So will sich ADN für ein weiteres Rekordjahr aufstellen

Der VAD aus Bochum peilt weiter Wachstum an, aber die Dynamik schwächt sich ab. Wo ADN Schwerpunkte setzt und wie der Value Added Distributor seine Prozesse verschlankt, ein neues ERP steht an, dazu Geschäftsführer Hermann Ramacher im CRN-Gespräch.

ADN-Gründer Hermann Ramacher im exklusiven Interview mit CRN.

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ADN-Gründer Hermann Ramacher im exklusiven Interview mit CRN.

Das erste Quartal 2023 startete mit einem Wachstum von 21 Prozent bei ADN sogar fulminanter wie 2022 aufgehört hatte (700 Mio. Euro, Plus 16 Prozent), dann aber schwächte sich das Wachstum ab - auf immerhin noch elf Prozent (CRN berichtete vorab). Dramatisch ist das alles nicht, denn ADN-Chef Hermann Ramacher führt die Abschwächung im exklusiven Interview mit CRN darauf zurück, dass Kunden seiner Partner einige Projekte zurückgestellt hätten. Generell machen sich die eingetrübten ökonomischen Rahmendaten (weiter hohe Inflation, Rezession - wenn auch schwache, gestiegene Zinsen) bemerkbar. "Die Investitionsbereitschaft steht auf dem Prüfstand", spiegeln Ramacher die Partner wider. Vor allem bestimmte Branchen wie Chemie und Bau stehen auf der Ausgabenbremse für IT. Dagegen ist die hohe Nachfrage bei Behörden, Forschung und im Gesundheitssektor ungebrochen.

ADN-Chef Ramacher wird wohl auch für 2023 ein Umsatzrekord vermelden können. Alle BUs von ADN würden ein Plus verzeichnen. Die neue Partnersegmentierung von Microsoft, anfangs von Resellern mit einigen Sorgen gesehen, geht zumindest für ADN und wohl auch für andere Microsoft- Distributoren auf (was Arrow-Deutschland-Chef Mathias von Bescherer CRN bestätigt). "Die von Microsoft angestoßene Spezialisierung geht auf, sie ist ein Wachstumsschub", sagt Ramacher. ADN ist mit einem dreistelligen Millionen-Umsatz ein großer CSP von Microsoft.

Das Schulungsangebot von ADN, um den Microsoft-Channel zu qualifizieren, hat die Umsätze mit Trainings beflügelt. Die Sessions verlagern sich mehr und mehr auf Online-Formate, ADN zieht daraus Konsequenzen und schließt zum Jahresende sein Trainingscenter in Ismaning bei München. Werde aber weiter Classroom-Trainings auf Nachfrage anbieten, was vor allem für größere Systemhäuser eine gute Nachricht ist. Persönliche Trainings wird es weiterhin geben und zwar bei Partnern. Dann rollt quasi das mobile ADN-Lehrerteam an, schult und nimmt am Ende die Prüfung ab. "Das wird immer mehr angenommen", so Ramacher zur Flexibilität seiner Akademie.

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So will sich ADN für ein weiteres Rekordjahr aufstellen

Der VAD aus Bochum peilt weiter Wachstum an, aber die Dynamik schwächt sich ab. Wo ADN Schwerpunkte setzt und wie der Value Added Distributor seine Prozesse verschlankt, ein neues ERP steht an, dazu Geschäftsführer Hermann Ramacher im CRN-Gespräch.

Microsoft-Geschäft boomt

Apropos Microsoft: Das Geschäft bei ADN mit diesem Hersteller boomt nicht nur, weil Redmond wieder einmal seine Partner für die nun neuen 6 "Destinations" zertifizieren lässt und Schulungen über Distributoren notwendig sind. Ramacher denkt bei Microsoft an die vielen Dritthersteller, die rund um MS 365 Zusatzlösungen anbieten. In diesem ganzen Ökosystem sieht er "sehr viele sinnvolle Erweiterungen", die dann auf dem Cloud-Marktplatz der ADN landen. Reseller können sie dort beziehen. Beispiel: Luware aus Zürich. Die ausgefeilte Contact-Center- und Routing-Technologie ist eine MS-zertifizierte Telefonie-Lösung, die Teams erweitert. Professionelle Telefonie für Unternehmen jeder Größe über die Cloud ersetzt Telefonanlagen. MSPs und andere Systemhäuser werden Provider, sichern sich langfristige Einnahmen.

"Wir bauen konsequent ein breites Ökosystem rund um Microsoft 365 auf", sagt Ramacher mit jener Begeisterung für neue Technologien und Chancen, die der 71-Jährige seit eh und je an den Tag legt. Solche Erweiterungen sind für ADN wichtig, erst recht für die Partner. Denn, auch das ist kein Geheimnis, was der ADN-Chef verrät: "Mit MS 365 verdient man als Partner nicht viel".

Nicht nur die Telefonie wandert vom Keller in die Wolke. Generell verlagere sich On-Prem in die Cloud, beobachtet Ramacher. Der Trend beschleunige sich. "Microsoft Azure steigt deutlich. Auch Microsoft Dynamics".

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So will sich ADN für ein weiteres Rekordjahr aufstellen

Der VAD aus Bochum peilt weiter Wachstum an, aber die Dynamik schwächt sich ab. Wo ADN Schwerpunkte setzt und wie der Value Added Distributor seine Prozesse verschlankt, ein neues ERP steht an, dazu Geschäftsführer Hermann Ramacher im CRN-Gespräch.

Wie es bei VDI läuft: Igel, Unicon und neue Hardware-Partner

Einen Umbruch gab es bei Igel, der Thin Client-Hersteller konzentriert sich nun ganz auf seine VDI-Software, ungebunden an Hardware. Die gibt es von Igel überraschenderweise immer noch, obwohl der Hersteller sie nicht mehr fertigt. Ramacher bestätigt, dass die Client-Umsätze gefallen sind, was ihm aber keine Sorge bereitet, solange das Igel-OS nachgefragt wird. Und das wird es. "Das Geschäft mit der Lizenzierung läuft sehr gut", sagt er. HP und LG, ADNs neue Thin Client-Lieferanten ersetzen Igel-Hardware. "Die machen einen sehr tollen Job".

Die Entkopplung des Igel-OS von eigener Hardware bietet Kunden mehr Flexibilität. Zumindest auch Konzernen in den USA mit mehreren Tausend PC-Arbeitsplätzen auch finanzielle Vorteile. Denn neue Hardware bei Einführung von VDI wird dort nicht unbedingt ersetzt. Aus jedem Windows-Rechner lasse sich ein mit Igel-OS betriebener Client machen, was im Hinblick auf Nachhaltigkeit und längere Lebensdauer von Computern von Vorteil ist. Solche Überlegungen würden Kunden in Deutschland eher nicht anstellen, sagt Ramacher.

Mit Igel ist ADN groß geworden und umgekehrt. Und doch kennt Ramacher die Umbrüche, oft auch Strategiewechsel bei Herstellern. Zweigleisig zu fahren ist daher für einen Distributor nie verkehrt und so ist auch VDI-Spezialist Unicon im Portfolio der Bochumer vertreten. Die erbitterte Feindschaft dieser Hersteller wird gerade öffentlich vor Gericht ausgetragen. Den Partnern und ADN geht es dagegen um etwas viel Wichtigeres: Ausgereifte Technologien wie VDI noch stärker Kunden darzulegen.

Wettbewerber, die für eine gemeinsame Sache sich einmal die Hand reichen, wäre im Sinne eines Business Development ihres Marktes und ihres Channels sicher nicht verkehrt. Es gibt solche, zugegeben seltenen, Einstellungen, beispielsweise bei RMM-Spezialisten Datto/Kaseya und N-able.

Automatisierung und mehr Effizienz: ADN vor ERP-Ablösung

Ein neues Zeitalter beginnt für ADN im kommenden Herbst, wenn der VAD sein Mammutprojekt abschließt und das in die Jahre gekommene ERP ersetzt. Das Projektteam bei ADN hat sich so manche Lösung angeschaut, doch die meisten waren für eine flexible Anpassung (insbesondere der vielen MSP-Modelle mit unterschiedlichen Abrechnungszeitpunkten oder gar Consumption-Modellen) sowie hohe Performance, wie sie ADN benötigt, nicht geeignet. Bis auf einen ERP-Hersteller, der jetzt zum Zuge kommt. Es ist die ERP MD-Premium von Hersteller Multidata aus Österreich.

Ein laut Ramacher "erprobtes ERP", das auf Oracle-Datenbanken aufsetzt und "Prozesse so abbilden kann, wie wir es brauchen. Auch kurzfristige Anpassungen." Übers Knie brechen will er nichts, Ramacher kennt die Tücken einer ERP-Migration, die schon so manches Lager und Bestellungen eines Distributors für Tage lahmgelegt hat. Also keine "Hauruck-Aktion" und: "wir wollen unsere Mitarbeiter mitnehmen".

Rund 230 sind es schon seit einigen Jahren, trotz des rasanten Wachstums. Dank Automatisierung der Prozesse sei eine solche Entwicklung möglich, so Ramacher. "Wir helfen Resellern und Systemhäusern, effiziente Prozesse aufzusetzen und natürlich sind sie es auch bei uns". Das neue ERP soll sich hier nahtlos einfügen und dafür sorgen, dass die interne Verwaltung schlank bleibt.