Lenovo: KI wird das Geschäft mit Servern und Storage beflügeln
Bei steigender Nachfrage nach KI-Infrastruktur sollen Partner in den Lenovo-Bereichen Rechenpower und Storage besonders profitieren können. Der Hersteller stellt nämlich einen Trend fest, von dem vor allem Hardwarepartner profitieren könnten.
Geht es nach Matt Zielinski, Executive Vice President und President of International Markets, und Vlad Rozanovich, der seit Juni als Senior Vice President of Worldwide Infrastructure Solutions Group amtiert, führt der Weg für Lenovo und seine Partner dank KI steil nach oben.
In einem gemeinsamen Gespräch mit CRN berichteten die beiden Top-Manager von Lenovo über den jüngsten Meilenstein des chinesischen IT-Giganten, der mit KI-Infrastrukturen einen Jahresumsatz von 2 Mrd. Dollar erreicht hat, über den Plan des Anbieters, 1 Mrd. Dollar in KI zu investieren. Sie erklären ferner, wie KI eine neue Welle von Cloud-Rückverlagerungen treibt, und nicht zuletzt, wie Channel-Partner künftig noch mehr Geld mit Lenovo verdienen können. Denn Partner im Channel sollen eine entscheidende Rolle bei der Bereitstellung von KI-Lösungen für Unternehmen aller Art spielen.
"Wenn ich an unsere Position im Bereich KI denke und an das Wachstum, das wir dort bereits erlebt haben, und an all das, was noch vor uns liegt, denke ich einfach, dass wir ohne Zweifel die beste Position haben, um auf der KI-Welle zu reiten. Das bedeutet natürlich, Hand in Hand mit unseren Partnern", sagte Zielinski.
Im kommenden Jahr will Lenovo seinen Channel-Umsatz mit KI-Infrastruktur verdoppeln. Laut Zielinski haben die Partner im letzten Geschäftsjahr rund 80 Prozent des Zwei-Mrd.- Dollar-Umsatzes erzielt. Diese Zahl bezieht sich nicht nur auf den Verkauf von Servern, sondern auch auf die Speicherprodukte der Infrastructure Solutions Group (ISG) von Lenovo. Deshalb geht auch Rozanovich von einem deutlichen Anstieg des Partnergeschäft.
"Vorübergehender Dämpfer"
"Ich hoffe, dass wir im Laufe des nächsten Jahres unser gesamtes KI-basiertes Geschäft durch unsere Infrastrukturlösungen im Channel verdoppeln können", so der neue Infrastruktur-Chef und frühere Lenovo President North America. .
Im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahrs, das am 30. Juni endete, sei der ISG-Umsatz zum Teil zurückgegangen, weil einige der größten Kunden, die Cloud-Services anbieten, ihre Investitionen in KI-Infrastrukturen verlagerten. Aber das betrachtet Rozanovich "als vorübergehenden Dämpfer". Schließlich sei das Unternehmen für die Zukunft sehr gut aufgestellt.
Das würde auch das jüngste Ranking der weltweit größten Anbieter von KI-Hardware der Marktforscher der IDC belegen. Hier war Lenovo zuletzt vom sechsten auf den dritten Platz aufgestiegen. Die nicht öffentlichen Daten sind Teil des neuesten halbjährlichen KI-Trackers von IDC.
Zielinski erklärte, dass der kürzlich angekündigte Plan des Unternehmens, zusätzlich 1 Mrd. US-Dollar in Forschung und Entwicklung für KI-Produkte und -Dienstleistungen in drei Geschäftsbereiche von Lenovo - ISG, Intelligent Devices Group (IDG) und Solutions and Services Group (SSG) zu investieren, das Unternehmen zu einem noch bedeutenderen KI-Anbieter machen werde. "Wir haben kräftig in Forschung und Entwicklung investiert und ich denke, wir sind wirklich bereit, die KI-Welle oder -Tsunami zu reiten", sagte er.
Chris Bogan vom Systemintegrator und Lenovo-Partner Mach III Systems, ist ähnlich zuversichtlich. Er sagte, dass er einen Aufschwung im KI-Infrastrukturgeschäft mit Lenovo aufgrund der Investitionen des Anbieters in GPUs und andere Produkte von Nvidia, dem Halbleiterunternehmen, dessen Chips den Markt dominieren, beobachtet.
"Unser Nvidia-Geschäft wächst insgesamt, und zum Nvidia-Ökosystem gehören auch OEMs wie Lenovo. Lenovo investiert und profitiert davon", so Bogan, der seinen Markt als Vice President of Sales bei Mach III klar im Blick hat. Ähnlich wie Zielinski hat Bogan auch bei Kunden von Mach III eine Verschiebung der Prioritäten bei IT-Investitionen zu KI beobachtet: "KI-Projekte werden sehr schnell bewilligt, während andere IT-Projekte viel mehr Probleme haben."
Große KI-Chancen bei Computing und Storage
Während die wachsende Nachfrage nach KI-Infrastrukturen den Absatz von Servern definitiv ankurbeln wird, weil sie für die Berechnung hochmoderner, anspruchsvoller Anwendungen gebraucht werden, sieht Rozanovich eine weitere große Chance auf dem Markt, bei der Channel-Partner erhebliche Umsätze erzielen können, nämlich im Speicherbereich.
"Die Nummer 1, die man braucht, wenn man diese großen KI-Maschinen hat, sei es für große Sprachmodelle oder Datenanalysen, ist Storage." Durch die Abdeckung des KI-Rechen- und Speicherbedarfs können Lenovos Channel-Partner laut Rozanovich getrost davon ausgehen, dass sie gutes Geschäft mit Unternehmen aufbauen können.
"Ich glaube wirklich, dass unsere Vertriebspartner eine Menge Geld mit uns verdienen können, wenn wir diese KI-Engines überall positionieren, sei es am Edge oder im Rechenzentrum, und wenn wir das dann mit den Speicherlösungen kombinieren, die in der Lage sind, all die Daten zu speichern, die Unternehmen analysieren und bearbeiten."
Beim Partner Mach III erstrecken sich die Kundengewinne mit Lenovo von Computer Vision-Anwendungen bis hin zu den großen Sprachmodellen, die laut Bogan "im Moment sehr erfolgreich" seien. Der Systemintegrator berichte auch von einen ordentlichen Aufschwung bei der Infrastruktur für Visualisierung und Grafik, wozu auch die Omniverse-Plattform von Nvidia für die Entwicklung von 3-D-Anwendungen gehöre.
"Ich glaube, die Idee dahinter ist, Simulationen zu schaffen, sie zu betrachten und dann zu sagen: 'Ok, wir können einen Geschäftsprozess simulieren und die KI dazu nutzen, um bessere Prozesse, Inhalte und Erfahrungen zu generieren'. Wenn man das kann, hat das einen Multiplikationseffekt", so Bogan.
Rückverlagerung aus der Cloud
Lenovo sieht KI als Motor für eine Welle der Migration zurück aus der Cloud. Rozanovich sagte, dass es immer Bedarf geben werde, Anwendungen in der Cloud auszuführen, aber dass die "massiven" Kosten für das Verschieben von Daten in die und aus der Cloud heraus eine beträchtliche Anzahl von Unternehmen dazu veranlassen werden, KI-Workloads auf lokale Server oder eine Edge-Infrastruktur zu migrieren.
"Wenn man große Datensätze betrachten, die auch lokal verarbeitet und analysiert werden könnten, wird das ein Bereich sein, in dem einige Unternehmen sagen: 'Wir wollen das zurück On Premises bringen', sei es aus Sicherheitsgründen oder auch aus Kostengründen", so Rozanovich. In jedem Fall würden sich daraus für die Lenovo-Vertriebspartner "enorme Chancen" ergeben, auch für diejenigen, die bisher nur PCs des Unternehmens verkauft haben.
Einer der Bereiche mit besonders großen Erfolgsaussichten seien Anwendungsfälle für Edge-Computing, da Unternehmen in Branchen wie dem Einzelhandel, der Gastronomie, der Fertigung und dem Gesundheitswesen große Datenmengen so nah wie möglich an der Quelle verarbeiten müssten, um ihre Prozesse zu verbessern oder neue Funktionen einzuführen.
"Eine Lösung, die ich für Channel-Partner sehe, sind diese kleineren Server vom Typ ThinkEdge mit dem dazugehörigen Software-Stack, mit denen sich tatsächlich lokalisierte KI betreiben lässt", sagte Rozanovich. "Diese riesigen Sets, die in die Cloud und wieder zurück gehen, braucht man nicht. In bestimmten vertikalen Branchen wird das meiner Meinung nach zu einem Wiederaufleben von On-Prem-Geräten führen."
Einige von Bogans Kunden prüfen bereits, wie sie Workloads aus der Cloud in eine lokale Infrastruktur migrieren können, um KI-Modelle sicherer auf sensible Daten zu trainieren. Der Hauptfaktor, so der Mach III-Vertriebschef, sei, dass die CIOs seiner Kunden einfach nicht zulassen, dass sensible Daten für neue Anwendungen wie generative KI "die vier Wände des Rechenzentrums verlassen. Und an diesem Punkt ist Rückführung die einzige Option."
Zusammenarbeit mit ISVs zur Entwicklung vorintegrierter KI
Aktuell gibt Lenovo offenbar 100 Mio. Dollar für ein Programm aus, das vorintegrierte KI-Lösungen entwickelt, welche die Systeme mit Software für die Partner bündeln, die sie dann in verschiedenen vertikalen Branchen verkaufen können. Das Programm heißt AI Innovators und soll Partnern helfen, KI-Lösungen schneller an Kunden zu verkaufen. Das soll ihnen die Sorgen über Integration und Optimierung von Software unabhängiger Softwareanbieter (ISVs) auf Lenovos Serverhardware abnehmen.
"Anstatt dass der Vertriebspartner sagt 'Hey, wieso soll ich mir diese Hardware, diese Software, dieses Ökosystem ansehen?‘, gehen wir jetzt tatsächlich zu einigen dieser Partner, konzentrieren uns auf einige der Schlüsselkunden in einigen vertikalen Märkten und zeigen ihnen, dass wir tatsächlich Lösungen für einen bestimmten Anwendungsfall anbieten können", so Rozanovich.
Bislang habe Lenovo gemeinsam mit ISVs im Rahmen des Programms rund 150 Lösungen entwickelt, die sich laut Zielinski unter anderem auf KI-Anwendungsfälle im Einzelhandel, den Biowissenschaften und im Unterhaltungsbereich beziehen. "KI an sich ist ziemlich uneindeutig. Sie ist eine Kunst des Möglichen und im Grunde unendlich. Wir versuchen also, Lösungen mit ISVs zu strukturieren, die vertikalisiert sind und die wir in der ganzen Welt verbreiten können", sagte er.
So habe Lenovo beispielsweise mit dem ISV Everseen eine Lösung entwickelt, die 1.700 Lebensmittelgeschäfte des Einzelhandelsriesen Kroger mit einem Computer-Vision-System ausstattet, um den Self-Checkout zu verbessern. Für die Vertriebspartner sei das eine von vielen Möglichkeiten, aus dem Programm Kapital zu schlagen. "KI ist ein Spiel mit Ökosystempartnerschaften für alle: Hardwareanbieter, Softwareanbieter und natürlich unsere Channel."