Wieder überraschender Vorstandsumbruch bei D.velop

Streit um die künftige Unternehmensstrategie hat Vorstand Sebastian Evers seinen Job gekostet. D.velop-Gründer Christoph Pliete baut erneut um, will Entscheidungen auf mehrere Schultern verteilt sehen. Ein ungelöstes Kernproblem.

Wieder überraschender Vorstandsumbruch bei D.velop

Vorstandsabberufungen will kein Unternehmen an die große Glocke hängen, doch wer wie D.velop kurz vor Jahresende (28.12.) die Trennung von Sebastian Evers kommuniziert, gibt erst recht Anlass zu Spekulationen. Zumal der offizielle Grund dafür lautet: "Differenzen über die zukünftige Ausrichtung und Führung des Unternehmens". Worin sie bestehen?

Kurzer Rückblick auf den März 2022: Knall auf Fall scheidet der damalige CEO der D.velop AG, Mario Dönnebrink, aus - nach 19 Jahren Aufbauarbeit und Etablierung eines Channels beim Softwareunternehmen aus Gescher. Offizielle Begründung: "aus persönlichen Gründen". Eine Doppelspitze wurde installiert, nämlich der bei D.velop langjährige Sebastian Evers und Rainer Hehmann - beide bereits im Januar 2021 in den Vorstand berufen, damals noch unter Führung von CEO Dönnebrink. Noch Anfang Januar 2023 wurden die beiden Manager in ihren Ämtern bestätigt und man holte zudem Stephan Held von Gigaset als neuen CFO. Aus der Doppelspitze machte D.velop-Gründer und Mehrheitsaktionär Christoph Pliete, ebenfalls Vorstand der AG, offiziell ein Vorstandstrio.

Nach dem nun plötzlichen Abgang von Evers bleibt es bei drei Vorständen: Denn Christoph Pliete tritt jetzt auch auf der Webseite als Vorstand der AG auf. Ein CEO oder Co-CEO werde "zunächst nicht vergeben", die drei Manager stünden "künftig als gleichberechtigte Vorstände an der Unternehmensspitze".

Ein Vorstand, der zugleich die Mehrheit einer AG kontrolliert, daneben zwei angestellte Vorstände, wie bei D.velop, und alle sollen gleichberichtigt wesentliche Entscheidungen für den Softwarehersteller treffen können? Das mag auf dem Papier gut klingen, in der Praxis dürfte es doch eher so, dass Christoph Pliete das Drehbuch schreibt.

Hinzu kommt, dass der Gründer die Verantwortlichkeiten breiter aufstellen will. Nicht im "gleichberechtigten" Vorstand allein wird die Richtung von D.velop entschieden, sondern die COOs der fünf nach Branchen aufgeteilten Geschäftsbereiche sollen stärker mitbestimmen. Eine der fünf Einheiten ist auch für das Partner-Management und das Plattform-Ökosystem zuständig. Sie wird von Michele Schönherr geführt. Plietes Sohn Leonard steht der Division "Heath & Care" vor. Der 34-Jährige ist Prokurist der D.velop AG und zudem Geschäftsführer der D.velop Holding und der CP-Immobilien GmbH, die zum D.velop-Unternehmensnetz gehört.

D.velop wird also dezentral geführt: von einem "gleichberechtigten" Vorstand und den Divisionsleitern. Dass es bei einer solchen Konstellation Streit um die künftige Ausrichtung und Führung des Softwareunternehmens gegeben hat, die Sebastian Evers seinen Job kostete, liegt auf der Hand. Alles andere als auftretende Spannungen zwischen einem geschäftsführenden Gesellschafter im Vorstand, der letztlich das Sagen hat, und angestelltem Top-Management, das andere Vorstellungen für die Weiterentwicklung eines Softwareherstellers in einem technologisch und vertrieblich äußerst dynamischen Markt hat, wäre eine Überraschung.

Selbstbeschäftigung mit organisatorischer Aufstellung und Kompetenzen sowie zuletzt rasche Wechsel im Vorstand verunsichern. Mehr Einigkeit und Klarheit in strategischen Fragen wären notwendig.

Hinzu kommt, dass Christoph Pliete eine Nachfolgeregelung in eigener Sache weiter offen hält. Die muss ein 64-jähriger verdienter Softwareunternehmer sicher nicht öffentlich kundtun. Ganz Privatsache ist sein Lebenswerk freilich nicht mehr geblieben. D.velop ist mit rund 1.000 Mitarbeitern, einem Umsatz von über 100 Millionen und einem breiten Partnernetzwerk heute kein kleines Unternehmen mehr. An D.velop hängen viele Arbeitsplätze und nicht zuletzt Software-Kompetenz "Made in Germany".