Intel muss 5,4 Mrd.-Übernahme von Tower Semiconductor absagen, weil Genehmigung aus China fehlt

Rückschlag für Intel Foundry Services, die beim wachsenden Geschäft mit Chip-Auftragsfertigung auf die Expertise und die weltweiten Fabs von Tower setzen wollten.

Intel muss 5,4 Mrd.-Übernahme von Tower Semiconductor absagen, weil Genehmigung aus China fehlt

Seit gestern hat der Comeback-Plan von Intels CEO Pat Gelsinger eine strategische Lücke: Die angestrebte Übernahme des israelischen Chipherstellers Tower Semiconductor für 5,4 Mrd. Dollar wird nicht stattfinden. In seiner gestrigen Ankündigung teilte Intel mit, dass es von der Übernahme zurücktrete, da es die erforderlichen behördlichen Genehmigungen nicht bekommen habe.

Die Absage des Geschäfts ist ein schwerer Rückschlag für Intel Foundry Services, das junge, aber wachsende Auftragsfertigungsgeschäft des Unternehmens. Der Halbleiterriese hatte die Übernahme von Tower als Chance gesehen, die Chipfertigung für andere Firmen "erheblich" voranzutreiben.

Der Ausbau der Auftragsfertigung, die künftig im Wettbewerb mit asiatischen Foundries wie TSMC und Samsung Electronics stehen soll, ist der Schlüssel zu Gelsingers Plan, den amerikanischen Chiphersteller im Rahmen seiner IDM 2.0-Strategie zu revitalisieren. Diese Strategie des Intel-CEO ist eine Weiterentwicklung des Modells der integrierten Gerätefertigung (IDM), in dem das Unternehmen die von ihm entwickelten Chips auch selbst herstellt.

Trotz der gescheiterten Übernahme bekräftigte Gelsinger gestern erneut, dass Intels Foundry-Bemühungen "entscheidend sind, um das volle Potenzial von IDM 2.0 zu erschließen", und das Unternehmen weiterhin "alle Facetten unserer Strategie" vorantreibe.

"Wir sind auf dem besten Weg, bis 2025 die Führung bei der Transistorleistung und der Stromeffizienz zurückzuerobern, indem wir mit unseren Kunden und dem breiteren Ökosystem zusammenarbeiten und investieren, um die geografisch vielfältige und widerstandsfähige Produktionsbasis zu schaffen, die die Welt braucht", sagte er.

Im Folgenden stellt CRN die wesentlichen Informationen zu Intels geplatzter 5,4-Milliarden-Dollar-Übernahme von Tower vor und beleuchtet die Auswirkungen auf Intel Foundry Services und die DM 2.0-Strategie.

Intel muss 5,4 Mrd.-Übernahme von Tower Semiconductor absagen, weil Genehmigung aus China fehlt

Rückschlag für Intel Foundry Services, die beim wachsenden Geschäft mit Chip-Auftragsfertigung auf die Expertise und die weltweiten Fabs von Tower setzen wollten.

Warum platzte der Deal?

Intel teilte mit, dass es die Übernahme von Tower Semiconductor abgebrochen hat, weil es nicht in der Lage war, "die im Rahmen der Fusionsvereinbarung erforderlichen behördlichen Genehmigungen rechtzeitig zu erhalten". Das Unternehmen gab die Beendigung einen Tag nach Ablauf der Frist zum Abschluss des Übernahme-Deals bekannt.

Intel selbst gab zwar nicht an, welche Aufsichtsbehörden die Übernahme noch genehmigen müssen, doch Bloomberg berichtete, dass es die Wettbewerbsaufsicht in China war, die ihre Zustimmung nicht innerhalb der von Intel und Tower gesetzten Frist erteilt haben.

Im Zuge der Absage muss Intel nun eine Vertragsstrafe in Höhe von 353 Mio. Dollar an Tower Semiconductor zahlen.

China hatte die Übernahme monatelang blockiert, was Intel dazu veranlasste, den Zeitplan für den Abschluss des Geschäfts zu verlängern. Ursprünglich hätte die Übernahme bereits im Februar dieses Jahres stattfinden sollen.

Der geplatzte Deal ist wohl Folge der anhaltenden Spannungen zwischen China und den Vereinigten Staaten. Diese hatten in den letzten Jahren die Exportbeschränkungen gegen die Volksrepublik verschärft, um die Herstellung fortschrittlicher Chips zu behindern, weil China diese für den Bau modernster Militärtechnologien verwenden könnte.

Wall Street reagiert prompt

Der Aktienkurs von Intel fiel am Mittwoch kurz vor Mittag um fast 2 Prozent auf 34,10 Dollar pro Aktie, also nur wenige Stunden nachdem das Unternehmen die Absage der Übernahme von Tower Semiconductor bekannt gegeben hatte. Tower traf es dagegen härter: Seine Aktien fielen am selben Tag um fast 8,5 Prozent auf 30,94 Dollar pro Stück.

Laut Bloomberg-Berichten hatten sich die Anleger jedoch schon länger gefragt, ob das Geschäft angesichts der ausbleibenden Genehmigung Chinas überhaupt zustande kommen würde. Towers Aktienkurs hatte bereits vor der gestrigen Absage gelitten und bis diesen Dienstag im Jahresvergleich bereits 22 Prozent an Wert verloren.

Am Dienstag lag der Aktienkurs von Tower 33,52 Dollar pro Aktie - und damit deutlich unter den 53 Dollar, die Intel dem Unternehmen im Rahmen der Übernahme hatte zahlen wollen.

Was Intel sich von Tower erhoffte

Durch die Übernahme hätte Intel seine weltweiten Fertigungskapazitäten erweitern und einen bestehenden Kundenstamm für sein revitalisiertes Chip-Auftragsfertigungsgeschäft gewinnen können.

Seit seiner Gründung 1993 produziert Tower laut seiner Unternehmenswebsite "analoge integrierte Schaltkreise für mehr als 300 Kunden weltweit in wachsenden Märkten wie der Automobil-, Medizin-, Industrie-, Konsumgüter-, Luftfahrt- und Verteidigungsindustrie".

Im vergangenen Jahr hatte Tower einen Umsatz von 1,68 Mrd. Dollar erwirtschaftet, was einem Zuwachs von 11 Prozent gegenüber 2021 entspricht. Dies hätte Intel Foundry Services, dessen Umsatz im vergangenen Jahr um 14 Prozent auf 895 Mio. Dollar gestiegen ist, einen erheblichen Schub gegeben. Der Gesamtumsatzes von Intel lag 2022 bei 63,1 Mrd. Dollar.

Das Portfolio des israelischen Unternehmens, das Spezial-Chiptechnologien wie Hochfrequenz-, Stromversorgungs-, Silizium-Germanium- und Industriesensoren umfasst, hätte Intels eigenen Technologien ergänzt, die sich auf die Optimierung von Leistung und Effizienz für höherwertige Chips wie CPUs und GPUs konzentrieren.

Towers Chipfertigungsanlagen in Israel, Italien und den USA hätten es Intel auch ermöglicht, seine weltweite Produktionsbasis zu erweitern.

"Das spezielle Technologieportfolio von Tower, die geografische Reichweite, die engen Kundenbeziehungen und die auf Dienstleistungen ausgerichteten Aktivitäten werden dazu beitragen, Intels Foundry-Services zu skalieren und unser Ziel voranzutreiben, ein wichtiger Anbieter von Foundry-Kapazitäten weltweit zu werden", hatte Gelsinger anlässlich der Übernahmerklärung Anfang letzten Jahres verkündet.

Analysten waren davon ausgegangen, dass das Tower-Managementteam eine Fülle von Erfahrungen und Fachkenntnis bei der Führung eines Auftragsfertigungsunternehmens für Chips an Intel Foundry Services weitergeben würde.

Wie entwickelt sich Intel Foundry Services?

Laut Unternehmensangaben hat die Auftragsfertigung von Chips bei Intel Foundry Services im letzten Jahr "bedeutende Fortschritte" gemacht. Im zweiten Quartal sei der Umsatz um 300 Prozent auf 232 Mio. Dollar gestiegen. Das Geschäft werde durch neue Verträge und Partnerschaften weiter angekurbelt.

Zu Letzteren gehört etwa die kürzlich geschlossene Vereinbarung mit Synopsys zur "Entwicklung eines Portfolios von geistigem Eigentum" auf der Grundlage der Intel 3 und Intel 18A Prozessorknoten, sowie des eine Mehrgenerationenvereinbarung mit Arm, "um Chipdesignern die Möglichkeit zu geben, Low-Power-Compute-System-on-Chips" auf Intel 18A zu bauen.

Intel ist zudem eine strategische Partnerschaft mit dem taiwanesischen Chipdesigner MediaTek eingegangen, um dessen fortschrittliche Prozesstechnologien für die Herstellung künftiger Produkte zu nutzen.

Trotz der abgesagten Tower-Übernahme hofft Intel immer noch, Samsung Electronics, die zweitgrößte Foundry der Welt, bis 2030 bei der Auftragsfertigung von Chips zu übertreffen.

"Seit dem Start im Jahr 2021 hat Intel Foundry Services bei Kunden und Partnern an Zugkraft gewonnen, und wir haben bedeutende Fortschritte auf dem Weg zu unserem Ziel gemacht, bis zum Ende des Jahrzehnts die zweitgrößte externe Foundry weltweit zu werden", sagte Stuart Pann, Senior Vice President und General Manager von Intel Foundry Services, in Presseerklärung am Mittwoch.

"Wir bauen ein differenziertes Kundenangebot als weltweit erste offene System-Foundry auf, mit einem Technologie-Portfolio und Fertigungs-Know-how, das Packaging, Chip-Standards und Software umfasst und über die traditionelle Wafer-Fertigung hinausgeht", so Pann.

Somit hängt der Erfolg der IDM 2.0-Strategie zu einem großen Teil von Intels Fähigkeit ab, wettbewerbsfähige Chiptechnologien anzubieten, die den Spezifikationen interner und externer Designteams entsprechen.

Laut CEO Gelsinger liegt Intel gut im Plan, wenn es darum geht, TSMC und Samsung Electronics zu überholen. Bis 2025 werde das Unternehmen seine Marktführerschaft bei "Transistor- und Energieeffizienzleistung wiedererlangen" - Bereiche also, in dem das Unternehmen mehrere Jahre von seinen Top-Wettbewerbern abgehängt worden war.

Allerdings wird Intel seine IDM-2.0-Strategie nun ohne Tower Semiconductor vorantreiben müssen, die den Intel Foundry Services einen wichtigen Schub gegeben hätten.

Allerdings wird Intel seine IDM-2.0-Strategie nun ohne Tower Semiconductor vorantreiben müssen, die den Intel Foundry Services einen wichtigen Schub gegeben hätten.