Geschäftsführer und arbeitet Seite an Seite mit Alexandra Hanke, bevor er sich auf seine neue Rolle als Gesellschafter, Sparringspartner und strategischer Begleiter konzentrieren wird. So ganz wird sich Meyer demnach nicht in neue Aktivitäten stürzen, über die er nachzudenken bislang nicht die Zeit gefunden habe, sagt er CRN. Die Geschäftsentwicklung von Straight Solutions wird ihn als Inhaber weiter beschäftigen, zumal das seine Altersvorsorge sei, wie er versichert.
Vorsorge ist das Stichwort. Meyer hat in den letzten Jahren dafür gesorgt und Strukturen geschaffen, in denen Mitarbeiter mehr und mehr Eigenverantwortung tragen. "Heute steht hinter meiner Idee ein starkes Team, das Verantwortung trägt, Entscheidungen teilt und unsere Kund*innen mit Fachkompetenz und Haltung begleitet".
Meyer zu Abhängigkeiten und zur Nachfolge: "Nicht, weil ich muss, sondern weil ich es kann"
Straight Solutions hat er ganz auf Microsoft zugeschnitten, als Lösungsanbieter für MS365 und Azure ist sein Unternehmen nahezu ein Microsoft-Only-Systemhaus, mit ein wenig HP und Palo Alto. Ob darin nicht ein Risko liege, weil Microsoft bekannt ist für regelmäßige strategische Änderungen im Partnerkanal? "Wir haben uns von Microsofts Entscheidungen früh frei gemacht. Wir folgen nicht blind und haben gelernt, uns gelassen und pragmatisch immer die Frage zu stellen: was bringt uns weiter?", entgegnet Meyer. Insofern sei eine One-Vendor-Strategie für Straight Solutions "in Ordnung", sagt er selbstbewusst.
Wie Meyer überhaupt sehr klar ist in seinen Entscheidungen und in seiner Haltung als sozial engagierter Unternehmer. Er reflektiert zudem auch die Gefahr einer gewissen "Betriebsblindheit" nach 20 Jahren Systemhausführung. Was ihm immer wichtig war und ist: Handlungsfreiheit behalten, keine Abhängigkeiten einzugehen von überraschenden Strategieschwenks einzelner Hersteller oder Renditevorgaben von Gesellschaftern gegen eigene Überzeugungen. "Ich übergebe die Geschäftsführung aus einer Stärke heraus. Nicht, weil ich muss, sondern weil ich es kann", so Meyer.
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