Vergesst den Channel nicht, wenn es um KI geht!
Bei aller Eile, aus KI Kapital zu schlagen, vernachlässigen Anbieter den Aufbau ihres Partnervertriebs. Der aber ist nötig, um Angebote auf den Markt zu bringen und das Business zu skalieren, mahnt CRN-Redakteurin Jennifer Follet.
Es ist kein Geheimnis, dass Anbieter so schnell wie möglich aktiv werden wollen, wenn es so aussieht, als stünde ein massiver technologischen Wandel an. Das jüngste Beispiel ist die Künstliche Intelligenz, die den IT-Markt seit letztem Herbst in Aufregung hält.
Seit Einführung der von Microsoft unterstützten ChatGPT steht KI weit oben auf der Gesprächsthemenliste, sei es in den Vorstandsetagen, den Wohnzimmern oder am Stammtisch, und das überall auf der Welt . Fraglos ist KI ein vielversprechender Markt und könnte ein echter technologischer und gesellschaftlicher Wendepunkt sein, der bis zum Jahr 2030 riesiges Geschäft verspricht, je nachdem welchen Prognosen man glaubt.
Der CEO von ServiceNow, Bill McDermott, etwa glaubt, dass GenKI das weltweite Bruttoinlandsprodukt um fast 7 Mrd. US-Dollar steigern könnte. "Unsere Plattformexperten, die mit den größten Marken der Technologiebranche zusammenarbeiten, sind davon überzeugt, dass dieser Moment genauso transformativ wirken wird - wenn nicht sogar noch mehr - wie das Internet oder sogar das iPhone", so Ex-SAP-Chef McDermott vor einigen Monaten gegenüber Finanzanalysten.
In ihrer Eile, die große Chance zu nutzen, übersehen Anbieter oft einen der wichtigsten Punkte, nämlich die Vertriebskanäle aufzubauen, die nun einmal nötig sind, um Angebote in die Zielgruppen zu bringen und zu etablieren. Das gleiche haben wir beim Cloud Computing gesehen, als die Anbieter das Wort "Cloud" in jede Pressemitteilung stopften, bevor ihre Angebote - geschweige denn ihre Pläne für die Markteinführung - vollständig entwickelt waren. Und das erleben wir heute bei KI.
Aber alle coolen Kinder machen das
Selbst einige der angesehensten Unternehmen im Channel tappen in diese Falle. Es gibt eine Vielzahl von GenKI-Produkten und -Technologien, die auf den Markt gebracht werden, ohne dass es für den Vertrieb auch nur einen Plan gib. Was bedeutet, dass die Anbieter wenig bis gar nicht in strategische Elemente wie Vertriebsschulung, -Vergütung und -Incentives investieren.
Und dann ist da noch die Verlockung des Direktgeschäfts. Wie die CEOs mehrerer CRN Solution Provider 500-Unternehmen berichten, hat es bereits etliche Fälle von Channelkonflikten gegeben, bei denen Partner ihren Kunden einem vertrauenswürdigen Anbieter ein KI-Projekt vorgeschlagen haben, der daraufhin versucht hat, den Partner zu umgehen und das Geschäft direkt zu machen.
Wann immer es einen großen technologischen Wendepunkt wie KI gibt, neigen kurzsichtige Anbieter dazu, ihre Angebote im Direktvertrieb an die Kunden zu bringen. Sie tun das, weil sie die Fähigkeiten von Systemhäusern und anderen Lösungsanbietern unterschätzen, neue bahnbrechende Technologien zu verkaufen, zu unterstützen und zu warten.
Und dann gibt es die Anbieter, die den Wert der Zusammenarbeit mit dem Channel durchaus schätzen, aber die neue Chancen nur mit einem Bruchteil ihrer Partner -,oft mit einer Handvoll der größten - nutzen wollen. Diese Anbieter unterschätzen, wie wichtig es ist, seinen Marktanteil als erster zu erhöhen und zu halten.
Unweigerlich aber werden sich auch diese Anbieter einer Tatsache beugen müssen: Kunden verlassen sich auf die Solution Provider und Berater ihres Vertrauens, wenn es darum geht, sie bei einem großen technologischen Wandel zu unterstützen.
Wie wir beim Cloud Computing gesehen haben, wird eine so große technologische Umwälzung wie die künstliche Intelligenz irgendwann zu der Erkenntnis führen, dass man das Business nur mit der Unterstützung eines starken Partner-Netzwerks skalieren kann.
Kürzlich haben wir einige Systemhäuser und Solution Provider vorgestellt, die sich bereits für KI-Erfolg positioniert haben - darunter Avanade (die Nr. 33 im Ranking CRN 2023 Solution Provider 500), die eine GenKI-Lösung bei einem Öl- und Gaskunden eingeführt haben. Diese kann Probleme bei Raffinerie-Pipelines diagnostizieren und unterstützt bei Reparaturen. Das spart dem Kunden nicht nur Zeit, sondern rettet möglicherweise sogar Leben.
Anders gesagt: Avanade und etliche andere im Channel sind gut darauf vorbereitet, KI-Möglichkeiten zu nutzen, indem sie ihr eigenes Know-how und ihr tiefes Kundenwissen einbringen.
Einen so großen und vielfältigen Markt mit Hilfe von Partnern zu erschließen, ist natürlich keine leichte Aufgabe. Dazu braucht es Investitionen in den Vertriebskanal und ein nachhaltiges Engagement für neue und bestehende Partner. Denn neue Partner werden unweigerlich ins Spiel kommen, selbst wenn sich die alten auf dem Absatz umdrehen und KI-Chancen widmen sollten.
Es gibt viele Channel-Lektionen, die wir hier bei CRN während unserer mehr als 40-jährigen Berichterstattung über große technologische Veränderungen gesehen haben. Und wir finden, dass sich die Anbieter daran erinnern sollten. Denn diejenigen, die die Vergangenheit vergessen, sind dazu verdammt, alte Fehler zu wiederholen.