So reagieren deutsche Unternehmen auf die CrowdStrike-Panne
Weltweit ging nicht mehr bei vielen Airlines, Krankenhäusern, Betriebe schickten Mitarbeiter nach Hause. Wie traf die Panne die Unternehmen? Und wie bereiten sie sich auf den nächsten Blackout ihrer IT-Infrastruktur vor? Eine von vielen Maßnahmen dürfte Crowdstike nicht gefallen.
Genau vor zwei Monaten passierte die bis dato schwerste IT-Panne mit massiven Folgen: Gestrichene Flüge, ausgefallene Server und PCs, Unternehmen, die ihre Beschäftigten nach Hause schicken, Krankenhäuser, die Operationen verschieben mussten. Die Schäden gingen in die Milliarden. Ein fehlerhaftes Update der weit verbreiteten Cybersicherheitslösung von CrowdStrike hatte weltweit zu zahlreichen IT-Ausfällen geführt. Wenn man überhaupt etwas Positives aus diesem Vorfall ziehen kann, so doch die Erkenntnis, dass selbst dem letzten Zeitgenossen klar sein müsste, dass digitale Vernetzung absolut zur Lebensader von Wirtschaft und Gesellschaft zählt. IT (und ihre Verfügbarkeit) gehört wie Energie zur kritischen Infrastruktur.
"Die IT-Ausfälle und ihre Folgen zeigen, welche herausragende Bedeutung digitale Technologien für unsere Wirtschaft und Gesellschaft haben", sagt denn auch Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. Wiederholen sollte sich seiner Meinung nach ein solcher IT-Ausfall besser nicht. "Diesmal ist es glimpflich ausgegangen, auch dank der gemeinsamen Anstrengungen von Wirtschaft und Behörden, mit Unterstützung von CrowdStrike und Microsoft", so Wintergerst.
Der Bitkom und das BSI, wollten wissen, wie stark die Folgen der CrowdStrike-Panne deutsche Unternehmen getroffen hat, ob sie Konsequenzen gezogen haben und wenn ja, welche? Über 300 Unternehmen wurden befragt. Repräsentativ sind die nun vorliegenden Ergebnisse nicht, aber sie geben immerhin ein "aussagekräftiges Stimmungsbild" ab, so der Bitkom.
So berichten der Befragung zufolge direkte und indirekt betroffene Unternehmen hierzulande (331) über die Folgen des von Crowdstrike verursachten IT-Ausfalls:
- 62 Prozent der damals betroffenen Unternehmen litten unter direkten Folgen, wie dem Ausfall der eigenen PCs oder Server.
- 48 Prozent spürten indirekte Auswirkungen, weil zum Beispiel Zulieferer, Kunden oder Geschäftspartner betroffen waren.
- 48 Prozent, also rund die Hälfte der direkt oder indirekt betroffenen Unternehmen, musste vorübergehend den Betrieb einstellen – im Schnitt für 10 Stunden.
- 73 Prozent bezeichnen rückblickend die entstandenen Probleme und Störungen als gravierend für die deutsche Wirtschaft.
- 64 Prozent sind sich mit Blick auf das eigene Unternehmen sicher: Ein solcher Vorfall lässt sich nicht vollständig verhindern.
"Ein Warnschuss für uns"
Letzterem pflichtet Claudia Plattner, BSI-Präsidentin bei: "Es wird auch in Zukunft keinen 100-prozentigen Schutz vor IT-Sicherheitsvorfällen geben. Trotzdem wollen wir so nah wie möglich an die 100 Prozent heran".
Dazu sei das BSI in engem Austausch mit CrowdStrike, Microsoft und weiteren Software-Herstellern, "damit diese die Qualität ihrer Software und ihrer Softwareupdates verbessern". Das allein reicht aber nicht. "Auch Unternehmen müssen und können mit präventiven Maßnahmen ihre Resilienz erhöhen, damit sie widerstandsfähiger gegen IT-Sicherheitsvorfälle werden", so die BSI-Chefin.
Was sie präventiv machen sollten, ist: größtmögliche Kontrolle über Updateprozesse und IT-Notfallkonzepte, die "wichtiger Bestandteil jeder Krisenvorsorge sein müssen!", so Plattner. "Wir müssen unsere Cybersicherheit dringend weiter verbessern und brauchen entsprechendes eigenes Know-how in Unternehmen und Behörden – nur so können wir uns vor unbeabsichtigten Ausfällen oder gezielten Angriffen besser schützen und digital souveräner werden", ergänzt Wintergerst. Die jüngste Panne müsse "ein Warnschuss für uns sein".
Nächste Seite: Pannenstatistik und Konsequenzen
Bei den direkt betroffenen Unternehmen wurden im Schnitt 32 Prozent der PCs und Notebooks sowie 51 Prozent der Server in Mitleidenschaft gezogen. Dadurch kam es vor allem zu Systemabstürzen (83 Prozent), Anwendungen konnten nicht genutzt werden (64 Prozent) und Daten waren nicht verfügbar (58 Prozent).
40 Prozent der Unternehmen sind so Schäden in der Zusammenarbeit mit Kunden entstanden, etwa weil Leistungen nicht erbracht werden konnten, weitere 13 Prozent konnten oder wollten dazu keine Angaben machen.
Im Schnitt dauerte es zwei Tage, bis die Störungen wieder vollständig behoben waren. Ein Fünftel der direkt betroffenen Unternehmen (20 Prozent) litt aber 3 Tage und länger unter den Folgen.
Die direkt betroffenen Unternehmen haben sich zumeist (74 Prozent) selbst geholfen, um die entstandenen Probleme zu beheben. 15 Prozent bekamen Unterstützung von externen IT-Dienstleistern, 9 Prozent direkt von CrowdStrike und 4 Prozent von Microsoft. Ihre ersten Informationen zur IT-Panne haben jeweils knapp ein Viertel der Unternehmen über Social Media (23 Prozent) und von CrowdStrike direkt (22 Prozent) erhalten.
17 Prozent wurden zuerst über die Presse informiert, 10 Prozent von externen Dienstleistern und jeweils 2 Prozent von Microsoft bzw. Behörden.
Notfallplan: funktionierte nicht immer
Eine Mehrheit von 62 Prozent der direkt oder indirekt betroffenen Unternehmen hatte einen Notfallplan für solche IT-Ausfälle vorbereitet – und der hat zumeist gegriffen. Bei 19 Prozent der betroffenen Unternehmen mit Notfallplan haben die Abläufe sehr gut funktioniert, bei 45 Prozent eher gut. Umgekehrt hat bei 12 Prozent der Plan eher nicht funktioniert, nur bei 2 Prozent hat er gar nicht funktioniert. Bei rund einem Fünftel (22 Prozent) kam der Notfallplan nicht zum Einsatz.
Unternehmen reagieren: Bessere Notfallpläne, Schulungen und IT-Anpassungen
Aus den Erfahrungen mit CrowdStrike ziehen die Unternehmen, die direkt oder indirekt betroffen waren, ihre Schlüsse. Sie wollen sich für die Zukunft besser aufstellen.
66 Prozent wollen einen IT-Notfallplan entwickeln bzw. den bestehenden nachbessern oder haben das sogar bereits getan.
- 55 Prozent plant Schulungen oder hat diese schon durchgeführt, ebenso viele wollen das Patch-Management ihrer Software verbessern oder haben dies bereits umgestellt.
- 10 Prozent haben oder wollen ihren IT-Security-Hersteller auswechseln
- Auch andere technische Maßnahmen stehen auf der To-Do-Liste:
- regelmäßig Updates einspielen (52 Prozent)
- Backup-Systeme einführen oder verbessern (49 Prozent)
- Netzwerke stärker segmentieren (49 Prozent)
- Redundanzen in der IT aufbauen (48 Prozent).
10 Prozent der deutschen Unternehmen wechseln zu neuem IT-Securityhersteller
- 20 Prozent wollen Kriterien bei der Auswahl von IT-Sicherheitsanbietern anpassen,
- 4 Prozent haben als Konsequenz den IT-Sicherheitsanbieter gewechselt, 6 Prozent planen dies.