Wettbewerber wollen gegen "Microsoft-Monokultur" vorgehen
Unfaire Lizenzbedingungen, eigene Cloud-Dienste begünstigen, saftige Preisaufschläge für Applikationen in fremden Clouds: das sind die Kernvorwürfe der Wettbewerber gegen Microsoft. Die Vereinigung CISPE will sich in das EU-Kartellverfahren einbringen.
Neu sind Klagen gegen Microsoft nicht, die dem Konzern vorwerfen, seine marktbeherrschende Stellung bei Unternehmenssoftware auszunutzen. Bündelung von Applikationen, die auf Windows-Clients vorinstalliert und als bevorzugter Standard voreingestellt sind (Browser beispielsweise), sehen Microsofts Konkurrenten als unfairen Wettbewerb an. Der gleiche Vorwurf tritt den US-Riesen nur bei seiner Videokonferenz-App Teams, die mit der Office-Suite verknüpft ist und alternativen Videokonferenz-Anbietern den Marktzugang erschwert. Beschwerdeführer bei der EU-Wettbewerbskommission ist Slack. Die EU-Kommission bereitet ein Kartellverfahren gegen Microsoft vor.
CISPE - die Interessensvertretung europäischer Cloud-Infrastruktur-Anbieter (C loud Infrastructure Services Providers in Europe) wird nun hierzulande aktiv und sich Gehör verschaffen. Bei Bundeskartellamt, das bereits untersucht, hat CISPE einen Antrag auf Beiladung zum laufenden Verfahren gestellt. Stimmt die die Behörde zu, kann CISPE Akten einsehen, Stellungnahmen abgeben, sogar Vorschläge zu den Ermittlungen machen, das ganze Verfahren also "eng begleiten", wie der Verband hofft.
Eigene Gutachten sollen dann darlegen, welche Konsequenzen für Kunden eine "Microsoft-Monokultur" mit sich bringt, wie sich der Verband ausdrückt. Ein solches Gutachten hat der CISPE bereits in Auftrag gegeben. Wettbewerbsexperte Frédéric Jenny, ESSEC Paris, will herausgefunden haben, dass Microsofts Preisaufschläge für die Nutzung seiner Software in der von den Kunden gewählten unabhängigen Cloud-Infrastruktur die Softwarekosten um bis zu 28 Prozent erhöhe. "Für ein einzelnes Produkt (SQL-Server) belaufen sich die zusätzlichen Kosten nach vorsichtigen Schätzungen auf über eine Milliarde Euro pro Jahr - nur im privaten Sektor", heißt es im Gutachten.
Francisco Mingorance, Generalsekretär von CISPE, fährt volles Geschütz aus. "Es ist höchste Zeit, Microsofts Missbrauch bei der Lizenzierung seiner für Unternehmen unentbehrlichen Software, um die Auswahl auf unfaire Weise einzuschränken und Kunden in die eigene Azure-Cloud zu lenken, zu untersuchen."
Denn guter Willen alleine reiche nicht und auf freiwillige oder geheime Vereinbarungen und nicht einklagbare Zugeständnisse eines "marktbeherrschenden Gatekeepers", so der CISPE-Chef, könne man sich nicht verlassen. In Deutschland prüft auch bereits das Bundeskartellamt die Causa Microsoft und unfairer Wettbewerb. "Wir können dem Bundeskartellamt in dieser Angelegenheit wichtige Daten und Einblicke liefern und hoffen, als offizielle dritte Partei in die Untersuchung aufgenommen zu werden", so Mingorance.
Der CISPE sieht sich als Stimme vieler kleiner Unternehmen aus dem Mittelstand, "deren Abhängigkeit von Microsoft so groß ist, dass sie es nicht wagen, sich einseitig an solchen Untersuchungen zu beteiligen", so der Generalvertreter weiter.